Psychologische Beraterin: „Das Verhalten von Jugendlichen und Kindern macht immer Sinn“
WILHERING. Die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen haben in den letzten Jahren zugenommen. Magdalena Kaliauer, psychologische Beraterin aus Wilhering, ist es ein besonderes Anliegen, Eltern für die psychische Gesundheit ihrer Kinder zu sensibilisieren und auf Alarmzeichen zu achten.

Magdalena Kaliauer ist eigentlich studierte Betriebswirtin, hat an der Wirtschaftsuniversität sogar ihr Doktorat in internationaler Betriebswirtschaftslehre gemacht. Ihr erstes Kind hat ihr Leben jedoch komplett verändert und ihr wurde nach beruflicher Tätigkeit in Marketing und Marktforschung schnell klar, dass es etwas anderes brauche. So ließ sie sich am Familylab in Wien zur Familienbildnerin ausbilden. „Diese kurze Ausbildung nach den Thesen von Jesper Juul hat mir so getaugt, dass ich schlussendlich eine Umschulung zur psychologischen Beraterin gemacht habe und im Zuge dessen irrsinnig viel über mich selbst, mein Kind und den Umgang miteinander gelernt habe“, so Kaliauer.
Kinder haben keine Lobby
„Es ist meine tiefe Überzeugung, dass das Verhalten von Kindern und Jugendlichen immer Sinn macht und sie damit den Erwachsenen etwas sagen möchten. Oft fehlen den Kindern die Worte oder der Mut, sich den Eltern anzuvertrauen, da sie ihre Eltern nicht zusätzlich belasten möchten. Mit ihrem Verhalten zeigen sie allerdings unbewusst oder bewusst, wie es ihnen geht. Meist ist ihr auffälliges Verhalten ein Hilfeschrei“, sieht es Kaliauer als ihre berufliche Verantwortung, aber auch als Herzensanliegen, sich für die Kinder und Jugendlichen einzusetzen, dass sie Hilfe bekommen.
„Oft warten Eltern zu lange ab, sehen es als Phase oder haben Schuld-, Scham- oder Versagensgefühle, wenn sie sich Hilfe holen. Dabei ist präventive Hilfe bzw. Unterstützung, wenn ein Thema auftaucht, oft nur für kurze Zeit notwendig und die Lebensqualität des Kindes bzw. auch der Eltern verbessert sich schnell. Und es hat wenig mit Schuld oder Versagen zu tun. Ich denke, dass das eine wichtige Message für Eltern ist“, so die psychologische Beraterin mit einem wichtigen Appell.
Seelische Gesundheit immer noch unterrepräsentiert
Sind wir bei der körperlichen Gesundheit mit dem Mutter-Kind-Pass oder weiteren vorsorglichen Untersuchungen schon recht gut fortgeschritten, sieht Magdalena Kaliauer, dass die psychische Gesundheit von Kindern noch zu wenig Beachtung findet. Ihr ist es wichtig, dass die Kinder ernstgenommen werden: „Studien zeigen, dass ca. ein Drittel der Kinder und Jugendlichen psychische Symptome entwickelt hat, die eine ärztliche Behandlung brauchen. Viele Kinder und Jugendliche leiden aber unter psychischen Belastungen und sind noch nicht krank. Genau dafür möchte ich sensibilisieren.“
Psychische Belastungen sind etwa diverse Ängste, Leistungsdruck und Perfektionismus, hohe Ansprüche an sich selbst, negative Gedanken, negatives Selbstbild oder auch Stress in der Schule. Kinder zeigen ihre psychischen Belastungen unbewusst mit ihrem Verhalten. Jedes Verhalten, das von der Normalität abweicht, kann als Signal verstanden werden.
Lieber früher als später
„Eltern sollten achtsam und feinfühlig sein im Umgang mit Kindern. Wenn sie den Verdacht haben, dass etwas nicht passt, lieber gleich Hilfe suchen“, rät die psychologische Beraterin. Kaliauer bekrittelt außerdem, dass psychische Krankheiten bzw. Vorsorge nach wie vor Tabu-Themen seien und präventive Unterstützung für viele Familien nicht leistbar ist. „Wenn rechtzeitig präventiv gearbeitet wird, braucht es viel weniger Beratungseinheiten. Es verhindert zudem psychische Erkrankungen oder Schwierigkeiten im Erwachsenenalter.“
Corona als Beschleuniger
Besonders die zurückliegende Pandemie hat die Situation noch einmal verstärkt. „Neben Unsicherheiten und Ängsten fielen auch wichtige Routinen – welche Sicherheit geben – aus. Auch der Verlust der sozialen Kontakte hat besonders für die Kinder ab dem Schulalter ebenfalls seine Spuren hinterlassen“, fordert Magdalena Kaliauer mehr Unterstützung für Kinder von der Politik.
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