OÖ Rotes Kreuz: "Emergency Eye" revolutioniert Erste Hilfe
LINZ/OÖ. Wie Technologie unterstützen kann, Leben zu retten, zeigt das neue Emergency Eye des OÖ. Roten Kreuz. Schon während des Notrufs können die Mitarbeiter der Rettungsleitstelle Livebilder vom Notfallort empfangen – über das Smartphone der anrufenden Person, ohne App-Installation.
Seit April ist das Emergency Eye flächendeckend in Oberösterreich im Einsatz und hat sich bereits bewährt: Im Notfall kann Erste Hilfe noch schneller und gezielter geleistet werden.
Mitarbeiter sind über die Handykamera vor Ort
Nach dem Anruf über 144, 1450 oder beim Händ-Telefonarzt sendet die Leitstelle bei Bedarf – mit Zustimmung der anrufenden Person – einen Link per SMS. Ein Klick genügt und die Mitarbeiter der Leitstelle haben das Bild der Kamera des Anrufers auf dem Monitor. So sehen sie sofort, was passiert ist und können noch gezieltere Erste Hilfe-Anweisungen geben.
„Besonders bei Notfällen kann moderne Technik den entscheidenden Unterschied machen. Mit dem Emergency Eye sehen unsere Mitarbeitenden sofort, was passiert ist. So sind wir bereits vor Ort, bevor der Rettungswagen eintrifft. Das gibt Sicherheit, nimmt Angst und wir können noch gezielter helfen. Das kann im besten Fall Leben retten. Technik ersetzt nicht die Menschlichkeit. Aber sie hilft uns, noch besser für Menschen da zu sein“, betont OÖ. Rotkreuz-Präsident Gottfried Hirz, der stolz darauf ist, dass Oberösterreich eines der ersten Bundesländer ist, die diese Technologie flächendeckend einsetzt.
Denn natürlich: Wer einen Notruf absetzt, befindet sich in einer Stresssituation. Nicht immer kann verständlich vermittelt werden, was passiert ist. „So können wir uns selbst ein Bild machen und bis zum Eintreffen der Rettungskräfte zur Seite stehen“, so Hirz.
Entlastung des Rettungssystems
Das entlastet gleichzeitig das Rettungssystem. Denn Einsätze im Rettungs- und Notarztdienst können noch besser eingeschätzt und Rettungsfahrten situationsgerecht gesteuert werden – und das hält Ressourcen für dringende Notfälle frei.
Immerhin verlässt statistisch gesehen jede Minute ein Rettungsfahrzeug eine der 88 Rotkreuz-Dienststellen in Oberösterreich. 2024 wurden über 588.000 Transporte - rund 1.600 pro Tag - durchgeführt, darunter rund 82.000 Notfälle.
Hilfreich bei Ortung und Sprachbarrieren
Besonders hilfreich ist das System bei Notfällen ohne klare Adresse – etwa in der Natur, auf Straßenabschnitten oder abgelegenen Orten. „Es gibt immer wieder Situationen, wo man nicht genau weiß, wo man sich befindet, etwa zwischen zwei Orten, irgendwo auf einem Schotterweg“, so Hirz. Der genaue Standort wird vom Tool zuverlässig übermittelt und erleichtert das rasche Auffinden.
Hilfreich ist auch die integrierte Chatfunktion mit automatischer Übersetzung. Sie ermöglicht die Kommunikation bei Sprachbarrieren oder wenn jemand nur eingeschränkt hören oder sprechen kann.
Zusätzliches Werkzeug
Rund 250 Mitarbeitende der Rotkreuz-Leitstellen bearbeiten täglich ca. 4.500 Anrufe. Die Notrufabfrage wird auch in Zukunft so geführt wie bisher. Das Emergency Eye kommt als zusätzliches Werkzeug zum Einsatz. „Bei einem ganz normalen Krankentransport, der angemeldet wird, wo es keine darüber hinaus gehenden Fragen gibt und es nicht notwendig ist, den Patienten im Video zu haben, brauche ich es nicht. Wir setzen das Tool dort ein, wo es Sinn macht und einen Mehrwert ergibt“, so Klaus Kaiserseder, Dienstführender der Rettungsleitstelle Linz-Mühlviertel.
Es gibt aber natürlich auch Anrufer, bei denen auf die Anfrage verzichtet wird. Wo es schon schwierig ist, die wirklich notwendigen Punkte zu erfragen, beschränkt man sich lieber auf das Wesentliche. Gerade auch ältere Anrufer können überfordert sein. Manchmal ist es auch einfach eine Zeitfrage. Grundsätzlich werde das Tool aber von den Anrufern sehr gut angenommen, so Kaiserseder. In der Gesundheitsberatung und im hausärztlichen Notdienst fällt zudem ja auch der zeitliche Druck weg.
Das Ganze im Blick
Das Emergency Eye hilft aber nicht nur bei der Lageeinschätzung am Patienten. Es ermöglicht der Leitstelle auch, sich einen Überblick über etwa einen Verkehrsunfall zu machen und weiterzudenken. Wie viele Einsatzkräfte braucht es noch zusätzlich, mit welchen Verletzungen kann aufgrund der Unfallmechanik gerechnet werden, ist Gefahrengut im Spiel usw.
Was es für all das braucht, ist lediglich ein internetfähiges Handy. Es muss auch keine App installiert werden. Der Anrufer muss nur den Link per SMS akzeptieren. „Es ist also denkbar einfach und benutzerfreundlich“, so Kaiserseder.
„Das Emergency Eye hilft uns, im entscheidenden Moment schneller, gezielter und mit noch mehr Menschlichkeit zu handeln. Denn gerade im Notfall zählt jede Sekunde – und jede gute Entscheidung. Technik ersetzt keine Empathie, aber sie kann ein kraftvoller Partner sein, um Leben zu retten“, sagt Gesundheitslandesrätin LH-Stellvertreterin Christine Haberlander.
Sicherheit durch Datenschutz
Wer sich jetzt Sorgen, um seine Privatsphäre macht: Alle Daten werden DSGVO-konform verarbeitet. Die Bilddaten verbleiben ausschließlich im System von Emergency Eye und nicht beim Roten Kreuz. Die Nutzung erfolgt außerdem ausschließlich mit Zustimmung der Betroffenen. Lediglich Metadaten und der Chatverlauf werden auf begrenzte Zeit beim Roten Kreuz vorgehalten.
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