Help-Mobil in Linz: Zahl der Kontakte zu Obdachlosen hat sich seit 2015 verdoppelt
LINZ. Das Help-Mobil der Caritas OÖ, des Samariterbundes Linz, der Barmherzigen Schwestern Linz, des Lazarus-Ordens Hilfsdienst OÖ und des Roten Kreuzes Linz, ist bereits seit zehn Jahren im Einsatz, um wohnungslosen Menschen in Linz zu helfen. Hunderte wurden dieses Jahr - unabhängig davon, ob die Betroffenen sozialversichert sind - von Ehrenamtlichen medizinisch versorgt. Die Initiative ist auf Spenden angewiesen.
„Wohnungslose Menschen haben zum Großteil keinen Versicherungsschutz oder scheuen sich davor, eine Arztpraxis aufzusuchen“, so Maria Knapp von der Caritas Oberösterreich. Mit der „Hilfe auf vier Rädern“ wurde 2014 ein niederschwelliges Hilfsangebot für Obdachlose in Linz geschaffen. Ärzte, Pflegekräfte und Sozialarbeiterinnen leisten ehrenamtlich medizinische Basisversorgung, auch wenn die Betroffenen nicht versichert sind. Sie schenken Essen (beispielsweise Weckerl von der Bäckerei Fenzl) und Getränke und geben - wenn nötig - auch Schlafsäcke und Kleidung aus.
Wohnungslose Menschen besonders gefährdet
„Die Gesundheit von Menschen, die auf der Straße leben, ist besonders gefährdet“, weiß Marion Huber, Vorstandsmitglied der Caritas OÖ, denn: „Eine einfache Verkühlung - die auf der Straße nicht auskuriert werden kann - führt ohne medizinischer Versorgung leicht zu einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung.“ An Bord des Help-Mobils sind deshalb insgesamt 40 Ehrenamtliche, darunter acht Ärzte und sieben diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, um unter anderem Medikamente auszugeben und Bandagen zu wechseln.
Im Falle einer Operation oder einer schweren Krankheit können Betroffene im Krankenzimmer in der Reindlstraße in Urfahr für drei bis fünf Wochen unterkommen. Die Anzahl der Betten ist jedoch auf vier begrenzt.
Zahl der Kontakte seit 2015 verdoppelt
Das Help-Mobil macht an drei Standorten in Linz zweimal pro Woche Station: Montagabends und freitagabends am Domplatz, in der Kärntnerstraße und am Martin-Luther-Platz. Aktuell suchen rund 25 Personen pro Haltestelle den Bus auf. 2023 wurden so 3.345 Kontakte zu 545 unterschiedlichen Personen gezählt, heuer waren es bis jetzt 418. 25 Prozent davon sind Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, 22 Prozent kommen zum Beispiel aus Rumänien.
Im Vergleich zu den Anfangsjahren (2015) hat sich die Zahl der Kontakte von 1.550 auf 3.345 mehr als verdoppelt.
„Erschreckend ist außerdem, dass 84 Prozent der Menschen, die den Bus aufsuchen, nicht versichert sind“, berichtet Huber aus der Praxis.
Aus Erfahrung weiß Gertrud Krauter, pensionierte Ärztin und ehrenamtlich im Help-Mobil im Einsatz: „Die Menschen, die zu uns kommen sind, sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, multikulturell, mit verschiedenen persönlichen Geschichten, teils auch geprägt von ihren Lebenskämpfen, - was sich auch in der Schilderung von Beschwerden äußert und den verschiedenen Ansprüchen.“
Finanzierung durch Spenden
Der Betrieb des Help-Mobils finanziert sich ausschließlich durch Spenden, mit dem Geld werden Medikamente und Verbandsmaterial gekauft: Vergangenes Jahr gaben Ehrenamtliche 4.951 Packungen Medikamente an obdachlose Menschen aus. Besonders im Winter sind auch Sachspenden wie Socken, Hauben, Fäustlinge, Iso-Matten, Schlafsäcke und Decken gefragt. Durch eine Crowdfunding-Spendenaktion konnte 2018 der alte Rettungswagen durch einen neuen Bus - dem heutigen Help-Mobil - abgelöst werden.
Kritik an Bund und Land: „Gesundheitsversorgung staatliche Aufgabe“
„Dass wir seit zehn Jahren mit dem Help-Mobil Menschen am Rande der Gesellschaft unterstützen können, ist natürlich Anlass zur Freude. Gleichzeitig ist es aber auch ein Anlass zur Kritik, dass diese Hilfe nach wie vor spendenfinanziert ist und auf ehrenamtlichen Einsatz beruht“, sind sich Huber und Paul Reinthaler, Bezirksgeschäftsstellenleiter des Roten Kreuzes in Linz, einig, „In einem Sozialstaat wie Österreich sollte die Gesundheitsversorgung eine grundlegende staatliche Aufgabe sein. Dass es hier Spenden braucht, zeigt, dass leider nach wie vor eine Ungleichheit besteht.“
„Österreichweit einzigartige Kooperation“
Die Idee des Help-Mobils wurde umgesetzt, als 2014 ein wirklich kalter Winter prognostiziert wurde und bereits im Herbst erste Obdachlose mit extrem niedriger Körpertemperatur in den Straßen Linz von den Rettungsdiensten gefunden wurden: „Es begann eine österreichweit einzigartige Kooperation - die Barmherzigen Schwestern, der Lazarus-Orden, die Caritas, das Rote Kreuz und wir als Arbeiter-Samariter-Bund Gruppe Linz haben auf kurzem Weg beschlossen, unbürokratisch und schnell zu helfen“, erläutert Michael Kaindleinsberger, Leiter für Soziale Dienste der Arbeiter-Samariter-Bund Gruppe Linz, die Anfänge.
„Hilfe gegen Ausgrenzung“
Der Orden des Heiligen Lazarus zu Jerusalem unterstützt das Help-Mobil von Anfang an. Hervorgegangen ist die Partnerschaft durch das Engagement des Lazarus-Orden Hilfsdienstes beim Vinzenzstüberl, wo Ordensmitglieder regelmäßig Speisen an Bedürftige ausgegeben haben. Auch heute noch können wohnungslose Menschen im Vinzenzstüberl duschen oder frische Kleidung bekommen. „Die christliche Nächstenliebe treibt uns als christlichen Laienorden an, genau diesen Menschen am Rande der Gesellschaft ihre Würde und die nötige Hilfe zu geben“, so Michael Karner, Obmann des Lazarus-Orden Hilfsdienst Österreich.
Zahnärzte gesucht
Insgesamt haben die Mitarbeitenden den Eindruck, dass das ehrenamtliche Engagement über die Jahre zugenommen hat. „Wir freuen uns über jede helfende Hand“, sind sich die Vertreter der Hilfsorganisationen einig. Aber: „Was es eventuell wirklich noch bräuchte, wäre ein Zahnarzt“, so Gabriele Waldner, ehrenamtliche Fahrerin beim Samariter-Bund. „Teilweise ist der Zustand der Zähne bei Betroffenen sehr besorgniserregend. Viele von ihnen haben Schmerzen und Entzündungen, die sich später auf den ganzen Körper auswirken können.“
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