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Linzer Bürgerallianz gegen Westring: Volksbefragung fix

Karin Seyringer, 14.03.2023 20:54

LINZ. Ein breites Bündnis aus aktuell 23 zivilgesellschaftlichen Initiativen hat sich zusammengetan, um eine kommunale Volksbefragung zur geplanten A26-Bahnhofsautobahn einzuleiten. 10.000 Unterschriften wurden von der Allianz „Zukunft statt Autobahn-Bau“ gesammelt und nun beim Magistrat Linz eingereicht. Damit muss die – nicht verbindliche – Volksbefragung durchgeführt werden. Die Meinung der Initiatoren: Ein Projekt aus den 60er-Jahren habe im heutigen Linz nichts mehr zu suchen.

Der weitere Westring-Bau soll gestoppt werden, fordern 23 Bürgerinitiativen in Linz. (Foto: Initiative Verkehrswende jetzt!)
photo_library Der weitere Westring-Bau soll gestoppt werden, fordern 23 Bürgerinitiativen in Linz. (Foto: Initiative Verkehrswende jetzt!)

Aktuell befindet sich das Projekt A26 in Bauphase 1, der Bau der vierten Donaubrücke soll im Herbst 2024 abgeschlossen sein. Erst dann ist der Start des 3,2 Kilometer langen Tunnels durch den Freinberg zum Hauptbahnhof vorgesehen. Die Bürgerallianz sieht die Donaubrücke als sinnvoll an, für die kommenden „vorgestrigen“ Bauprojekte des Westrings sei ein Stopp aber noch möglich.

10.000 Unterschriften eingereicht

Daher wurden in den letzten Monaten fleißig Unterschriften gesammelt. 10.000 Unterschriften wurden am 13. März beim Magistrat Linz eingereicht, 6.100 Unterschriften von wahlberechtigten Linzern sind nötig, um eine Volksbefragung einzuleiten.

Städtische Finanzierung wird abgefragt

Das Bündnis „Zukunft statt Autobahn-Bau“ fordert nicht nur den Stopp des geplanten Westring-Tunnels (der sogenannten A26-Bahnhofsautobahn), sondern auch den Ausstieg aus dem städtischen Finanzierungsvertrag. Nur so sei eine kommunale Volksbefragung möglich. Da Autobahnen grundsätzlich Bundesprojekte sind, geht es bei der geplanten Volksbefragung um die städtische (Teil-)Zuständigkeit. Die konkrete Fragestellung: „Soll die Stadt Linz Zuzahlungen und Beihilfen zu Autobahnprojekten, welche auf Linzer Stadtgebiet verlaufen, einstellen und stattdessen die Mittel für eine Verkehrswende zugunsten klima- und umweltfreundlicher Mobilität einsetzen?“

Linzer können jetzt selbst mitentscheiden

Mit geringen finanziellen Mitteln und viel Laufarbeit habe man die 10.000 Unterschriften großteils auf der Straße zusammengebracht, die nun zu einer kommunalen Volksbefragung führen werden, so Gerald Oberansmayr von der Initiative „Verkehrswende jetzt!“. Teil davon sei auch gewesen, sehr viel Informationsarbeit zu leisten.

„Dank der Unterschriften werden die Linzer in ein paar Monaten darüber mitentscheiden können, ob der Westring-Autobahn-Bau nach Fertigstellung der Donaubrücke gestoppt wird“, so Oberansmayr spricht von einem demokratiepolitischen und verkehrspolitischen Meilenstein. Linz zahle bei der Autobahn kräftig mit, ob die Linzer das auch wollen, seien sie aber nie gefragt worden, so auch Mitstreiterin Gertraud Walli. „Mit dieser Volksbefragung ändert sich das.“

Kosten für Stadt: „100fache des jährlichen Radfahrbudgets“

Die Gesamtkosten würden sich aktuell schon auf knapp eine Milliarde Euro belaufen, die Stadt Linz zahlt laut Vertrag davon fünf Prozent, ohne Deckelung. „Wenn man das umrechnet, ist es ungefähr das 100fache des jährlichen Linzer Radfahrbudgets. Dieses Projekt ist aus unserer Sicht vollkommen vorgestrig“, so Oberansmayr.

