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Personalisiertes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Jürgen Affenzeller, 12.05.2022 13:58

LINZ. Die erste Erinnerungsstele für jüdische Opfer des Nationalsozialismus wurde am Donnerstag im Bernaschekpark in Urfahr aufgestellt. Die Stele gedenkt sieben Linzern, die in den Häusern Rudolfstraße 9 und 11, Bernaschekplatz 7 sowie in der Neugasse wohnhaft waren. 

  1 / 2   Bürgermeister Klaus Luger gemeinsam mit Botschafter Mordechai Rodgold, Künstler Andreas Strauss, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Charlotte Herman, Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer und Stadträtin Eva Schobesberger bei der Aufstellung der Stele durch zwei Lehrlinge der voestalpine im Bernaschekpark in Urfahr. (Foto: Michael Dworschak)

Nach Covid-19-bedingter Verzögerungen bei der Detailentwicklung der Gestaltungsidee von Andreas Strauss und bei der Produktion der Elemente erfolgt die Errichtung von Erinnerungszeichen für jüdische Opfer im Linzer Stadtraum nun in den nächsten Monaten.

Als erstes Erinnerungszeichen für NS-Opfer kommt in Linz in Anwesenheit des israelischen Botschafters Mordechai Rodgold und der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Herman, die Stele im Bernaschekpark in Urfahr zur Aufstellung, wo sich auch das Linzer Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus befindet.

Weitere Stelen bis Ende Juni

Diese Stele gedenkt sieben Linzern, die in den Häusern Rudolfstraße 9 und 11, Bernaschekplatz 7 sowie in der Neugasse 7 wohnhaft waren. Dr. Ludwig Kubin wurde im Februar 1938 in den Selbstmord getrieben. Jenny Fürnberg, Dr. Karl Czerwenka, Ernestine und Cäcilie Kubin und Siegmund Kluger wurden zwischen 1938 und 1942 in die Konzentrationslager Theresienstadt, Dachau, Litzmannstadt deportiert und dort bzw. im KZ Buchenwald ermordet. Nur eine von ihnen, Frau Martha Kulka, überlebte vier Konzentrationslager, darunter Auschwitz. Sie hatte nach ihrer Rückkehr nach Linz eine zentrale Funktion in der Israelitischen Kultusgemeinde inne.

Die Erinnerungszeichen sind permanente, von der Linzer Stadtverwaltung errichtete Stelen, die ein personalisiertes Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus ermöglichen – insbesondere als Erinnerung an verfolgte, vertriebene und ermordete Linzer Jüdinnen und Juden. Bis Ende Juni folgt die Errichtung von Stelen rund um den Volksgarten, im Schillerpark, in der Stockhofstraße und bei der Israelitischen Kultusgemeinde in der Bethlehemstraße. Über den Sommer werden weitere Erinnerungszeichen in der Innenstadt aufgestellt. Im September gestaltet die Stadt Linz gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde eine feierliche Zeremonie, zu der auch Nachkommen und Angehörige der Familien der Opfer aus dem Ausland anreisen werden.

Enge Kooperation mit Israelischer Kultusgemeinde

„Die Stadt Linz beschäftigt sich seit Jahren auf vielfältige Weise mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit. Mit den Erinnerungszeichen beschreitet sie nun einen eigenständigen, in dieser Form einzigartigen Weg, damit das Geschehene und vor allem die Opfer nicht vergessen werden. Mein besonderer Dank gilt der Israelitischen Kultusgemeinde für die enge inhaltliche Kooperation, dem Künstler Andreas Strauss für den hervorragenden Entwurf sowie der voestalpine für die Zusammenarbeit im Ausbildungszentrum und die Bereitstellung von Material“, sagt Bürgermeister Klaus Luger.

„Die würdige Erinnerung an die jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die in der Shoah von den Nazis und ihren Helfern und Helferinnen ermordet wurden, ist die Basis, auf der wir heute gemeinsam eine bessere Zukunft bauen können. Ich begrüße daher den Beginn dieser wichtigen Initiative in Linz. Das moderne Österreich, das – spät aber doch – verantwortungsvoll mit dem dunkelsten Kapitel seiner Vergangenheit umgeht, ist heute ein Partner für Israel“, sagt der Israelische Botschafter Mordechai Rodgold.

Klingeln, als könne man bei den Opfern anläuten

„Obwohl die Stadt Linz bisher sehr viel zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit getan hat, auch in Form von großartigen Büchern, so war kein einziges Zeichen des Gedenkens im öffentlichen Raum zu finden. Eine Ausschreibung zur Gestaltung eines Erinnerungszeichens war der Start eines großartigen Projektes. Der Künstler Andreas Strauss baute in die Gedenkstelen Klingeln ein, so als könnte man bei den Opfern anläuten. Dies rief große Emotionen hervor, sodass er als Gewinner der Ausschreibung für die Israelitische Kultusgemeinde eindeutig feststand.

Dass Lehrlinge der voestalpine an der Herstellung der Klingeln beteiligt sind, ist auch sehr wertvoll, da sich so junge Menschen mit der schrecklichen Geschichte auf besondere Weise auseinandersetzen. Den Nachkommen der Opfer und uns als Israelitische Kultusgemeinde ist die Umsetzung dieses Gedenkens von immenser Bedeutung und es bereitet uns eine große Freude, dass es nun soweit ist. Ein großes Dankeschön gebührt allen Beteiligten“, erklärt Charlotte Herman, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz.

„Der Gemeinderat hat vor drei Jahren beschlossen, dass Linz über einen jurierten Wettbewerb eigene Erinnerungszeichen für die NS-Opfer gestalten und umsetzen will. Nicht zuletzt dank der Projektkoordination der städtischen Kulturdirektion und der Abteilung Linz Kultur Projekte in Zusammenarbeit mit der Metallwerkstätte Hofstätter sowie mit Mitarbeitern der Grand Garage in der Tabakfabrik, des Studios WHY sowie Förderungen des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und Zukunftsfonds der Republik Österreich kommt das Siegerprojekt von Andreas Strauss nun zur Umsetzung“, freut sich Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer.

Im Voest-Ausbildungszentrum hergestellt

„Die Jury hat den Plan des Künstlers, die Erinnerungstafeln gemeinsam mit Lehrlingen im Ausbildungszentrum der voestalpine in Linz herzustellen, sehr positiv bewertet. Umfangreiche wissenschaftliche Recherchen des Archivs der Stadt Linz gemeinsam mit Verena Wagner und die tatkräftige Unterstützung des Geschäftsbereichs Stadtgrün und Straßenbetreuung haben unter anderem dieses einzigartige, für die Aufarbeitung unserer geschichtlichen Vergangenheit so wichtige Projekt ermöglicht“, betont Stadträtin Eva Schobesberger.

 

 


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