Klimakoordinator Oliver Schrot: „Die Transformation zu einer klimaneutralen Industriestadt ist eine Mammutaufgabe“

Anna Fessler Tips Redaktion Anna Fessler, 05.09.2022 10:09 Uhr

LINZ. Die „Climate Action Days“ laden am Freitag, 09. September und Samstag, 10. September unter dem Motto „Mach Klima zu deinem Thema“ zu einem breit gefächerten Programm ein. Tips hat mit dem Leiter der Klimastabsstelle Linz, Oliver Schrot, über die Herausforderungen seiner Arbeit gesprochen.

Oliver Schrot ist Linzer Klimakoordinator und Leiter der Klimastabsstelle. Einen großen Vorteil der Stabsstelle sieht Schrot in der Möglichkeit, in viele Bereiche hineinwirken zu können. So wird beispielsweise das Seniorenzentrum der Stadt Linz bei der Beschaffung von klimafreundlichen Produkten und Lebensmitteln für die Großküchen unterstützt.

Vernetzung mit anderen Bereichen

Auch könne in Bereiche gewirkt werden, die auf den ersten Blick nichts mit der Klimathematik zu tun haben. Damit spricht Schrot die Zusammenarbeit mit dem Integrationsbüro an: „Es ist wichtig, dass das Klimathema von allen, die Berührungspunkte damit haben, aufgegriffen wird, denn nur so kann die große Veränderung passieren in der Stadt – wenn alle, die können, etwas beitragen“, so der Klimakoordinator. Bei den Climate Action Days wird die Klimakrise in allen Sprachen, die in Linz gesprochen werden, sichtbar gemacht und angesprochen. Auch die Mitglieder des Migrations- und Integrationsbeirates werden vor Ort sein und sind für Gespräche offen.

„Klimasozial“ bedeutet auch die Einbindung der Linzer

Angesprochen auf den Zusatztitel der Climate Action Days, „Enquete für eine klimasoziale Stadt“, meint Schrot: „Gerade der Begriff 'Klimasozial', ist aktuell im Kommen, das Buchprojekt (Klimasoziale Politik – Eine gerechte und emissionsfreie Gesellschaft gestalten, herausgegeben von Attac, Armutskonferenz und Beigewum, Anm.d.Red.) inspiriert uns in unserer täglichen Arbeit. Es geht darum eine sozial gerechte, inklusive aber gleichzeitig ökologisch fortschrittliche Gesellschaft zu bauen, auch im Sinne der Nachhaltigkeit und mit viel Bürgerbeteiligung – unter diesem Motto steht ja auch die Veranstaltung“. Die Linzerinnen und Linzer sollen über die Climate Action Days hinaus beteiligt werden, etwa durch eine Einbindung bei der Erarbeitung des Klimaneutralitätskonzeptes.

„Linz ist in der Klimaarbeit sehr ambitioniert“

Schrot antwortet auf die Frage, was Linz in Klimafragen bereits gut mache: „Linz war zwar nie eine Smart City, aber was in Linz sehr positiv hervorzuheben ist: in der Klimaarbeit ist die Stadt sehr ambitioniert. Mit der Verabschiedung der Klimastrategie 2019 wurden im Magistrat wichtige Strukturen geschaffen. Was in Linz sicher einzigartig ist: Wir haben mit Johannes Horak einen Stadtklimatologen, der sich als Leiter der Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt um das Stadtklima kümmert und eine Klimastabsstelle mit mir als Koordinator, der in die Breite wirken kann. Es ist nicht selbstverständlich, dass Städte zwei zentrale Funktionen für dieses Thema etablieren.“

Industrie- und Klimastadt

Ebenfalls als positiv hebt er die Wasserstoffinitiative hervor, bei der es darum geht, die Linzer Industrie bei der Umrüstung auf kohlenstoffarme oder klimaneutrale Technologien zu unterstützen. Die Voestalpine beispielsweise hat sich das Ziel gesetzt bis 2050 klimaneutral Stahl zu erzeugen. Die Schwierigkeit dabei liegt in der Frage der Energieversorgung dafür: „Deswegen ist es so wichtig, dass die Stadt Linz eine Plattform für die Zusammenarbeit schafft. Mit dem Hydrogen-Board gibt es eine Arbeitsgruppe, in dem die Voestalpine, jemand von der Wasserstoff-Vorzeigeregion Oberösterreich und Expertinnen aus dem deutschen Wasserstoffrat dabei sind“, so Schrot. Wasserstoffnutzung sei aber auch als Energiespeichermethode und für die Mobilität interessant. Als Stadt müsse man die Sicherheit für Investitionen bieten, grüner Wasserstoff könne nur funktionieren, wenn man eine große Wertschöpfungskette auf europäischer Ebene habe.

Ermutigende Entwicklungen

Schrot hält das Ziel der Linzer Klimaneutralität bis 2040 für durchaus realistisch, was ihn sehr ermutigt, ist, dass große Betriebe wie die bereits erwähnte Voestalpine, Borealis oder die Linz AG bereits dahingehend arbeiten. Er nennt auch den Wärmewandler in der Biomasse-Kraftwerkanlage als Beispiel. „Hier beginnen große Zahnräder ineinander zu wirken, vor mehreren Jahren war das noch anders“, ist Schrot optimistisch.

„Man muss geduldig sein“

Die größte Herausforderung, nicht nur für Linz, sondern auch auf europäischer und globaler Ebene, sei die späte Einsicht: „Wir haben viel zu spät begonnen auf den Klimawandel angemessen zu reagieren, obwohl das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist.“ Zudem würden andere Krisen oder Konflikte die Dinge weiter verzögern. Das Thema mache jedoch immer unmittelbarer betroffen und viele wären bereit, auf klimafreundliche Technologien umzusteigen. Es sei auch ermutigend, das erkannt worden wäre, dass wir durch unseren Konsum die Erde „übernutzen“ und uns selbst damit schaden. Einen Fortschritt sieht er auch in der täglichen Arbeit in der Stabsstelle: diese würde aktuell vermehrt angefragt und könne sich einbringen. Abschließend meint der Klimakoordinator: „Man muss geduldig sein. Gerade eine Transformation zu einer klimaneutralen Industriestadt ist eine Mammutaufgabe, die viele Jahre an Konzentration und hohen Zielen erfordern wird“.

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