LINZ. Die Zeit im Homeoffice ist für viele vorbei. Es heißt wieder Arbeitskleidung statt Jogginghose und zurück in den hektischen Berufsalltag. Sabrina Fleisch, Angst- und Stressbewältigungstrainerin aus Linz, hat Übungen für die schnelle Entspannung im Büro parat. Aber vorne weg: „Man muss nicht immer alles selber machen, man darf auch mal „Nein“ sagen oder etwas abgeben. Stress machen wir uns selbst – Stress entsteht im Kopf“, betont Sabrina Fleisch.
„Man steht im Stau, der Drucker funktioniert nicht, das Telefon klingelt ununterbrochen, der Papierstapel am Schreibtisch wächst, ein Kunde beschwert sich, die Jause hat man zuhause liegen lassen und dann ist auch noch die Kaffeemaschine defekt – es gibt zahlreiche Stressauslöser im Berufsalltag“, weiß Sabrina Fleisch. Zum Glück gibt es gleich mehrere Übungen, die nur wenige Minuten in Anspruch nehmen und den Stress sofort reduzieren.
Entspannung auf Knopfdruck
So bringt das Drücken bestimmter Punkte am Körper innerhalb kürzester Zeit Entspannung. Der sogenannte Notfallpunkt liegt in der Mitte der Handinnenfläche. Einfach so lange drücken, bis man zur Ruhe gekommen ist.
Am Handrücken zwischen Daumen und Zeigefinger befindet sich die „Talsenke“. Zehn Sekunden mit dem Daumen auf die Stelle drücken, zwei Sekunden Pause, dann den Druck wieder erhöhen und danach die Seite wechseln.
Zur Entspannung atmen
Wer gestresst ist, atmet schneller. Wer seine Atmung also bewusst verlangsamt, kann sich zur Entspannung atmen: sieben Sekunden einatmen, acht Sekunden Atem anhalten und neun Sekunden ausatmen. Fünf Wiederholungen sollten helfen, das gewünschte Level an Entspannung zu erreichen. Es hilft auch, beim Ausatmen zu denken „Ich atme Anspannung aus“ und beim Einatmen „Ich atme Entspannung ein“.
Entspannung durch Glaubenssätze
Glaubenssätze sind Sätze, die man glaubt oder glauben möchtest. Glaubenssätze sind eine wirkvolle und anerkannte Methode, für den Stressabbau und gehören zur Autosuggestion. Neu formulierte Glaubenssätze funktionieren wie eine Gehirnwäsche: Man sagt sich einen Glaubenssatz solange vor, bis man ihn glaubt. Beispiele könnten sein: „Ich bin in jeder Situation ruhig und gelassen“, „Ich bin entspannt“, „Ich schaffe es“, „Ich bin stark“. Den jeweiligen Satz zehnmal hintereinander vorsagen – ob laut, nur in Gedanken oder schriftlich am Papier. “Du wirst merken, wie positiv sich diese Worte anfühlen und wie sie in kurzer Zeit deinen Stress reduzieren“, erklärt Sabrina Fleisch.
Entspannung durch Dankbarkeit
Dankbarkeit ist der Erfolgsfaktor für ein glückliches, zufriedenes Leben. „Wenn wir uns auf die Dinge konzentrieren, die wir haben und nicht den Fokus auf die Dinge legen, die schlecht laufen und uns belasten, dann fühlen wir nicht nur Entspannung, sondern auch Zufriedenheit und Dankbarkeit“, erklärt die Stressbewältungstrainerin. Beginnend mit „Ich bin dankbar für...“ schreibt man 15 Dinge auf einen Zettel, für die man dankbar ist. Beispiele können sein: Ich bin dankbar für meine zwei gesunden Hände, für das Dach über meinem Kopf, für meinen liebevollen Partner, für meine großartigen Kinder. Ich bin dankbar, dass ich überhaupt noch einen Job habe. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, die ich gerade bekommen habe, meinen Umgang mit Stress verbessern zu können.
Entspannung mithilfe der Vorstellungskraft
Hände vors Gesicht halten, Augen schließen und die schönsten Erinnerungen gedanklich vor Augen holen: der letzte Urlaub, wie man am Strand sitzt und eine Kokosnuss schlürfst, die Geburtstagsfeier, auf der man vor Lachen Bauchschmerzen hattest, an das „Ich liebe dich“ des Partners.
