Brucknerhaus: Liva-Aufsichtsrat einstimmig für Vertragsauflösung mit Kerschbaum
LINZ. (Update) Nach seiner heutigen Sitzung empfiehlt der Aufsichtsrat der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA), sich umgehend vom Künstlerischen Geschäftsführer zu trennen. Im März kamen Vorwürfe gegen Dietmar Kerschbaum auf, welche sich nun durch den Prüfbericht verstärkten. Für einen Knalleffekt sorgte am Dienstag zusätzlich der Vorwurf, ÖVP-Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer soll von Aufträgen aus dem Brucknerhaus profitiert haben. Diese weist die Vorwürfe vehement zurück.
Heute, am 9. Juli, fand eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrates der LIVA statt, nachdem das Ergebnis der Sonderprüfung der LIVA feststand und im Kontrollausschuss diskutiert wurde.
Zuvor hatte die LIVA Compliance Prüfung durch die KPMG (Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft) schwere Missachtungen der Vertragsgrundsätze der LIVA festgestellt. Dabei ging es etwa um sogenannte Insichgeschäfte, Nebentätigkeiten, Dienstreisen, Spesen, Vergabevorgänge und ein den Compliance Richtlinien völlig widersprechendes Führungsverhalten des Künstlerischen Geschäftsführers Dietmar Kerschbaum.
Der Aufsichtsrat beschloss nun einstimmig, die Empfehlungen an die Kreativ-, Kultur- und Veranstaltungsholding (KKV) auszusprechen, das Dienstverhältnis mit Dietmar Kerschbaum sofort aufzulösen. In der Generalversammlung der KKV heute Nachmittag wird die endgültige Entscheidung dazu gefällt.
UPDATE: Die Generalversammlung ist der Empfehlung des LIVA-Aufsichtsrates gefolgt, wie das Büro von Bürgermeister Klaus Luger am späten Nachmittag mitteilt. Die Generalversammlung beschloss nach beratenden Gesprächen, Dietmar Kerschbaum als Künstlerischen Direktor zu entlassen.
Vorwurf gegen Aufsichtsratsmitglied
Für Überraschung sorgte in der heutigen Sitzung nun eine weitere Aufdeckung der KPMG: Ein Mitglied des Aufsichtsrates soll unter Missachtung der Compliance-Regeln selbst Aufträge vom Künstlerischen Geschäftsführer erhalten haben. Bürgermeister Klaus Luger (SP) zeigt sich darüber überrascht, die Faktenlage sei jedoch eindeutig. „Hier ist nun der ÖVP-Linz-Obmann Martin Hajart an der Reihe, die politische Verantwortung zu übernehmen.“
Die SPÖ-Gemeinderatsfraktion nennt in einer Aussendung namentlich Kultur-Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer (VP). Sie ist Teileigentümerin der Firma Maylan Interior Design GmbH, die Tischlerarbeiten für den Neubau des Kassenpultes im Brucknerhaus durchgeführt hat. Veranschlagt seien für die Hauptkasse 50.000 Euro gewesen, schlussendlich habe es 279.950 Euro gekostet, davon entfielen 67.608 Euro für Tischlerarbeiten der genannten Firma.
Lang-Mayerhofer wehrt sich in einem Statement
Lang-Mayerhofer reagiert in einem schriftlichen Statement auf die Vorwürfe und weist diese aufs Schärfste zurück: „Ich bin schockiert, dass jetzt mit haltlosen Vorwürfen gegen meine Person versucht wird, von dem eigentlichen Brucknerhaus-Skandal abzulenken. Als Stadträtin habe ich ein klares Berufsverbot. Ich bin bei der Firma meines Mannes beteiligt, der diese auch operativ führt. Der Neubau des Kassapults wurde 2019 von dem damals zuständigen Linzer Architekturbüro geplant. Die Firma MAYLAN wurde vom beauftragten Architekten zu einer Angebotslegung geladen – und letztlich als Bestbieter ausgewählt. Ich bin davon ausgegangen, dass die beiden Vorstandsdirektoren den formalen Berichtspflichten immer nachgekommen sind. Mir war eine korrekte Vorgehensweise immer wichtig – was so auch in dem Compliance-Bericht der KPMG hiermit bestätigt wird.“, so die ÖVP-Kulturstadträtin.
ÖVP-Klubobfrau: „Politisch unterste Schublade“
Als „rote Schmutzkübelkampagne“ kommentiert Michaela Sommer, Klubobfrau der Linzer Volkspartei, die Vorwürfe gegen ihre Parteikollegin. Durch solche Behauptungen wolle man vom eigenen möglichen Fehlverhalten in der LIVA-Affäre rund um Dietmar Kerschbaum ablenken, die Vorgehensweise von Luger und der SPÖ sei unterste politische Schublade, so Sommer: „Der Umgang von Bürgermeister Luger mit seiner Aufsichtsratskollegin ist nicht nur zutiefst zu verurteilen sondern lässt einmal mehr darauf schließen, dass seine Nerven blank liegen.“
UPDATE (10.07., 13.50 Uhr): Hajart verteidigt Lang-Mayerhofer
Nun äußert sich auch Martin Hajart, Obmann der Linzer ÖVP, zu den Vorwürfen: „Der SPÖ-Vorwurf, StRin Lang-Mayrhofer sei korrupt, entbehrt jeglicher Realität und ist unterste Schublade. Ich stehe hinter ihr. In diesen Schmutzkübel-Streit will ich mich nicht hineinziehen lassen. Es geht darum, dass das Brucknerhaus - wohlgemerkt zum 200. Jubiläumsjahr Anton Bruckners - wieder aus den Negativschlagzeilen kommt.“
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