"Beyond the Lab: the DIY Science Revolution": AEC zeigt Projekte von Einzelpersonen, die zu Wissenschaftlern werden
Die neue Wanderausstellung „Beyond the Lab: the DIY Science Revolution“ im Ars Electronica Center rückt Menschen, die Probleme wie Luftverschmutzung oder Antibiotikaresistenzen auf eigene Faust anpacken, ins Zentrum. Die Schau, die vom Science Museum London gestaltet wurde, lässt den Funken zwischen Gesellschaft, Einzelbürger und Wissenschaft überspringen.
Projekte von Einzelpersonen, die ihre Gesundheit und die dementsprechende Forschung selbst in die Hand nehmen und zu Experten werden, sind bis 5. Juni im Linzer AEC zu sehen. Wissenschaftlich hochkarätige Projekte - drei davon wurden in Zusammenarbeit mit dem Ars Electronica Futurelab realisiert - versuchen globale Probleme oder Krankheiten anzupacken. Dabei entwickeln sie voll funktionsfähige Labors von der Größe eines Laptops, oder Innovationen aus dem Gesundheitsbereich und öffnen diese via Online-Plattformen für die Öffentlichkeit.
Do-it-yourself-Wissenschaftler
Personen, werden zum Akteur, die selbst nicht mehr nur Beobachter des Problems sein wollen, sondern suchen für ihre Probleme, Krankheiten oder Beeinträchtigungen ihre individuelle Lösung, meist im Austausch für die breite Öffentlichkeit über die digitalen Medien. „Die persönliche Involvierung zum Beispiel bei einer Parkinson-Erkrankung, Diabetes oder Brustkrebs sorgt dafür, dass die Do-it yourself-Wissenschaftler genau wissen, was man braucht, um sein Leben zu erleichtern. Die Auswirkungen auf das tägliche Leben sind die Motivation dahinter“, erzählt AEC-Projektleiterin Maria Pfeifer.
Relevante Zukunftsvisionen
Draus entstehen Zukunftsvisionen zwischen Wissenschaft, Technologie und Kunst, die sowohl für Einzelpersonen, als auch für die ganze Gesellschaft insgesamt relevant sind. Die Ausstellung ist Teil des europaweiten SPARKS-Projekts, das im Rahmen der EU-Initiative Horizon 2020 in 29 Ländern umgesetzt wird. SPARKS will interessierte Bürger, Wissenschaftler und Unternehmer für verantwortungsvolle Forschung und Innovation begeistert, der Funke soll von der Gesellschaft auf die Forschung überspringen und umgekehrt.
Die Projekte im Detail
- Die DIY Antibiotika-Jäger Pieter von Boheemen lebt und arbeitet in Amsterdam und will Biologie für alle zugänglich machen. Im Rahmen seines Antibiotika-Projekts lädt er Menschen aus der ganzen Welt ein, sich an der Lösung für eine der größten medizinischen Herausforderungen unserer Zeit zu beteiligen – die zunehmend häufiger auftretenden Resistenzen gegen Antibiotika.
- Bethan Wolfenden, Philipp Boeing: Das Labor in der Box: Bethan Wolfenden und Philipp Boeing kennen einander von der Universität und stießen sich daran, dass unzählige an der Biologie Interessierte keinen Zugang zu professionellen Laboren und Instrumenten erhalten. Die beiden entwickelten daher eine Box, in der alle notwendigen wissenschaftlichen Instrumente Platz finden – und dabei bloß so groß wie ein Laptop ist. Was als ein zunächst hoffnungsloses Durcheinander in einem alten Koffer seinen Anfang nahm, ist heute ein voll funktionsfähiges Gerät namens „Bento Lab“: Kompakt, bezahlbar und leicht zu nutzen.
- Sara Riggare: Patienten als Experten, 2003 erhielt Sara Riggare die Diagnose Parkinson. Sie begann daraufhin, sich intensiv mit der Krankheit auseinandergesetzt und teilt nun ihr umfangreiches Wissen und ihre Erfahrungen online mit anderen Patient. Sie nutzt dabei zahlreiche portable Technologien, um etwa ihre Herzfrequenz oder ihren Schlafrhythmus aufzuzeichnen, Symptome zu beobachten und ihre Behandlung individuell anzupassen. Sara Riggare ermutigt andere Betroffe, sich Online-Netzwerken anzuschließen, Expert für ihre eigenen Krankheiten zu werden und medizinische Lösungen von der Stange abzulehnen.
- Pedro Oliveira und Helena Canhão: Patient Innovation. Pedro Oliveira und Helena Canhão haben 2014 „Patient Innovation“ gegründet. Auf dieser Online-Plattform können Patient, Angehörige und Pflegepersonal ihre selbst entwickelten Lösungen und Hilfen rund um ihre Krankheiten präsentieren und teilen. Seit der Gründung wurden bereits mehr als 650 medizinisch geprüfte Hilfestellungen und Lösungen von Menschen aus mehr als 40 Ländern hochgeladen. Patient Innovation publiziert in mehreren Sprachen und unterstützt User auch im Falle einer Geschäftsgründung.
