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Corona-Studie: Ländliche Regionen Oberösterreichs deutlich stärker betroffen

Karin Seyringer, 13.02.2021 11:40

OÖ. Teils überraschende Ergebnisse brachte eine vom Land OÖ in Auftrag gegebene Studie zum Corona-Geschehen im zweiten Halbjahr 2020 in Oberösterreich. Die Zahlen zeigen: In dünner besiedelten ländlichen Gebieten in OÖ hat sich Corona stärker verbreitet als im dichter besiedelten urbanen Bereich. Das lege nahe, dass Maßnahmen gegen Corona dort weniger ernst genommen werden. Mit einem Vorurteil zum Verhalten von Ausländern räumen die Zahlen auf.

Studienautor Professor Hans-Peter Hutter und LH-Stellvertreterin Christine Haberlander. (Foto: Land OÖ/Ehrengruber)

Traurige Höchstzahlen bei Covid-Infektionen und Todesfällen verzeichnete Oberösterreich im November 2020. Dabei waren die Zahlen in den Bezirken recht unterschiedlich. Um die Gründe dafür zu erfahren, wurde vom Land OÖ eine Studie beim Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien in Auftrag gegeben. Untersucht wurde der Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2020. Ausgewertet wurden demografische und sonstige Merkmale, verglichen wurden die SARS-CoV-2 Inzidenz, die Fallhäufungen und die Sterberaten in den 18 Bezirken in Oberösterreich. 

Die im Untersuchungszeitrum Juli bis Dezember höchste maximale 7-Tages-Inzidenz mit 1.631 pro 100.000 Einwohner hatte der Bezirk Rohrbach, die niedrigste Linz-Stadt mit 602,1.

Am Land weniger an Maßnahmen gehalten? „Liegt nahe“

In ihren Analysen kommen die Public-Health-Experten Hans-Peter Hutter und Michael Kundi zu teils überraschenden Ergebnissen, teilweise würden sie aber auch Alltagserfahrungen bestätigen.

So zeigen die Zahlen – anders als oft angenommen: „Je höher die Einwohnerdichte, umso geringer war die Covid-Inzidenz“, so Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Im Gegenteil, der umgekehrte Effekt wurde festgestellt: „Nicht im dicht besiedelten urbanen Raum, sondern im ländlichen Raum, der dünner besiedelt ist, gibt es eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit und einen deutlich positiven Zusammenhang mit Infektionen“, so Hutter im Tips-Gespräch.

Gleiches zeigen die „harten Zahlen“ der Todesfälle. „Man sieht im ländlichen Raum ein erhöhtes Risiko zu Infektionen und auch einen höheren Anteil an Todesfällen.“

Laut Hutter „legt dieses Ergebnis nahe, dass es in ländlichen Gegenden weniger Bewusstsein und größere Sorglosigkeit bezüglich der Maßnahmen gegeben hat. Möglicherweise wurde und wird das dort weniger ernst genommen. Die Vertrauensbasis zwischen den Menschen ist dort wahrscheinlich auch anders als in Städten, wo es anonymer ist und man schneller böse angeschaut wird, wenn die Maske nicht richtig sitzt“, so Hutter. Es sei seine Vermutung, dass in ländlicheren Gegenden deswegen einfach ein lockererer Umgang herrsche, so Hutter.

Vorurteil gegen Ausländer widerlegt

Manches aus der Alltagserfahrung würde sich in der Studie bestätigen, anderes wiederum gar nicht, so Hutter. Was sich so nicht bestätige, seien Vorurteile gegenüber Ausländern. „Wenn man sich die Daten anschaut, gibt es hier einen stark negativen Zusammenhang. Also je höher der Anteil der Ausländer bzw. der ausländischen Herkunft in den Bezirken, desto geringer war die Inzidenz in diesen Bezirken. Das war auch für uns ein überraschendes Ergebnis, das zeigt, wie wichtig solche Analysen sind. Manches aus der Alltagserfahrung bestätigt sich, manches ist konträr“, so Hutter.

Keine signifikanten Zusammenhänge fanden sich hingegen mit der Altersstruktur, das Alter spiele also kaum eine Rolle bei der Infektionsdynamik. Eine untergeordnete Rolle spielt laut Studienergebnis auch die Bildung. „Manche hatten vielleicht den Eindruck, dass je niedriger die Bildung, desto weniger Bewusstsein für die Maßnahmen, das hat sich aber nicht bestätigt“, so der Experte.

Studie „wichtiger Schritt“

Die Ergebnisse sollen nun verwendet werden, um Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung abzuleiten. „Aus meiner Sicht sind solche Studien ein wichtiger Schritt. Oberösterreich hatte im November, Dezember eine sehr dramatische Situation erlebt mit einer traurigen Bilanz. Das soll ein weiteres Mal verhindert werden, daher geht man an die Ursachenforschung, mit der Frage: 'was hat uns dort überhaupt hingebracht'“, erläutert der Umweltmediziner.

Auch wenn die Studie die Fragen nach dem Warum nicht beantworten könne, sei sie ein erster Schritt, mit einem „Wert, auch für die Kommunikation mit der Bevölkerung.“

LH-Stellvertreterin Christine Haberlander: „Die Ergebnisse unterstreichen deutlich: Das Virus ist ein Virus der Nähe. Und zwar auch der emotionalen Nähe. Dabei geht es nicht um Faktoren wie die Bevölkerungsdichte, sondern darum wer ist einem nah und wie nah lasse ich jene Menschen in dieser schwierigen Zeit an mich heran. Deshalb appelliere ich an alle, auch im privaten, vertrauten Kreis auf die Einhaltung der Maßnahmen zu achten.“ 


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