Krippe im Dom: neu restauriert und ab sofort auch virtuell erlebbar
LINZ. Die Krippe im Mariendom Linz ist ein Werk des Münchner Bildhauers und Künstlers Sebastian Osterrieder und zählt mit zwölf Metern Länge und fünf Metern Tiefe zu den größten und wertvollsten Krippenanlagen weltweit. Nach einer umfangreichen Restaurierung in den vergangenen zwei Jahren wurde die Krippe nun rechtzeitig zur Adventzeit fertiggestellt. Eine Kooperation mit dem Ars Electronica Futurelab macht es möglich, das wertvolle Kulturgut auch virtuell zu erleben.
Bei einer Befundung zu Jahresbeginn 2020 wurde festgestellt, dass bei der Krippe im Dom nach über 100 Jahren erstmals umfangreiche konservatorische und restauratorische Maßnahmen notwendig waren. Staub, Schimmel und Firnisschäden, abgebrochene Teile, Risse, Farbveränderungen und -ausbrüche – die Zeit hatte ihre Spuren hinterlassen und der Krippe zugesetzt. Behutsam und sorgfältig wurden daher in den vergangenen beiden Jahren die über 80 Figuren, die Krippenlandschaft sowie die Hintergrundmalereien in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt umfangreich und sorgsam restauriert. Die Kosten belaufen sich auf rund 300.000 Euro.
Im Bereich der Krippenfiguren umfassten die Arbeitsschritte sowohl die Oberflächenreinigung als auch die Festigung der Malschicht sowie bildhauerische Ergänzung von fehlenden und/oder abgebrochenen Füßen, Händen, Ohren usw. Notwendig war bei einzelnen Figuren auch eine farbliche Integration von vorhandenen Fehlstellen und eine Neufassung der ergänzten Teile. Diese Maßnahmen wurden vom Wiener Atelier Prenner & Scheel durchgeführt. Die Arbeiten an den Korkkrippenbauten mit der Darstellung der Grotte und der Stadt Bethlehem wurden von der Holzrestauratorin Petra Gröger ebenfalls in Wien sowie vor Ort durchgeführt. Eine große Herausforderung stellte die Restaurierung der drei großen Hintergrundgemälde dar. Sie zeigen die Stadt Bethlehem und ihre umgebende Landschaft um 1900 und wiesen aufgrund des oftmaligen Auf- und Abbaus der Krippe in den ersten Jahren starke Beschädigungen auf. Die Restaurierung dieser Bilder wurde mit großer Sorgfalt im Arsenal des Bundesdenkmalamtes durchgeführt.
Krippe verändert sich im Laufe des Advents
Ab 26. November erstrahlt nun die gesamte Krippe wieder in neuem Glanze und kann im Advent täglich von 11 bis 17 Uhr in der Krypta des Mariendoms besichtigt werden.
Dabei zeigt sie sich im Verlauf des Advents in unterschiedlicher Darstellung. Während der Adventzeit, der Zeit der Erwartung, fehlt die Heilige Familie in der Krippendarstellung. Erst am 24. Dezember sind Maria und Josef mit einem neugeborenen Jesuskind zu sehen. Drei Engel „beschützen“ die Krippe und vor der Krippe stehen oder knien Hirten mit Tieren und den Gaben, die sie dem Kind darbringen. Ab 6. Jänner ist Jesus in der Dreikönigsfiguration der Heiligen Familie als zweijähriges Kind dargestellt und die Weisen aus dem Orient mit ihrem Gefolge sowie Elefant, Kamele und Pferde ergänzen die Szenerie.
Weltweit einzigartig: die Krippe im Dom als audiovisuelles 3D-Erlebnis
Ab sofort ist es möglich, die Krippe im Dom auch als audiovisuelles 3D-Erlebnis kennenzulernen. „Wir laden die Besucherinnen und Besucher ein, den Krippenfiguren auf Augenhöhe und in Lebensgröße zu begegnen und so an der Krippenszenerie teilzuhaben. Es ist faszinierend, die Gesichtsausdrücke, die Mimik und die unzähligen Details, die man sonst beim Besuch der Krippe gar nicht erkennen kann, aus nächster Nähe betrachten zu können“, freut sich Dommeister Clemens Pichler. Der 360-Grad-Einblick in die Krippe erlaubt es, von außen in die Krippengeschichte einzutauchen und diese aus verschiedenen Perspektiven zu erleben. Texte von Dompfarrer Maximilian Strasser beleuchten ausgewählte Figuren und ihre Geschichten.
