Nach 18 Jahren als AK-Präsident: "Der Moment ist da, um aufzuhören"
LINZ. Vor 18 Jahren hat Johann Kalliauer sein Amt als Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich angetreten. Jetzt ist die Zeit gekommen, um leiser zu treten. Und noch einmal einen Blick zurück zu seinen Anfangszeiten an der AK-Spitze zu werfen. „Für mich ist der Moment da, um aufzuhören und meine Funktion in jüngere Hände zu legen“, sagt der scheidende Präsident.
Eine gute Zusammenarbeit und der gegenseitige Respekt zwischen Arbeiterkammer und den Gewerkschaften war Kalliauer von Beginn an wichtig. „Wir haben in den vergangenen Jahren stets versucht, diese Kooperation auszubauen“, sagt der langjährige Präsident.
„Auch im Kontakt mit unseren Mitgliedern sind wir neue Wege gegangen“, sagt Kalliauer. So sind bei der sogenannten Kontaktoffensive AK-Mitarbeiter direkt in die Betriebe gegangen. Diese Offensive, die inzwischen mehrmals wiederholt wurde, ist in dieser Form einzigartig in Österreich. Hinzu kamen ein groß angelegtes Rechtsschutzprojekt, das neue Feld der Arbeitsbedingungen, aber auch die verstärkte Beratung in den Bezirken. Nicht zu vergessen laut Kalliauer, die Bildungsberatung, das Projekt „Du kannst was“, die Jugendschiene „Frag die AK“ oder auch das Startpaket Wohnen.
Der Anspruch, ein wesentlicher interessenpolitischer Player zu sein, hat Kalliauer als Präsident die ganzen Jahre angetrieben. So war die AK OÖ die erste Kammer, die Bürgerinitiativen gestartet hat. Auch das Thema Verteilung hat durch die Diskussion um die Vermögenssteuern eine neue Dimension erhalten. „Das ist von uns ausgegangen“, so Kalliauer.
Österreichweit anerkannt
Die AK OÖ hat in Sachen Interessenpolitik unter Präsident Kalliauer auch versucht, durch Instrumente, die inzwischen österreichweit anerkannt sind, Grundlagen für eine öffentliche Diskussion zu liefern. „Ich denke hier an den Arbeitsklima Index, den Kinderbetreuungsatlas, den Frauenmonitor und das Wertschöpfungsbarometer.“
Das gelte auch für das immer wieder heftig attackierte Schwarzbuch Arbeitswelt, bei dem es der AK OÖ nie darum gegangen sei, Unternehmen pauschal zu verurteilen. Kalliauer: „Wir haben nur aufgezeigt, dass es eine kleine Gruppe von notorischen Rechtsbrechern gibt, die keine Schonung verdienen.“ In Übereinkunft mit der Wirtschaftskammer wurde das Schwarzbuch vorerst ausgesetzt und es wird versucht, mit einer Clearingstelle diesen notorischen Rechtsbrechern gemeinsam Herr zu werden.
Frauenanteil bei fast 70 Prozent
Im Vergleich zum Jahr 2003 hat die AK OÖ heute um fast 170.000 Mitglieder mehr. So ist natürlich die Beratungsleistung gestiegen und der Vertretungserfolg wurde in den 18 Jahren unter Präsident Kalliauer verdoppelt. „Besonders stolz bin ich darauf, dass der hohe Frauenanteil inzwischen ein Markenzeichen der AK ist. Im gesamten Haus ist er inzwischen auf fast 70 Prozent angestiegen. Es ist uns auch gelungen, den Frauenanteil in den Leitungsfunktionen zu verdreifachen. So sind etwa im neuen, dreiköpfigen Direktionsteam mit Andrea Heimberger an der Spitze und Gerda Landsiedl als Stellvertreterin zwei Frauen“, betont Kalliauer.
Der Zahlenvergleich zeigt aber auch negative Entwicklungen: Aktuell gibt es in OÖ rund 6.000 Langzeitarbeitslose, im Jahr 2003 waren es lediglich 223. „Hier hat ganz eindeutig die Arbeitsmarktpolitik versagt“, kritisiert Kalliauer. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Bei einer Reihe von Kriterien liegt Oberösterreich im Bundesländervergleich weit zurück.
Funktionierende Sozialpartnerschaft
Dass die Sozialpartnerschaft in unserem Bundesland funktioniert, wurde einmal mehr bewiesen, als die Sozialpartner gemeinsam mit dem AMS und dem Land OÖ eine Corona-Stiftung initiiert haben. „Ich erwähne das deshalb, weil es einzigartig in Österreich ist, dass die Sozialpartner, vor allem auch die Wirtschaftskammer mit 750.000 Euro, viel Geld zur Verfügung gestellt haben. Auch der Hilfsfonds mit dem Land OÖ ist allen bekannt. Hier ist es nach längerer Anlaufzeit gelungen, fünf Millionen Euro aufzustellen“, so Kalliauer. Der wesentlichste Erfolg der Sozialpartnerschaft in Zeiten der Corona-Krise liege aber in der Adaptierung der Kurzarbeit. Innerhalb weniger Tage wurde dabei eine Lösung für die Beschäftigten in vielen Betrieben gefunden.
Ein ganz wichtiges Thema jetzt und in der Zukunft sei die Digitalisierung. „Entscheidend wird sein, wie wir uns als Interessenvertretungen und Gewerkschaften einbringen können“, sagt Kalliauer. In Sachen Digitalisierung hat die AK OÖ bereits mit dem Zukunftsfonds einen wegweisenden Schritt gesetzt. Innerhalb von fünf Jahren werden 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – für Projekte, die Arbeitnehmern zu Gute kommen.
Zwei Aspekte waren für Kalliauer die ganze Zeit über in der politischen Arbeit bedeutend. Da wäre zunächst einmal die Grundformel, dass es immer darum geht, dass die Menschen Arbeit wollen. Arbeit von der sie auch leben können. „Sie haben auch das Recht, für ihre Leistung eine Gegenleistung erwarten zu können, wenn es sich um Krankheit, Arbeitslosigkeit oder um eine ordentliche Pension handelt“, sagt Kalliauer, dem als zweiter Punkt wichtig ist, dass die Mitglieder von der AK keine Wunder erwarten können, aber „sie dürfen erwarten, dass wir uns ernsthaft mit ihren Anliegen auseinandersetzen und dass es kein Problem gibt, dass zu klein ist, um beachtet zu werden.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden