"Wir alle sind die Landwirtschaftsstrategie (für) Oberösterreich 2030"
OÖ. Mit rund 30.000 landwirtschaftlichen Betrieben ist Oberösterreich ein pulsierendes Agrarland. Damit das auch in zehn Jahren noch so ist, präsentiert Landesrat Max Hiegelsberger die Strategie „Zukunft Landwirtschaft 2030“ mit notwendigen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für die relevanten Partner Bauern, Medien, Politik und Konsumenten. Die unmissverständliche Botschaft darin: Nur wenn alle an einem Strang ziehen, wird die Zukunft 2030 möglich sein.
Nach zwei sehr schwierigen Einkommensjahren in der Landwirtschaft, war es für Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger vordringlich das Gesamtsystem Landwirtschaft auch im Bezug auf Politik, Medien und vor allem die Konsumenten in eine neue Form zu bringen. Im Frühjahr 2019 startete er einen Nachdenkprozess, in dem eine Vielzahl an Bauern, Experten aus der Agrarbranche, Konsumenten, Medienvertreter als auch Wissenschaftler eingebunden waren.
„Die oberösterreichische Landwirtschaft hat eine Vorreiterrolle inne. Unsere Familienbetriebe schaffen es, ihre Produktionskraft in einer herausfordernden Zeit hochzuhalten und die Erwartungen der Gesellschaft in Punkto Qualität und Naturschutz bestmöglich zu erfüllen. Damit dieses Modell der Landwirtschaft auch im Jahr 2030 noch Bestand hat, braucht es eine klare Strategie“, erklärt Hiegelsberger, und weiter: „Der Strategieprozess »Zukunft Landwirtschaft 2030« hat Zukunftsszenarien der Land- und Forstwirtschaft in Oberösterreich erarbeitet. Darauf aufbauend entstand eine gemeinsam entwickelte und getragene Strategie, die nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen der Bäuerinnen, Bauern und Stakeholdern verankert ist.“
„Wir alle sind die Landwirtschaftsstrategie“
Sechs Dialogplattformen, neun Fokusgruppen und zwei World Cafés mit insgesamt rund 1.500 Bauern, Konsumenten sowie Medien- und Branchenvertretern ermöglichten vielseitige und tiefe Einblicke in die Praxis der oö. Land- und Forstwirtschaft. „Die Beteiligung seitens der Bäuerinnen und Bauern hat uns selbst positiv überrascht. Sie zeigt aber eines sehr genau: Unsere bäuerlichen Betriebe beschäftigen sich stark mit der eigenen betrieblichen Zukunft, haben konkrete Wünsche und Ideen“, so Hiegelsberger.
Zentrale Frage bei allen Veranstaltungen war, welche Maßnahmen es braucht, um die Vision einer erfolgreichen Landwirtschaft 2030 zu verwirklichen. „Wir haben also nicht versucht, das abzusichern, was wir haben und uns bestätigen zu lassen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, sondern haben versucht Antworten zu finden, was eine Landwirtschaft braucht, die auch 2030 die Bevölkerung hochqualitativ ernähren möchte und welche Einkommenssituation dies auch zulässt“, so Hiegelsberger.
Alle am Strategieprozess Beteiligten waren sich einig: Das gemeinsame Zukunftsbild einer erfolgreichen Landwirtschaft 2030 kann von den Bauern allein nicht erreicht werden. Nötig ist das Zusammenwirken der vier maßgeblichen Partner: Bauern, Medien, Politik und Konsumenten. Nur wenn diese vier gemeinsam an einem Strang ziehen und Mut zur Veränderung beweisen, werde die Zukunft 2030 möglich sein. Bürokratieabbau, Existenzsicherung, zeitgemäße Beratungs-, Informations- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Vernetzung, Kooperation und Dialog statt Konkurrenz. Das sind die Kernpunkte für eine erfolgreiche und nachhaltige Weiterentwicklung der oberösterreichischen Land- und Forstwirtschaft. Die unmissverständliche Botschaft daraus: „Wir alle sind die Landwirtschaftsstrategie Oberösterreich“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Die Zukunft in Maßnahmen gegossen
Ein Forscherteam rund um Siegfried Pöchtrager, Julia Anna Jungmair und Vera Kasparek-Koschatko von der Universität für Bodenkultur Wien erarbeitete und begleitete den Strategieprozess. Die Ergebnisse – 250 Seiten Mitschriften, mehr als 50 Stunden Audioaufzeichnung, knapp 200 Zitate – galt es in eine Strategie, einen Fahrplan bis 2030, zu verdichten. „Unser Strategiepapier ist mit 90 Seiten recht ausführlich geworden. Noch knapper hätten wir die Vielzahl an Ideen, Maßnahmen und Ziele aber kaum darstellen können. Unsere Herausforderung war es schließlich, den Weg hin zu einer Landwirtschaft, wie wir sie im Jahr 2030 haben möchten, in konkrete Maßnahmen zu gießen und dadurch greifbar zu machen“, fasst Strategieleiter Siegfried Pöchtrager, denn „Henry Ford hat gesagt, wenn du nur das tust, was du kannst, bleibst du immer was du bist. Wir haben sehr mutig den Horizont größer gespannt.“
Aufgaben für alle Partner
Das Strategiepapier enthält insbesondere für die vier relevanten Partner Landwirtschaft, Medien, Politik und Konsument eine Vielzahl an notwendigen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen, um die definierten Ziele zu erreichen.