„Hat im Linz von heute nichts mehr zu suchen“

Auf den Punkt bringt die Meinung der Bündnis-Mitglieder Christian Trübenbach, Initiator von „Linzer Grüngürtel schützen, jetzt!“: „Das Projekt kommt aus den 60er-Jahren und hat im Linz von heute nichts mehr zu suchen.“

Trübenbach erhofft sich durch die Volksbefragung auch ein sehr starkes Signal, das über Linz hinausgeht, bis nach Wien. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass solche Projekte noch zu stoppen sind, um in Richtung Zukunft zu gehen. „Wir sehen ganz klar, dass die Bevölkerung schon einiges weiter ist als die Stadtregierung und auch das Land OÖ sowie alle anderen Beteiligten, die sich für das Projekt einsetzen.“

Ein Beispiel, das Trübenbach nennt, ist der in der Stadt Salzburg geplante und nach einem „Nein“ bei einer Volksbefragung abgesagte Ausbau der Mönchsberggarage im Jahr 2022. „Wir sehen daran, dass wir auch in Linz die Chance haben, auf die Linzer zu hören.“

„Klimahauptstadt und Autobahn gehen nicht einher“

Christian Leckschmidt von der Initiative „Verkehrswende jetzt!“ sieht eine komplette Fehlplanung bei der Bahnhofsautobahn. „Linz will Klimahauptstadt werden. Unserer Meinung nach geht das mit so einem Autobahnprojekt nicht einher. Die Bahnhofsautobahn soll laut ASFINAG täglich 30.000 zusätzliche Autofahrten nach Linz hereinbringen. Die werden weiter in den schon überlasteten Knoten Bindermichl, Tunnel Niedernhart und weiter in die zu Stoßzeiten auch überlastete Kärntnerstraße geschleust. Diese A26 wird eine Stauautobahn, die den Pendlern nichts bringt, den Linzern dafür noch mehr Verkehr, mit all seinen Nachteilen.“

„Siebenjährige Mega-Baustelle“

Maria Haas ist Bewohnerin im Linzer Bahnhofsviertel. „Als Bewohnerin des Viertels kann ich sagen, dass dieser geplante Bau einer Katastrophe gleichkommt. Bevor die Autobahn in Betrieb genommen würde, könnten wir mit einer ca. siebenjährigen Mega-Baustelle rechnen. Das Naherholungsgebiet Bergschlösslpark und den Froschberg würde vom Zentrum abgeschnitten, die geplante Post-City wäre eingesperrt zwischen Autoabgasen und Schienen.“ Zudem sei es paradox ist, eine Riesen-Autobahn komplett an den Verkehrsknotenpunkt Bahnhof zu bauen.

Trübenbach verdeutlicht: „Viele wissen nicht, was die Pläne bedeuten: Dass die Ziegeleistraße unten aufgerissen wird, in einer offenen Bauweise, der halbe Bergschlösslpark wird verschwinden, Bäume aus dem 18. Jahrhundert werden kaputtgehen, es werden die Spuren, die aus dem Tunnel rausgehen, offen geführt. Richtung Waldeggstraße werden die leerstehenden Häuser, die als Lärmschutzwand in Richtung Froschberg fungieren, verschwinden.“

Für den Stopp „nicht zu spät“

David Brandstetter engagiert sich stark in der Klimabewegung. Er räumt mit dem Glauben vieler auf, dass der Bau der Autobahn nicht mehr gestoppt werden könne. „Das ist falsch, es ist noch nicht zu spät. Wir befinden uns derzeit im ersten von drei Bauabschnitten, beim Bau von der vierten Donaubrücke. Die wird im Herbst 2024 freigegeben. Ungefähr ab Oktober wird mit dem Tunnelbau begonnen, der ca. vier Kilometer lang ist, von der Donau bis zum Bahnhof führen soll und dort den Verkehr hin verlagern wird. Also eine Problemlösung sehen wir nicht. Die Brücke soll fertig gebaut werden, sie wird die Nibelungenbrücke und das ganze Viertel in Urfahr mit der Rudolfstraße entlasten. Wir denken, dass wir so hin zu einer guten Alternative kommen, die uns als Stadt weiterbringt.“

Volksbefragung hat auch Auswirkungen auf mögliche Ostautobahn

Armin Kraml von der Bürgerinitiative Linz Süd beschäftigt auch die nach wie vor im Raum stehende Ostautobahn, die durch die Traunauen und Ebelsberg verlaufen könnte, auch wenn der Linzer Gemeinderat aktuell dagegen gestimmt hat. „Ein Ja bei dieser Volksbefragung hilft letztendlich, beide Autobahnen-Projekte zu verhindern. Derzeit erfolgen die Zuzahlungen der Stadt Linz nur zur A26. Sollte aber auch die Ostautobahn gebaut werden, müsste die Stadt Linz aller Wahrscheinlichkeit nach auch hier Zuzahlungen leisten. Mit einem ‚Ja‘ können wir die finanzielle Unterstützung stoppen und so die Traunauen und das Naherholungsgebiet Schiltenberg vor der Zerstörung schützen.“ Das ‚Ja‘ bei dieser Volksbefragung sei ein Zeichen an die Politik auch für die Zukunft: „Keine neuen Autobahnen auf Linzer Gemeindegebiet.“