- Tim Omer: Der Diabetes-Hacker Tim Omer leidet unter Diabetes. Frustriert darüber, dass Forschung und Entwicklung für ihn nicht schnell genug voranschreiten, setzte er es sich zum Ziel, neue – und bessere – Behandlungsgeräte für Diabetes-Patient zu entwickeln sowie die Kosten ihrer Versorgung zu senken. Ärzt und Wohltätigkeitsorganisationen warnen vor solchen Do-it-youself-Lösungen, Diabetes Hacker wie Tim Omer hingegen argumentieren, dass sie selbst am besten spüren, was ihrem Körper gut tut – und was nicht.
- Doreen Walther: Die Mückenkartografin. Doreen Walther ist Wissenschaftlerin, genauer eine ausgewiesene Mückenexpertin. Seit 2012 betreibt sie ihren Mückenatlas, der ein deutschlandweites Netzwerk für Hobby-Mückenfänger werden soll. Da Mücken gefährliche Viren auf Menschen übertragen können, leistet Doreen Walther mit ihrem Netzwerk einen wichtigen Beitrag für das deutsche Gesundheitswesen, um mögliche Krankheitsausbrüche zu prognostizieren und allfällige Vorsorge-Maßnahmen zu treffen.
- Shazia Ali-Webber: Aktivistin für saubere Luft London zählt europaweit zu den Städten mit der schlechtesten Luftqualität. Shazia Ali-Webber engagiert sich daher für eine Verbesserung der Londoner Luft und nutzt Messgeräte, um die Luftverschmutztung in ihrer Nachbarschaft zu messen. Citizen Scientists wie Shazia Ali-Webber arbeiten oft mit professionellen Forscher zusammen und nutzen wissenschaftliche Fakten, um ihre Umgebung besser verstehen zu können und sich dann für positive Veränderungen zu engagieren.
- Lucy McRae, Lotje Sodderland: The Institute of Isolation. Gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab entwickelte Lucy McRae einen Kurzfilm, der die Geschichte des „Institute of Isolation“ erzählt. Die fiktionale Einrichtung bietet Menschen die Möglichkeit, ihren Körper durch den Entzug von Sinneseindrücken und die Erfahrung totaler Einsamkeit zu optimieren. Das menschliche Gehirn und der Körper sind zentrale Punkte in McRaes Arbeiten. Ihr Interesse gilt dabei der zukünftigen Weiterentwicklung des Menschen unter Einbeziehung von Genetik und Medizintechnik.
- Anouk Wipprecht: Agent Unicorn Die niederländische Künstlerin Anouk Wipprecht nutzt Design und Technik, um die Behandlung psychischer Krankheiten zu verbessern. Gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab entwickelte sie 3D-gedruckte Headsets für Kinder mit ADHS. Mittels Elektroden des Headsets werden die Gehirnaktivitäten der Kinder gemessen und wird eine ebenfalls im Headset befindliche Kamera aktiviert. So entstehen Aufnahmen, die darüber Aufschluss geben, was die Aufmerksamkeit der Kinder erregt bzw. was sie ablenkt.
- Jakob und Lea Illera: BeBots Nanoroboter, die Medikamente durch unsere Blutbahnen transportieren und sogar Operationen vornehmen, könnten schon in nicht allzu ferner Zukunft durch unsere Körper reisen. Jakob und Lea Illera haben gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab BeBots erdacht, imaginäre Nanoroboter, die das Nervensystem beeinflussen und so unser Verlangen auf Süßes und Fast Food regulierten können. Konzipiert als Antwort auf den Zuwachs von Krankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit entwirft Bebots eine Zukunft, in der sich jeder und jede DIY-Medikamente als Lösung verabreichen kann, um die eigenen Gedanken und Gefühle zu beeinflussen.
Workshops und Vorträge
Ein breites Rahmenprogramm bietet Talks und Präsentationen sowie ein eigenes Deep-Space-Wochenende, weitere Infos unter www.aec.at.
- Der Anatomiesaal der Zukunft? Cinematic Rendering / MO 3.4.2017 / 19:30–21:00 // Sparks Reverse Science Café mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Fellner (Kepler Universitätsklinikum Linz) und Alice Reiter (Studiengangsleitung FH Gesundheitsberufe OÖ) Kepler Salon, Rathausgasse 5, 4020 Linz
- Deep Space LIVE: Wunderwerkzeug Hand – vom Angreifen zum Begreifen / DO 6.4.2017 / 19:00–20:00 // Sparks Science Espresso mit Dr. Dietmar Hager (Spezialist für Hand- und Mikrochirurgie) Ort: Deep Space 8K, Ars Electronica Center
- Deep Space LIVE: Beobachten im Zeitalter von hochauflösenden Bildern / DO 13.4.2017 / 19:00–20:00 // Sparks Science Espresso mit Dr. Manuel Selg (Professor für Molekularbiologie an der FH OÖ Campus Wels) Ort: Deep Space 8K, Ars Electronica Center
- Shadowgram+ / DO 4.5. – MI 10.5.2017 // Sparks Pop-up Science Shop: „Future Health“, Ort: Foyer Ars Electronica Center
- Deep-Space-Wochenende: Beyond the Lab / SA 13.5. und SO 14.5.2017 // Ort: Deep Space 8K, Ars Electronica Center
- Deep Space Live: Cinematic Rendering / DO 18.5.2017 / 19:00–20:00 // Sparks Science Espresso mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Fellner (Kepler Universitätsklinikum Linz) Ort: Deep Space 8K, Ars Electronica Center
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