Die Landwirtschaft müsse geschlossen auftreten, damit sich die Produzenten nicht gegenseitig ausspielen und am Ende der Handel gewinnt. „Wir müssen raus aus der Neiddebatte war ein klares Credo der Bauern“, so Pöchtrager. Jeder innovative Bauer sichere das Image und die Wertschätzung der ganzen Branche. Zur Zielerreichung zeigt jeder Bauer unter anderem ein selbstbewusstes Bekenntnis zur eigenen Arbeitsleistung und zu den vielfältigen Angeboten der Land- und Forstwirtschaft, behält die betriebliche Wirtschaftlichkeit durch Aufzeichnungen, Zielformulierungen und marktorientierte Produktion im Blick, erkennt den direkten Kundendialog als Wettbewerbsvorteil bäuerlicher Familienbetriebe, nimmt die Öffentlichkeitsarbeit selbst in die Hand und stärkt sein Fachwissen.
Im Bezug auf die Medien heißt es unter anderem Schulungs- und Informationsangebote für Journalisten zur Stärkung des Branchenverständnisses auszubauen, Möglichkeiten zum unabhängigen Informationsaustausch mit Journalisten einzurichten und die Denkweise „Aktion statt Reaktion“ durch ausdrucksstarke Bilder und Botschaften in der Berichterstattung zu verankern. Es brauche mehr als Pressekonferenzen, bei denen Journalisten gefilterte Informationen erhalten.
Umzusetzende Maßnahmen für die Politik sind eine regelmäßige Berichtslegung und Informationsweitergabe über den Arbeitsfortschritt der Agrarpolitik und Interessensvertretung zu, geben, eine ehrliche Klimadiskussion inkl. CO2 Kennzeichnung aus der Landwirtschaft auf die politische Agenda zu setzen und innovative sowie zeitgemäße Bildungs- & Beratungsangebote auf die Bedürfnisse der Land- und Forstwirtschaft anpassen. Landwirtschaft im Jahr 2030 solle das tun dürfen, wofür die Landwirtschaft zuständig ist: Die Leute ernähren.
Die Konsumenten sind die stolzen Partner in der Vision Zukunft Landwirtschaft 2030. Sie nehmen ihre Verantwortung wahr, in dem sie sich beim Einkauf bewusst für regionale Lebensmittel entscheiden, damit ihren Einfluss auf das heimische Sortimentsangebot nutzen und sie eine Mehrpreisbereitschaft für heimische Lebensmittel zeigen, auch im Außer-Haus-Verzehr. Jetzt sei der Zeitpunkt vieles umzusetzen, weil die Konsumenten jetzt sensibilisiert sind. Themen wie der Klimawandel etc. liegen am Präsentierteller.
Die nächsten Schritte
Die gesamten Ergebnisse des Strategieprozesses Zukunft Landwirtschaft 2030 finden sich im Strategiepapier. „Mit diesem Strategiepapier halten Sie aber nicht den Abschluss eines Projektes in den Händen, sondern den Beginn eines neuen Prozesses: Die Umsetzung der Maßnahmen“, so Abteilungsleiter Hubert Huber. Ganz nach dem Motto von Mahshid Sotoudeh, Forscherin am Institut für Technikfolgen-Abschätzung und eine der Vortragenden des Strategieprozess: „Es wird möglich sein, wenn wir es wollen.“
Die gesammelten Inhalte ergeben eine umfangreiche Aufgabenliste für die kommenden Jahre. „Es ist nun unser gemeinsamer Auftrag, die Strategie mit Leben zu erfüllen. Als ersten Schritt werden wir die Ergebnisse in jeweils eigenen Veranstaltungen in den vier Vierteln des Landes präsentieren. Ziel ist es, möglichst alle Bäuerinnen und Bauern auf unserem Weg mitzunehmen, nur dann lassen sich die definierten Ziele auch realisieren“, erläutert Huber: „Eine eigene Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Land- und Forstwirtschaft, engagierten Bauern und Bäuerinnen aus den Diskussionsgruppen und Vertretern bäuerlicher Organisationen, wird die Umsetzung der Maßnahmen vorantreiben und regelmäßig darüber berichten.“
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