Poetry Slam: Poesie vom Publikum fürs Publikum
LINZ. Ob Lyrik oder Prosa, geschrien oder geflüstert, lustig oder nachdenklich – beim Poetry Slam weiß man nie, was einen erwartet. Genau das macht den performativen Dichterwettstreit auch so vielfältig. Der nächste Slam geht am Samstag, 13. Mai, in der Tribüne über die Bühne.
Die Regeln im Poetry Slam sind klar definiert: Die Texte müssen selbst geschrieben sein. Nicht erlaubt sind Requisiten oder Gesang, Zitate schon, ebenso wie Rap als gesprochenes Wort. Und es gilt ein Zeitlimit von sechs Minuten einzuhalten. Ansonsten liegt es beim Auftretenden, das Publikum von sich zu überzeugen.
Was dabei herauskommen kann, erlebt man am Samstag, 13. Mai, 19.30 Uhr, in der Tribüne, wenn Poeten in mehreren Runden um den Sieg beim ersten Stahlstadt Slam eifern.
Erste Bühnenerfahrung
Wer selbst einmal den Weg auf die Bühne wagen möchte, ist zum Beispiel beim offenen Slam im Solaris herzlich willkommen, übrigens der älteste Slam in OÖ, jeden letzten Donnerstag im Monat. „Jeder kann kommen. Was es braucht sind nur zwei Texte und eine Anmeldung“, lädt Andreas Perndorfer ein, Slam Master im Solaris und Obmann von Post Skriptum, Oberösterreichs erstem Poetry Slam-Verein.
Bis zu 80 Prozent der Auftretenden im Solaris sind Newcomer. „Sie alle nutzen Poetry Slam, als das, was es ist, nämlich die erste Möglichkeit, sich mit selbst geschriebenen Texten auf einer Bühne auszuprobieren. Damit Texte, die im Kopf reifen oder schon in der Laden schlummern, ihren Weg in die Öffentlichkeit finden“, so Perndorfer.
Nicht selten führt der weitere Weg in die Kleinkunst. „Lisa Eckert, Elias Hischl, Roland Bauschenberger, David Stockenreitner kommen alle aus dem Poetry Slam. Benedikt Mitmannsgruber hat bei uns im Solaris seine erste Bühnenerfahrungen gesammelt“, weiß der 31-Linzer, der vor 18 Jahren übrigens ganz untypisch zum Poetry Slam kam. „Sie haben einen Co-Moderator im Solaris gebraucht, das war mein erster Einsatz“, und beim Moderieren ist er auch geblieben: „Ich wurde einmal genötigt, einen Text zu schreiben, und der war scheinbar so großartig, dass ich nie wieder gefragt wurde“, lacht Perndorfer.
Die Routine macht's
Den klassischen Weg, vom Zuseher zum Poeten, ist Markus Haller, Landesmeister von 2022, gegangen. Er war früher Stammgast in der Tabakfabrik, dem damals größten Slam in OÖ, bis er es 2018 selbst wagte. „Die zwei Texte habe ich am Tag meines Auftritts geschrieben, bin im Solaris dann gleich mal gegen die damals amtierende Österreichische Meisterin angetreten und dann wieder am Boden der Realität gelandet“, lacht der stellvertretende Obmann der Wortwerkler, dem zweiten Slam-Verein in OÖ.
Natürlich nehme man sich die Bewertung anfangs sehr zu Herzen, man lernt aber mit der Zeit, dass es nichts Persönliches ist, sondern es um Text und Performance geht, so der 28-jährige Linzer.
Und hier spielt halt die Routine eine wesentliche Rolle. „Man kann Poetry Slam bis zu einem gewissen Grad lernen, aber das Gespür fürs Timing, Intonation, Pointen und Pausen, das kommt erst mit der Zeit“, erzählt Markus Haller. „Um mit der Sprache spielen zu können, braucht es Erfahrung. Sprich wenn man sich nicht mehr darauf konzentrieren muss, sich den Text zu merken, sondern darauf, wie man ihn präsentiert“, ergänzt Andreas Perndorfer.
Respect the poet
Mit steigender Sicherheit verbessert sich natürlich die Darbietung – und damit auch die Bewertung. „Die oberste Regel im Poetry Slam lautet 'Respect the poet'. Gerade das Linzer Publikum ist darin sehr geübt“, so Perndorfer. Dazu gehört, dass der Lärmpegel während eines Auftritts nahezu auf null sinkt. Auch von vernichtenden Bewertungen ist abzusehen, also einen Text mit einem von zehn Punkten zu bewerten. „Jeder auf der Bühne hat grundsätzlich schon mal den Respekt verdient. Wenn jemand natürlich besonders heraussticht, darf gerne die Zehn gezückt werden“, so Perndorfer.
Wer sich anfangs trotzdem lieber keiner Bewertung unterziehen möchte, dem legt Haller den ART(e) Slam nahe. Dieser findet einmal monatlich im arte Hotel statt, vor Publikum aber ohne Wettbewerb.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden