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Pilotprojekt gestartet: erste betreuende Angehörige angestellt

Nora Heindl, 08.09.2021 11:29

OÖ/OTTNANG. Mit Cornelia Lexa aus Thomasroith/Ottnang hat am 1. September die erste betreuende Angestellte ihr Dienstverhältnis aufgenommen. Das Pilotprojekt des Landes OÖ richtet sich vorerst für ein Jahr an Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung mit entsprechend hohem Pflegebedarf. In der ersten Phase werden bis zu 30 Personen angestellt, Anträge können noch 20. September gestellt werden.

V. l.: Cornelia Lexa, die erste in OÖ angestellte betreuende Angehörige, Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer und Judith Müller-Essilfie (Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr)
V. l.: Cornelia Lexa, die erste in OÖ angestellte betreuende Angehörige, Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer und Judith Müller-Essilfie (Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr)

Gerade bei hohem Pflegebedarf sind Betreuungsleistungen meist nicht mit einer beruflichen Tätigkeit vereinbar. Die Folgen sind oft (Alters-)Armut oder finanzielle Abhängigkeit vom Partner bzw. von der Partnerin. Anstatt Betreuung und Pflege rein als familiäre Angelegenheit zu betrachten, hat Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer in Oberösterreich ein innovatives Anstellungsmodell realisiert, das sich in einer ersten Pilotphase an Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen und entsprechend hohem Pflegebedarf richtet. Großer Mehrwert für die betreuenden Angehörigen: sie werden umfassend sozialversicherungsrechtlich abgesichert und erwerben Pensionszeiten.

Die erste betreuende Angehörige, die mit 1. September 2021 ein Dienstverhältnis aufgenommen hat, ist Cornelia Lexa aus Thomasroith: „Ich habe mich für das Pilotprojekt entschieden, weil es für mich eine Chance ist, ein weiteres Jahr bei meiner schwerkranken Tochter zuhause bleiben zu können, ohne dass ich Pensionszeiten verliere, da die Familienhospizkarenz auch schon fast ausgeschöpft ist. Nachdem unser Haushaltseinkommen durch den Wegfall der Hospizkarenz mit der Anstellung nahezu unverändert bleibt, ist es für mich vor allem die Möglichkeit, ganz für meine Tochter da zu sein und durch meine Arbeit Versicherungszeiten zu erwerben. Meine Tochter Madeleine hat zwei sehr seltene Gendefekte, eine metachromatische Leukodystrophie und eine Charcot-Marie-Tooth-Neuropathie. Durch einen Enzymmangel kommt es zu schweren Schädigungen und Zerstörung der Nervenzellen im Gehirn und der peripheren Nerven. Die Kombination der Erkrankungen kommt bisher weltweit in keinen Datenbanken vor, daher gibt es für Madeleine auch leider keine Therapie. Ich lebe in Ottnang am Hausruck in unserem eigenen Haus mit meinem Lebensgefährten und unseren Kinder Madeleine und Marcel.“

Das Anstellungsmodell im Detail

Im Pilotprojekt können bis zu 30 Personen ein vorerst auf ein Jahr befristetes Dienstverhältnis als betreuender Angehöriger erlangen. Das Beschäftigungsausmaß der Anstellung richtet sich nach der Pflegegeldeinstufung des Kindes und beträgt bei Pflegestufe 5 – der Mindesteinstufung für eine Teilnahme im Pilotprojekt – 25 Wochenstunden und bei Pflegestufe 7 – der maximalen Pflegegeldeinstufung – 30 Wochenstunden. Die zu betreuenden Kinder müssen mindestens drei Jahre alt sein, höchstens jedoch bis zur Beendigung des zehnten Schuljahres.

Die Entlohnung orientiert sich der Höhe nach an der Gehaltstabelle der Sozialwirtschaft Österreich, konkret an der Verwendungsgruppe 4. Bei einer Anstellung von 30 Wochenstunden ergibt das je nach anrechenbaren Vordienstzeiten ein Monats-Bruttogehalt zwischen 1.550 und 1.718 Euro sowie 13. und 14. Gehalt im Juni und im November des Pilotjahres. Als Beitrag für die Kosten der Betreuung sind 50 Prozent des jeweiligen Pflegegeldes zu leisten.

Verpflichtend ist für die Angestellten die Ausbildung zur Alltagsbegleitung. Damit soll der Handlungsspielraum der Angehörigen erweitert und die Qualität der Betreuung gesichert werden. Im Oktober 2021 beginnen in Linz und Gaspoltshofen die Ausbildungskurse im Berufsbild der Alltagsbegleitung.

Judith Müller-Essilfie, Leitung FAB Geschäftsfeld ProCase, in dem das Pilotprojekt Betreuende Angehörige angesiedelt ist, ist für die operative Umsetzung des Pilotprojektes im Verein IA - Integration von Personen mit Einschränkungen am Arbeitsmarkt verantwortlich: „Aktuell befinden wir uns schwerpunktmäßig in der Abklärungsphase möglicher Beschäftigungsverhältnisse. Wir klären mit den Familien die Modalitäten, die zu erfüllenden Kriterien und vergleichen die bestehende Betreuungssituation mit dem Anstellungsmodell. Verläuft diese Prüfung positiv, kommt es anschließend zu einem Hausbesuch durch eine Diplompflegefachkraft. Diese ermöglicht ein erstes Kennenlernen der/des betreuenden Angehörigen und des zu betreuenden Kindes mit Beeinträchtigung, sowie deren Familien. In weiterer Folge wird unter Anleitung der Fachkraft ein auf die Bedürfnisse des beeinträchtigten Kindes abgestimmter individueller Betreuungsplan erstellt.“ Unterstützung zuhause erhalten die betreuenden Angehörigen durch Vor-Ort Besuche einer qualifizierten Diplompflegekraft, die in zweiwöchigem Abstand stattfinden. 

Ausweitung auf Betreuung von Senioren angedacht

Eine begleitende Evaluierung des Pilotprojektes wird über die gesamte Projektlaufzeit hinweg durch Proqualis sichergestellt. Auf Basis der Evaluierung soll im Sommer 2022 über etwaige Anpassungen des Projektes bzw. über die Ausrollung entschieden werden. „Mit der Anstellung der ersten betreuenden Angehörigen leisten wir wertvolle Pionierarbeit in Oberösterreich. Nach einer erfolgreichen Evaluierung des Projektes will ich eine Ausweitung auf den Bereich der Betreuung von Seniorinnen und Senioren“, so Gerstorfer abschließend.

Für das Projekt sind seitens der Sozialabteilung des Landes OÖ Gesamtkosten in Höhe von 857.000 Euro veranschlagt.

Anträge können noch bis 20. September gestellt werden:

Verein IA – Integration von Personen mit Einschränkungen am Arbeitsmarkt

Muldenstraße 5, 4020 Linz

Betreuende.Angehoerige@integration.or.at

0664/88201138

Mo-Do 10-12 Uhr, Mo + Mi 13-15 Uhr


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