„Alternativen um Bruchteil des Geldes“

Für Anni Jank von der Initiative „Verkehrswende Jetzt!“ ist klar: Um das Verkehrssystem zukunftsfit zu machen, sind beträchtliche Investitionen in den öffentlichen Verkehr und andere umweltfreundliche Verkehrsmittel notwendig. „Der Bau und Betrieb dieser rückwärtsgewandten und klimafeindlichen Autobahnprojekte verschlingt sehr viel Geld, das bei den wichtigen Zukunftsinvestitionen fehlt. Um einen Bruchteil dieses Geldes könnte die Mühlkreisbahn attraktiver werden, der Takt massiv erhöht werden und in die bereits existierende Hafenbahn bis zum Hauptbahnhof durchgeführt werden“, nennt sie Beispiele. „Mit einem guten Park & Ride-System könnte der Pendlerverkehr schon vor Linz auf die Bahn verlagert werden, so etwa das Hafen- und Industriegebiet mit 10.000en Arbeitsplätzen so umweltfreundlich erreicht werden.“ Jank: „Es ist höchste Zeit, dass die politisch Verantwortlichen von Stadt und Land ihren eingeschränkten Tunnelblick auf die Zukunft erweitern. Wir hoffen, dass wir einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass das erreicht wird.“

Ziel: Rund 20 Prozent der Linzer sollen unterschreiben

Vielleicht schon im Sommer, wahrscheinlich im Herbst 2023 werde die Volksbefragung stattfinden, denkt Oberansmayr. Er hofft auf einen Meinungsumschwung, auch wenn das Ergebnis der Volksbefragung für die Stadt Linz kein verbindliches Votum bedeutet. Das Bündnis gehe davon aus, dass ein „ähnliches Demokratieverständnis“ wie in Salzburg herrsche. Christian Trübenbach geht von einer Beteiligung von 20 Prozent der Bevölkerung aus, etwa 40.000 Unterschriften wären somit das Ziel.

Reaktionen: FPÖ bezweifelt Sinnhaftigkeit der Volksbefragung

Demokratie solle generell mehr eingesetzt werden, „aber zum richtigen Zeitpunkt und mit sinnvollen Fragestellungen“, kommentiert FPÖ-Stadtrat Michael Raml die kommende Volksbefragung. „Im aktuellen Fall rollen beim Westring längst die Bagger und es gibt Verträge, die die Stadt gar nicht einseitig aufkündigen kann. Ich bezweifle die Sinnhaftigkeit, kurz vor der Fertigstellung des Westrings eine pauschale Ablehnung von verkehrsentlastenden Straßenbauten abzufragen.“ Es brauche den Westring genauso wie eine Verkehrsentlastung im Linzer Süden. „So sehr ich den Ausbau von Radwegen unterstütze – damit wird man über weite Strecken keine Entlastung für Autofahrer erreichen“, so Raml.

Linz+ unterstützt Volksbefragung

„Der Autobahnzubringer wird ein falscher Anreiz sein, noch mehr Autos wollen noch schneller bis ins Zentrum fahren. Zu Stoßzeiten wird noch mehr Stau auf den Linzer Straßen das Ergebnis sein. Als wäre das nicht genug, zerstört sich Linz damit das ganze Viertel rund um den Wissensturm“ ist auch Linz+ gegen das Projekt und unterstützt die Volksbefragung. Im Fall eines Baustopps könne das gesparte Geld sinnvoll für die Pendler aus dem Mühlviertel eingesetzt werden. „Die Linzer selbst brauchen diese Autobahn nicht“, unterstreicht Lorenz Potocnik.

KPÖ ebenfalls für Volksbefragung

Unterstützung kommt auch von der KPÖ. Gemeinderat und Verkehrssprecher Michael Schmida: „Hoffentlich kommt die verantwortliche Politik nun zur Einsicht und der Bau der in vielerlei Hinsicht irrsinnigen Autobahn mitten durch Linz wird gestoppt. Die KPÖ hat sich schon immer gegen das Steinzeit-Straßenprojekt ausgesprochen und stattdessen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gefordert. Spätestens mit der Klimakrise sind die enormen Ausgaben für solche Hochleistungsstraßen durch nichts mehr zu rechtfertigen.“

NEOS: „Alternativen nicht angedacht“

Die nun anstehende Volksbefragung zeige einmal mehr, dass es ein Fehler war, dieses Projekt so anzulegen. Vor allem die fehlende Bürgerbeteiligung werde durch die große Anzahl an Initiativen, die sich hier für eine Volksbefragung engagiert haben, deutlich, heißt es von den NEOS Linz. „Es hätte statt dem Westring einen viel intensiveren und schnelleren Ausbau der alternativen Verkehrskonzepte gebraucht, vom Öffentlichen Verkehr bis hin zu einem sicheren und attraktiven Radverkehrsangebot und viel mehr Park&Ride Anlagen, die schon längst stehen müssten“, so NEOS Linz Fraktionsvorsitzender Georg Redlhammer.

Mehr Infos, Pläne und die Liste der teilnehmenden Initiativen gibt es unter volksbefragung-linz.at


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