„Die virtuelle Teilnahme hat sich in kürzester Zeit stark erhöht“
LEONDING. Der neuerliche Lockdown und die fehlende Planbarkeit setzen der Kulturbranche weiterhin zu. Tips hat sich mit der interimistischen Geschäftsführerin der Leondinger Veranstaltungs- und Kulturservice GmbH (KUVA) über die Schwierigkeiten aber auch neue Chancen unterhalten.
Tips: Der Kulturbereich ist von den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie stark getroffen. Was sind die größten Herausforderungen?
Jasmin Leonhartsberger: Das Jahr 2020 war turbulent und herausfordernd. Man musste Projekte verändern, anpassen, neu ausrichten, auch absagen. Doch darin lagen auch Potenzial zur Weiterentwicklung und daraus gewonnene Erkenntnisse. Und diese gilt es in die weitere Arbeit zu integrieren und als Chance zu sehen. Aus den aktuellen Geschehnissen und den damit verbundenen Hürden ergeben sich für uns zwei konkrete Fragestellungen: Wie kann man trotz einer Pandemie Kunst und Kultur möglichst barrierefrei an Menschen vermitteln? Wie kann man Künstler in diesen herausfordernden Zeiten bestmöglich unterstützen?
Tips: Die KUVA hat schnell reagiert und verstärkt auf Online Angebote gesetzt. Wie schwierig war es, hier die passende Infrastruktur aufzustellen?
Leonhartsberger: Kunst und Kultur hat für viele Menschen große Relevanz im Leben. Wir haben heuer neue Wege gefunden, Kunst und Kultur den Menschen näher zu bringen und dieses Bedürfnis zumindest teilweise zu stillen. Im virtuellen Raum ist einiges möglich, sei es individuell oder als mehr oder weniger gemeinschaftliches Erleben. Führungen, Rundgänge, aber auch Konzerte können aufgezeichnet oder live gestreamt werden. Auch Diskussionen und Gespräche können so direkt in den privaten Raum geholt werden. Unser großer Vorteil ist, dass wir gut in der Kulturbranche vernetzt sind und auf große Expertise in diesen Bereichen zurückgreifen können. Zudem ist die KUVA in der digitalen Welt bereits recht gut aufgestellt. Deshalb, und auch durch eine realistische Planung, konnten wir zügig neue Ideen umsetzen.
Tips: In welchen Bereichen machen online Angebote besonders viel Sinn? Wo konnte man erkennen, dass es weniger zielführend ist?
Leonhartsberger: Die KUVA Leonding hat 2020 viele neue Wege beschritten. Sei es mit dem Kunstfestival im öffentlichen Raum „leonART“ im Juli oder mit der Gruppenausstellung „Erinnerung“ in der 44er Galerie im November und Dezember. Um die Erfahrungen aus der Corona-Zeit für die zukünftige Arbeit mitzunehmen, gibt es durchaus Ideen und Wege: Virtuelle Rundgänge in Form von 360 Grad Videos oder Führungen, virtuelle und interaktive Partizipation, etc. Im Grunde erweitert sich der Bereich der Ausstellung schon seit einigen Jahren in den virtuellen Raum, mit erhöhter Präsenz auf den sozialen Medien oder den Websites. Diese Entwicklung gilt es fortzusetzen und weiter auszubauen. Die Herausforderung dabei ist, die Menschen zum Besuch zu animieren und neugierig zu machen, als Ergänzung zur Ausstellung, nicht stattdessen. Verunsicherung schwingt einfach auch nach den Lockdowns bei vielen Menschen mit. Hier müssen wir interessierte Menschen stärken und aktivieren, denn wir haben ein wunderbar funktionierendes Sicherheitskonzept, geschultes Personal und haben grundsätzlich immer ein Auge auf unsere Sicherheitsmaßnahmen. Schwieriger ist es natürlich, Events online zu zeigen, die auch nur dort zu sehen sind. Hier steht das vorgefertigte Erleben dem freien, lockeren Erleben gegenüber, das wir so am Kulturleben schätzen. Kreative und animierende Angebote sind im Corona-Jahr einfach das Um und Auf.
Tips: Wie sehen die Erfahrungen aus? Werden die Online Angebote viel und gerne genutzt?
Leonhartsberger: Wir nehmen wahr, dass die virtuelle Teilnahme sich innerhalb kürzester Zeit stark erhöht hat und sich die „Angebote“ schneller und effizienter verbreiten. Die Menschen verbringen mehr Zeit im virtuellen Raum und hier muss man sie auch verstärkt abholen. Die Unsicherheiten erkennen wir eher beim realen „Besuch“ vor Ort, auch dieser wieder möglich ist.
Tips: Die neue Ausstellung „Fragment Form Raum“ soll Ende Jänner starten, allerdings ohne Vernissage als Eröffnung. Wird man auch dafür vermehrt auf einen Online-Auftritt setzen?
Leonhartsberger: Aufgrund des aktuellen Lockdowns müssen wir die Ausstellungsöffnung mit den Künstlerinnen Petra Sandner, Ekaterina Fischnaller und Katharina Acht in der 44er Galerie, auf Donnerstag, 28. Jänner, verschieben. Natürlich werden wir auch diese Ausstellung mit umfassenden digitalen Angeboten ergänzen. Einerseits um einen sicheren Besuch in wenig planbaren Zeiten zu ermöglichen und andererseits um auch die Künstlerinnen und ihre Werke entsprechend zu präsentieren und in den Vordergrund zu stellen. Welche Arten der Online-Vermittlung das sein werden, kann dann von Jeder und Jedem selbst erforscht werden.
Tips: Kam der „Anstoß“ vielleicht auch gerade zur rechten Zeit und man kann mit Online Angeboten auch in der Zeit nach Corona einen Mehrwert für Kulturbegeisterte Menschen schaffen?
Leonhartsberger: Wie gesagt beschreiten wir schon seit Jahren im Kulturbereich den Weg hin zum Virtuellen. Heuer war man sicherlich stärker gefordert, neue Möglichkeiten zu finden, um den Menschen trotz der schwierigen Umstände Kunst und Kultur näher zu bringen. Die neuen Lösungen sollten jedenfalls als Inspiration für die Zukunft gesehen und ins weitere Tun integriert werden. Auch wenn das Jahr herausfordernd war und die Umstellung für alle mühsam ist, kann man das Beste daraus machen und sollte offen sein für Veränderung. Wie die Zukunft „nach der Pandemie“ aussieht weiß keiner. Meines Erachtens kann der Weg nur der sein, weiterhin offen und kreativ zu sein, um Menschen weiterhin Kunst und Kultur näher zu bringen. Und im Falle einer wieder einkehrenden „Normalität“ können wir die Erfahrungen dieser Zeit produktiv nutzen.
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