Kirchenmusik: "Wo sich Himmel und Erde berühren"
LINZ. Josef Habringer ist seit 2006 Domkapellmeister im Mariendom. Am 25. Juni gibt er mit seiner Dommusik sein letztes großes Konzert, bevor er im Herbst die verdiente Pension antritt. Tips hat sich mit ihm über das anstehende Benefizkonzert zugunsten des Doms und die größte Kirche Österreichs unterhalten.
Tips:Sie geben mit einem Benefizkonzert am 25. Juni Ihr letztes großes Konzert. Wahrscheinlich umso wichtiger für Sie?
Habringer: Ja, ich bin mit Herzblut Domkapellmeister, ich mache das seit 2006, jetzt geht es mit September dem Ende zu. Ich werde jetzt aber auch 70, der Zeitpunkt ist angebracht.
Tips:Was würde Sie als die großen Höhepunkte im Dom nennen?
Habringer: Meine erste Aufgabe ist ja die Gestaltung der 10 Uhr-Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen. Ich habe in erster Linie die Liturgie gestaltet, die Konzerttätigkeit wahr eher nur am Rande. Es waren aber ein paar Highpoints dabei. Wir haben unter anderem Teile aus der Schöpfung Haydns gespielt und getanzt – auf Initiative von Fabrice Jucquois. Er hatte die Idee, mit vielen Kindern, seiner Tanzformation und Studierenden dieses Projekt zu machen. Dann das „Te Deum der 1000“ 2009 im Rahmen vo Linz09, dann natürlich Bruckners „e-Moll-Messe“, die er für den Linzer Dom geschrieben hat. Daneben habe ich natürlich den Domchor betreut und ein Vokalensemble, mit dem ich Alte Musik gemacht habe.
Tips:Sie hören Ihre musikalische Tätigkeit aber nicht ganz auf?
Habringer: Nein, das Collegium Vocale, das ich ja leite, werde ich weiterführen. Dazu gibt es das Vokalensemble Voices, wo ich selber mitsinge. Ganz steige ich noch nicht aus.
Tips:Beim Benefizkonzert führen Sie Schuberts Es-Dur-Messe auf. Können Sie einen Einblick geben?
Habringer: Die Messe ist eine seiner drei großen und auch die letzte Messe, die er komponiert hat. Sie gibt die Seelenlandschaft Schuberts wieder: immer hin- und hergerissen zwischen glücklich, überglücklich, todunglücklich und nachdenklich. Es gibt wunderschöne Momente, dann wieder ganz düstere und dramatische Akzente. Herzstück ist das „Et incarnatus est“, die Erzählung der Weihnachtsbotschaft. Das ist ungeheuer himmlische Musik. Schubert ist einer, der so wie Bruckner den Text sehr intensiv behandelt. Das ist für mich auch in meiner Tätigkeit wichtig: nicht nur Musik zu machen, sondern dass Musik eine Botschaft hat. Und dass die Kirchenmusik ein Medium ist, wo einander Himmel und Erde berühren – oder Zeit und Ewigkeit.
Tips:Was verbinden Sie mit dem Mariendom Linz?
Habringer: Der Dom hat für mich seit jeher eine gewisse Faszination. Ich war acht Jahre im Petrinum und hatte Hermann Kronsteiner als Musiklehrer, der in den 60er-Jahren federführend bei der Entstehung der Rudigierorgel war. Die Rudigierorgel ist ja eines der bedeutendsten Instrumente in Europa. Ich bin schon als Kind immer wieder im Dom gewesen.
Tips:In und um den Dom ist in letzter Zeit auch viel passiert.
Habringer: Die Innenraum-Neugestaltung, aber auch, was um den Dom passiert ist, und jetzt die Turmsanierung, das hat den Dom stark ins Blickfeld geführt. Es ist für mich sehr schön, dass er als Raum an Faszination gewonnen hat. Für die Musik ist der Dom ein eher schwieriger Raum, er ist sehr überhallig. Wir haben acht Sekunden Nachhall. Das macht das Musizieren nicht ganz leicht. Aber er hat eine Atmosphäre, die einen aus der Alltäglichkeit herausholt.
Tips:Wie schwierig waren die Coronajahre für die Dommusik?
Habringer: Ich habe das Glück, so viele Leute im Chor und im Orchester zu haben, die so unterstützt haben. Sobald wir proben haben dürfen, haben wir immer nur im Dom geprobt, aus Sicherheitsgründen. Auch den ganzen Winter, also immer in der Kälte. Die Leute machen mit so viel Disziplin und Freude mit. Chorleiter kann man nur sein, wenn man ein entsprechendes Instrument hat – und das ist der Chor.
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