Ein Trauner bringt Kult-Strategie vom Computer auf den Spieltisch
TRAUN. Was als Zeitvertreib beim Bundesheer begann, liegt heute auf Spieltischen rund um den Globus: Der Trauner Thomas Denkmeier hat über Jahre hinweg ein komplexes Strategiespiel entwickelt, selbst produziert – und damit international für Aufmerksamkeit gesorgt.
Der Ursprung von „Dominate & Delegate“ reicht mehr als drei Jahrzehnte zurück. Thomas Denkmeier erinnert sich an seine Bundesheerzeit Anfang der 1990er-Jahre. Damals verbrachte er viel Zeit mit rundenbasierten Strategiespielen am Amiga, etwa „Battle Island“ oder „History Line“. „Beim Bundesheer war das recht angenehm, weil da haben wir unendlich viel Zeit gehabt“, sagt er trocken. Fasziniert von den Spielmechaniken begann Denkmeier früh, eigene Ideen auf den Tisch zu bringen – im wörtlichen Sinn. Er baute ein erstes Brettspiel mit Sechseckfeldern, Lebenspunkträdchen und modularer Landschaft aus Magnetplatten. Optisch überzeugend, spielerisch jedoch ein Fehlschlag. „Keiner wollte das spielen, weil das war total langweilig“, sagt er rückblickend. Das Projekt verschwand für Jahre in der Schublade.
Inspiration aus digitaler Welt
Der Wendepunkt kam mit dem Erscheinen von „Command & Conquer“. Die Echtzeit-Strategie mit Ressourcenmanagement und Basisbau beeindruckte Denkmeier nachhaltig. Anfang der 2000er-Jahre griff er die alte Idee wieder auf und begann, das Spielprinzip auf ein Brettspiel zu übertragen – diesmal konsequent am Vorbild des Videospiels orientiert. Gebäude und Einheiten entstanden in Handarbeit aus Holz, Karton, Zahnstochern usw. „Alles genau eins zu eins nachgebaut“, erzählt Denkmeier. Entscheidend war jedoch die Regelmechanik: Vorstoß statt Abwarten, Aufbau statt Stillstand. Ressourcen mussten gesichert, Schwächen erkannt, Risiken eingegangen werden. „Egal, was man macht – es ist richtig und falsch gleichzeitig“, beschreibt er den Kern des Spiels. Besonders gut kam das geheime Bauen an: Spieler wissen nicht, was der Gegner vorbereitet. „Auf einmal steht da ein Bomber. Ui, jetzt muss ich schnell einen Abfangjäger bauen“, sagt Denkmeier. Diese Unsicherheit mache jede Partie anders.
Keine Lizenz, aber begeistert
Während der Corona-Zeit reifte der Entschluss, das Spiel professionell umzusetzen. Doch der direkte Weg war versperrt: Die Rechte an „Command & Conquer“ liegen bei Electronic Arts. Der Konzern lehnte eine Lizenz ab – zeigte sich vom Prototypen aber beeindruckt. Denkmeier durfte weitermachen, allerdings nur unter einer Bedingung: Alles musste geändert werden. Namen, Begriffe, Formen.
Der neue Titel war schnell gefunden: „Dominate & Delegate“. Denkmeier übernahm nicht nur die Rolle des Autors, sondern auch jene des Verlegers. Produktion, Grafik, Regeln, Marketing – alles lief über ihn. In Europa erwiesen sich die Herstellungskosten als unleistbar, erst in China fand er spezialisierte Brettspielproduzenten. „All in one“, wie er sagt: Eine Firma, die alle Komponenten fertigt.
Anerkennung statt Gewinn
Finanziell war das Projekt kein Selbstläufer. Die Produktionskosten lagen bei rund 25 Euro pro Spiel, der Verkaufspreis bei etwa 105 Euro. „Im besten Fall ein Null-Geschäft“, sagt Denkmeier. Dazu kamen Ausgaben für Grafik, Management, Werbung und Plattformgebühren. Dennoch hielt er am Umfang fest: vier Fraktionen, Kampagnen, Zusatzmissionen – alles in einer Box. Der Lohn kam auf andere Weise. Über Kickstarter fand das Spiel ein internationales Publikum, Rezensionen auf YouTube sorgten für Aufmerksamkeit. Auf der weltgrößten Brettspielplattform BoardGameGeek erreichte „Dominate & Delegate“ eine Bewertung von 8,2 von 10 Punkten. Heute wird das Spiel weltweit vertrieben.
Besonders prägend seien für ihn die Rückmeldungen auf Messen gewesen. „Die Leute kommen her, umarmen dich, wollen ein Foto, eine Signatur“, erzählt Denkmeier. „Einen besseren Lohn kannst du nicht kriegen.“
Detailarbeit mit Risiko
Der Weg dorthin war nicht frei von Rückschlägen. Mehrfach mussten Regelbücher korrigiert werden, Fehler schlichen sich ein. Ein technischer Zwischenfall brachte das Projekt beinahe zum Scheitern: Zwei Jahre Arbeit galten nach einem Cloud-Fehler als verloren. Erst ein vergessenes Backup rettete das Spiel. „Erst einmal alles kopieren, Computer ausschalten, Bier aufmachen“, fasst Denkmeier den Moment zusammen.
Heute gilt „Dominate & Delegate“ als anspruchsvolles Strategiespiel mit hohem Wiederspielwert. Besonders Fans klassischer Echtzeit-Strategiespiele fühlen sich angesprochen. „Die sagen: Das ist genau gleich. Man fühlt sich zurückversetzt“, sagt Denkmeier stolz.
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