Entspannung durch die Aktivierung der Sinne
Beim „Erden“ (Grounding) nutzt man seine fünf Sinne, um von Stressgedanken wegzukommen. „Finde fünf Dinge, die du sehen kannst. Versuche diese gedanklich genau zu beschreiben“, erklärt Sabrina Fleisch. Wie sieht die Farbe aus? Welche Besonderheiten gibt es? „Versuche diesen Gegenstand einem Blinden zu beschreiben, sodass er diesen nachmalen kann.“
Dann vier Dinge, die man fühlen kann. Wie fühlt sich das Material an? Welche Adjektive beschreiben den Gegenstand?
Dann drei Dinge, die man hören kann. Es kann ein Vogelzwitschern, ein Bürostuhl, die Kleidung, ein Gespräch oder das Geräusch eines Telefons sein.
Dann zwei Dinge, die man riechen kann - an der Tasse, der Kleidung, dem Drucker etc. „Versuche auch hier den Geruch gedanklich in Worte zu fassen und den Unterschied in den Gerüchen wahrzunehmen“, betont die Linzerin.
Zuletzt, ein Ding, das man schmecken kann. Frage dich: Wo nimmst du den Geschmack wahr? Wie würdest du diesen einer anderen Person beschreiben?
Entspannung durch Zehenwackeln
Mit Zehenwackeln kann man in belastenden Situationen sofort eine psychische und physische Entspannung erreichen. Zudem wird durch das Zehenwackeln die Muskelanspannung und die häufig unbewusste, stressbedingte Muskelstarre gelöst. Auch mit angezogenen Schuhen kann man hervorragend mit den Zehen wackeln, den Stress vertreiben und somit deine Entspannung fördern.
Lachen entspannt
Ein Lachen hat eine äußerst entspannende Wirkung. Denn beim Lächeln, egal ob echt oder gekünstelt, glaubt das Gehirn, dass es einem gut geht. Denn in einer bedrohlichen, angsteinflößenden oder stressigen Situation würde man nicht lachen, deshalb ist die jetzige Situation nicht so schlimm – du lachst ja! Deshalb: Eine Minute durchlachen. Am besten sieht man sich dabei noch in den Spiegel, das hilft, das Lachen aufrecht zu halten. Das funktioniert wunderbar im Auto, auf der Toilette (wem es am Arbeitsplatz unangenehm ist), morgens im Bett, beim Zähneputzen oder auf der Couch. „Du wirst merken, wie dein Körper nach dieser 1 Minute Freude und Entspannung erlebt“, so die Stressbewältigungstrainerin.
Entspannung durch den Fernblick
Durch die Arbeit am Computer ist der Blick ständig auf einen kleinen Bildschirm fokussiert, das ist für die Entspannung nicht hilfreich. Deshalb, Blick abwenden und den entferntesten Punkt suchen, den man sehen kann. Danach mit den Augen weitere entfernte Punkte abwandern. Das wirkt beruhigend, entspannt die Augen und hilft beim Stressabbau.
Entspannung durch Fragetechnik
Stress macht man sich selbst. Stress entsteht im Kopf, wenn man glaubt, nicht genügend Fähigkeiten zu haben, um eine herausfordernde Situation bewältigen zu können (z.B. „Ich kann das nicht“) oder die „Bedrohung“ als zu gefährlich einstufen (“Das ist viel zu viel“). Wer sich folgende Fragen in dieser Reihenfolge stellt, wird merken, wie das Stresslevel sinkt:
1. Ist dieser Stress-Gedanke hilfreich? Nein, ist er nicht.
2. Ist er zu 100 % wahr? Nein
3.Warum nicht? Ich habe viele Stärken. Wenn ich etwas will, schaffe ich es auch. Ich habe schon vieles geschafft. Ich stelle es mir schlimmer vor, als es ist.
4. Wie lautet ein alternativer, hilfreicher Gedanke? Erst einmal versuchen. Ich gebe mein Bestes. Ich mache, was ich schaffe.
Entspannung durch Bewegung
Wer Stress oder Angst empfindet, mobilisiert Energie, denn der Körper bereitet sich auf die Bekämpfung einer Bedrohung vor. Beim Tippen in einen Computer, wird die mobilisierte Energie nicht abgebaut. „Wir müssen uns bewegen. Denn auch schon in der Steinzeit, wenn die Bedrohung zum Beispiel ein Mammut war, haben wir gekämpft oder sind weggelaufen und damit die Stress-Energie abgebaut“, erklärt Sabrina Fleisch. „Ob du von nun an mit dem Rad oder zu Fuß zur Arbeit kommst, in der Pause ein paar Liegestütze oder Kniebeugen machst, in der Pause eine Runde spazieren gehst, die Treppen nimmst oder einfach nur für 10 Sekunden Muskel an- und entspannst, du wirst fühlen, dass sich die Anspannung durch ein paar Minuten mehr Bewegung im Alltag merklich löst.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden