„Die Vorstellung vom menschengleichen Roboter ist in unserem Denken tief verankert“
LINZ. Die 37-jährige Technikpsychologin Martina Mara aus Linz hielt vor kurzem ihre Antrittsvorlesung an der Johannes Kepler-Uni, wo sie den ersten Lehrstuhl für Roboterpsychologie bekleidet. Mit Tips sprach die Expertin über die Schwerpunkte ihrer Arbeit und die Frage, ob wir Menschen Angst vor dem Ersetztwerden durch Roboter haben müssen.
„Nein, es liegen keine Roboter bei mir am Therapie-Sofa, weil Roboter gar keine Psyche haben“, ist wie aus der Pistole geschossen die Antwort auf die Frage, was denn eine Roboter-Psychologin so mache. In ihrer Arbeit geht es vielmehr um das menschliche Erleben und Verhalten und darum, wie Menschen Roboter erleben und wie sie sich ihnen gegenüber verhalten. „Ziel unserer Arbeit ist es, Roboter künftig so zu gestalten, dass sie für unterschiedliche Zielgruppen angenehm sind und sich die User nicht dominiert fühlen von schlauer Technologie“, weiß die Linzerin.
Mit renommierten KI-Experten wie Sepp Hochreiter wurde seit April das völlig neuartige Institut für Roboterpsychologie aufgebaut und im November offiziell gestartet. Linz und die JKU sind dafür ein guter Boden, wie Martina Mara betont: „Gerade die Interdisziplinarität, die mir wichtig ist, wird durch mehrere hochklassifizierte Institute groß geschrieben, die zusammenarbeiten können. Menschen, die darüber entscheiden, wie die Technologien der Zukunft ausschauen, müssen ohnehin vielseitiger werden und die Forschung viel interdisziplinärer. Neben der Psychologie müssen andere Sozialwissenschaften, der Ethik-Bereich oder auch Jus noch stärker mitarbeiten können.“
Ängste vor dem Ersetztwerden
Das betrifft vieldiskutierte Bereiche wie die selbstfahrenden Autos oder digitale Sprachassistenten, die immer mehr Einzug in unser Leben halten. „Der Begriff Roboter ist konnotiert mit dem humanoiden Roboterbild für die Menschen, da kommen immer diese stereotypen Bilder. Und genau das trägt zu Ängsten vor dem Ersetztwerden bei. Doch gleichzeitig ist es auch falsch, wir beschäftigen uns ja eher damit, wie ein selbstfahrendes Auto seine Umgebung besser wahrnehmen kann. Man darf das aber nicht unterschätzen, wie stark das Bild des menschengleichen Roboters verankert ist.“
Maras Ansatz für die Mensch-Roboter-Beziehung der Zukunft ist ein komplementärer: „Es ist absurd, menschliche Kernkompetenzen wie Kommunikation oder sozialen Austausch durch Roboter zu ersetzen, aber wir fragen uns, was sind Stärken von KI-Systemen und den Menschen und betrachten das synergetisch. Der Mensch wird vom Roboter vielmehr ergänzt statt ersetzt.“
Am Beispiel der selbstfahrenden Autos erklärt: „Diese Autos haben auch Fähigkeiten, die der Mensch nicht hat, das geht im Mittel sicher auch in Richtung erhöhte Sicherheit. Das Auto sieht ständig 360 Grad rund um die Karosserie, ist vernetzt mit den anderen Robotern auf der Straße. Auch ältere oder beeinträchtigte Menschen könnten solche Technologien dann besser nützen. Wir Menschen können unsere visuelle Wahrnehmung jedoch nicht miteinander vernetzen.“
Das ewige Beispiel vom Terminator
Ein Beispiel, das oft auf den Tisch kommt, ist jenes vom „Terminator“, einer Maschine mit Bewusstsein, die intelligenter als der Mensch ist: „Das ist eine Überschätzung des technischen Status Quo. Wenn eine Maschine intelligenter als der Mensch ist, ist sie anders intelligent, da gibt es Kontext und Erfahrungswissen, das Menschen haben und Maschinen nicht erfassen können. Natürlich kann ich nicht drei Milliarden Kochbücher auf einmal lesen, aber in der Breite wird total überschätzt, dass es soziale Maschinen geben kann.“
Intelligente Schachroboter etwa liefern super Ergebnisse, aber: „Die schachspielende künstliche Intelligenz kann nicht gleichzeitig Uno spielen, Socken stricken und sich ausdenken, wie man mit dem Kind die Laterne fürs Laternenfest bastelt. Wir Menschen können das.“ Gleichzeitig wird unterschätzt, wo lernende Maschinen heute schon eingesetzt werden: „Systeme, die Personalabteilungen nützen, um vorauszuwählen, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Da läuft KI bereits ständig“, schließt Martina Mara.
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