"Fit im Job": Exoskelett macht Arbeit gesünder
LINZ/LEONDING. Um Arbeitskräfte länger gesund im Arbeitsprozess halten zu können, hat das Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik (IAA) der JKU Linz ein Forschungsprojekt mit Exoskeletten gestartet. Rosenbauer International und die Rewe Group durften testweise damit arbeiten und ziehen eine positive erste Bilanz.
Neben der Qualifizierung von Fachkräften - alleine heuer gibt das Land Oberösterreich im Rahmen des „Paktes für Arbeit und Qualifizierung“ 247 Millionen Euro für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen aus - ist ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt, ältere Menschen länger in Beschäftigung zu halten. Das Durchschnittsalter an erwerbsfähigen Personen steigt kontinuierlich an
„Eine zukunftsweisende Möglichkeit dazu ist der Einsatz von hochtechnisierten Hilfsmitteln wie Exoskelette. Daher hat das Institut für Arbeitspolitik & Arbeitsforschung an der Johannes Kepler Universität Linz und das Institut für Innovation & Industrie Management an der TU Graz in einem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt „EnableMe 50+“ den Einsatz derartiger Assistenzsysteme erforscht. Praxistests bei der REWE Group Österreich und der Rosenbauer International AG haben ihre wertvolle Inputs geliefert“, erklärt Landesrat Achleitner auch in seiner Funktion als Präsident des Instituts für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik (IAA).
Assistenzsysteme erhalten die Gesundheit von Menschen, die in der Arbeit hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind. Davon profitieren Mitarbeiter und Wirtschaft gleichermaßen, weil diese Hilfsmittel zum Erhalt und zur Erhöhung der Arbeitsfähigkeit von älteren Arbeitnehmern beitragen. Kamen Exoskelette bisher als Hilfsmittel für Querschnittsgelähmte oder in der Raumfahrt zum Einsatz, sollen sie jetzt auch Menschen in der Arbeitswelt helfen, gesund zu bleiben. Die Vorrichtungen, die nicht schwerer als ein Rucksack sind, erleichtern das Heben von Lasten und ermöglichen ergonomische Bewegungen.
Wichtige Erkenntnisse
Ziel des Forschungsprojektes war, eine praktikable Option für altersgerechte Arbeitsgestaltung zu entwickeln, für die physische Assistenzsysteme eine wichtige Rolle spielen. Durch den Einsatz passender Exoskelette kann das ergonomische Risiko zur Entwicklung von Muskel-Skelett-Erkrankungen für 62 Prozent der Arbeitsplätze auf unbedenkliche Werte reduziert werden.
„Die Ergebnisse liefern erste Hinweise für die zielgerichtete Implementierung von Exoskeletten zur Gestaltung altersgerechter Arbeitsplätze, es braucht aber noch weitere Forschung und Langzeitstudien, um belastbare Aussagen zur nachhaltigen Entlastungswirkung treffen zu können“, betont Tanja Spennlingwimmer, Geschäftsführerin des IAA.
„Bei einer flächendeckenden Umsetzung von Exoskeletten in der österreichischen Industrie besteht die Chance, rund zwei Millionen Krankenstandstage durch Muskel-Skeletterkrankungen präventiv zu vermeiden und damit Kosten für Unternehmen und Staat von etwa einer Milliarde Euro zu reduzieren“, ergänzt Christian Ramsauer, Institut für Innovation und Industrie Management der TU Graz.
Ausgiebige Testphase
Beim Leondinger Weltmarktführer für Feuerwehrtechnik sowie -ausrüstung arbeiten zwei Drittel des Teams in Produktion und Logistik. Besonders hier sind die meisten alterskritischen Arbeitsplätze zu finden, bei denen viele Beuge- und Hebearbeiten durchzuführen sind. Seit jeher setzt Rosenbauer auf präventive Maßnahmen in der Mitarbeitergesundheit, daher freute man sich über die Möglichkeit, die neue Technologie in der Praxis ausprobieren zu können.
„Wir sind aus Tradition neugierig und probieren gerne Neues aus. Die Chance, Exoskelette direkt in unseren Produktionswerken zu testen, haben wir gerne wahrgenommen“, sagt Daniel Tomaschko, Technikvorstand der Rosenbauer International AG.
Die Beteiligung am dreijährigen Forschungsprojekt EnableMe 50+ hat gute Impulse geliefert. 45 Mitarbeiter in Produktion und Logistik wurden mit unterschiedlichen Exoskelett-Typen ausgestattet und im Zeitraum von insgesamt 37 Stunden in ihrer Arbeit unterstützt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz dieser Stützapparate, vor allem in diesen Arbeitsbereichen ideal ist, um Mitarbeiter bei Beuge- und Hebearbeiten im unteren Rücken zu entlasten. Das persönliche Belastungsempfinden wurde um fast ein Drittel reduziert und über die Hälfte der Testpersonen bestätigt, dass die Exoskelette gut zu ihrem Arbeitsplatz passen.
„Wir haben bereits viele Testreihen durchgeführt, mit sehr positiven Rückmeldungen. Im nächsten Schritt werden wir Langzeittests - auch an anderen Standorten - durchführen. Die Mitarbeiter müssen ein Gefühl dafür bekommen und das neue Hilfsmittel akzeptieren. Nur dann wird es auch gerne getragen und das ist uns sehr wichtig“, so Tomaschko, der weiter ausführt, dass die Exoskelette in der nächsten Budgetierung vorgesehen werden sollen.
Großes Potential
Die Rewe Group Österreich ist einer der größten Arbeitgeber und größter Lehrlingsausbildner des Landes. Daher sind engagiert und motivierte - aber vor allem gesunde sowie leistungsfähige - Mitarbeiter ein wichtiger Erfolgsfaktor.
„Die Chance, diese Unterstützungsapparate direkt im Einsatz zu sehen, hat die REWE Group sehr gerne wahrgenommen. Wir hoffen, so auch Forschung und Weiterentwicklung im Bereich Exoskelette zu unterstützen. Wir sehen dieses Projekt als eine zukunftsträchtige Initiative zur Gesundheitsprävention. Denn Gesundheit ist unser wichtigstes Gut, trägt wesentlich zur Lebensqualität bei und ist nicht zuletzt entscheidend für ein glückliches Berufsleben“, so Veronika Rabl, Leiterin Human Resources Rewe Group Österreich.
Gute Praxistauglichkeit
Rosenbauer-Mitarbeiter Elias Rashid hat bereits Erfahrungen mit dem Exoskelett bei seiner täglichen Arbeit sammeln dürfen und er zeigt sich begeistert: „Nach einer kurzen Testphase habe ich es später tagelang intensiv genutzt und das Feedback ist sehr positiv. Es unterstützt einen ideal dabei, den Oberkörper gerade zu halten. Das Körpergewicht wird auf das Gerät übertragen und das Kreuz dabei komplett entlastet. Zudem ist das Exoskelett selber überhaupt nicht schwer und angenehm zu tragen. Damit fällt auch das Aufstehen in der Früh deutlich komfortabler aus“.
Der oberösterreichische Hersteller awb Schraubtechnik- und Industriebedarf GmbH setzt in Zukunft auf weitere Tests in verschiedenen Unternehmen und setzt auf Aufklärungsarbeit: „Es muss niemand Angst haben, dass dadurch sein Arbeitsplatz wegrationalisiert wird. Ziel dieser Technologie ist es, die Arbeit einfacher und damit für die Betroffenen körperlich erträglicher zu gestalten.“
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