Möglich gemacht wurde dieses einzigartige Projekt durch eine Kooperation mit dem Ars Electronica Futurelab. Mithilfe einer neuartigen Vermessungs- und Konservierungsmethode, der Photogrammetrie, wurden von Dominik Juchum und seiner Multimedia-Agentur sämtliche Figuren, aber auch die komplette Krippenarchitektur sowie die Hintergrundgemälde von allen Seiten fotografiert: „Die Herausforderung dabei war es, die vielen reflektierenden und schimmernden Oberflächen der so detailreich gefertigten Figuren einzufangen und das Endprodukt dabei so realitätsgetreu wie nur möglich abzubilden. Manche Figuren benötigten bis zu 500 Fotos, um den Reflexionen entgegenwirken zu können und gleichzeitig einen hohen Detailgrad zu erreichen. Eine Figurengruppe wie die Heilige Familie verlangt mehrere Aufnahmesets und kann vom ersten Positionieren bis zum fertigen Modell schon vier bis fünf Stunden in Anspruch nehmen.“
Auf Basis dieser unzähligen Fotografien aus unterschiedlichsten Perspektiven wurde anschließend ein 3D-Modell der gesamten Krippe errechnet. Dieses dient in erster Linie der Bestandssicherung und Dokumentation für zukünftige Generationen. „Dank der Digitalisierung wird die Krippe als theologisches, kultur- und kunsthistorisches Kulturgut gesichert und für die Zukunft dokumentiert. Zusätzlich bietet es uns aber einzigartige Möglichkeiten, den Menschen die Geschichte der Figuren zugänglich und erlebbar zu machen“, so Projektleiter Stefan Mittlböck-Jungwirth-Fohringer vom Ars Electronica Futurelab.
Erstmals präsentiert wird das interaktive und audiovisuelle Erlebnis im Rahmen von Ars Electronica Home Delivery bei Deep Space LIVE am 2. Dezember um 19 Uhr. Dabei erwartet die Zuseherinnen und Zuseher eine theologische und kunsthistorische Betrachtung der Krippe im Dom mit Petra Weiss (Bundesdenkmalamt/Abteilung für OÖ), Dompfarrer Maximilian Strasser und Stefan Mittlböck-Jungwirth-Fohringer vom Ars Electronica Futurelab. Abgerufen werden kann das Angebot auf https://ars.electronica.art/homedelivery/de/.
Unterstützung durch Patenschaften und Geschenksideen
Im Bezug auf die Finanzierung bittet die Initiative Pro Mariendom um Unterstützung durch die breite Öffentlichkeit. Eine Möglichkeit zu helfen, ist die Übernahme einer Patenschaft für eine Krippenfigur. Als Dankeschön erhalten die Paten ihre Figur als Miniaturausgabe und haben so ein Stück Weihnachtsgeschichte immer bei sich zuhause. Für alle, die auf der Suche nach regionalen und nachhaltigen Geschenken sind, gibt es mit „Schaf-Gabe“, „Stern-Hagel-Voll“ und mehr Geschenkideen mit Krippenbezug.
Erworben werden können Patenschaften und Pakete auf www.krippeimdom.at und im DomCenter am Domplatz (voraussichtlich ab 18. Dezember 2021 wieder geöffnet).
Geschichte der Krippe im Dom
Die Krippe im Mariendom Linz zählt als orientalische Krippe zu den eindrucksvollsten und größten ihrer Art und wurde vom Münchner Bildhauer und Künstler Sebastian Osterrieder geschaffen. Dieser erhielt 1908 vom damaligen Bischof Franz Maria Doppelbauer den Auftrag, zuerst die Geburtsgrotte mit den dazugehörigen Figuren zu liefern und die Krippe danach Jahr für Jahr zu erweitern. Zu Weihnachten 1913 war das Werk vollendet und wurde anfänglich vor dem Herz-Mariä-Altar jedes Jahr auf- und wieder abgebaut, was trotz aller Vorsicht zu Beschädigungen führte. Seit 1921 steht die Krippe fix an ihrem Platz in der Krypta des Mariendoms.
Detailreich erzählt Osterrieder, der für seine naturgetreuen Darstellungen auch die Strapazen einer Reise ins Heilige Land auf sich genommen hatte, mit den Figuren und Gemälden die Weihnachtsgeschichte. Die rund 80 Figuren sind aus Lindenholz gefertigt, farblich gefasst und metallisiert. Gemeinsam mit dem kunstvoll gefertigten Strahlenkranz, der Landschaftsarchitektur und den Hintergrundgemälden bilden sie eine der größten Krippenanlagen der Welt.
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