Kapuzinercampus: ein altes Kloster präsentiert sich in neuem Kleid
LINZ. Im Jahr 2018 sah es so aus, als würde man das Kapuzinerkloster verfallen lassen, auch der ehemalige Pfarrer äußerte sich öffentlich, das „Dahinsiechen“ sei schmerzlich. Nun ziehen dort kommende Woche nach einer umfassenden Revitalisierung die Steuerberater von LeitnerLeitner und die Rechtsanwälte von Leitner Law ein. Tips durfte die neuen Räumlichkeiten vorab besichtigen.
Im Jahr 2016 wurde die Kapuzinerkirche und das zugehörige Kloster profaniert, also von seiner sakralen Nutzung entwidmet. Für einen zweistelligen Millionenbetrag wurde das historische Kloster über zwei Jahre lang revitalisiert, dem gingen Planungsarbeiten von drei Jahren voraus. Für den städtebaulichen und architektonischen Entwurf zeichnen die Architekturbüros Arkform, KlebothDollnig und Riepl&Riepl verantwortlich, Arkform war darüber hinaus für die Inneneinrichtung zuständig.
Denkmalgeschütztes Ensemble erforderte kreative Lösungen
Architekt Klaus Landerl führte gemeinsam mit Gerald Gahleitner, Geschäftsführer von LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfer durch die Räumlichkeiten. Am beeindruckendsten ist der ehemalige Kirchenraum, der zur Kantine für die Mitarbeiter umgestaltet wurde, auch Veranstaltungen sollen hier künftig stattfinden können. Vor allem die Themen Heizen, Belüftung und Akustik seien – neben dem bestehenden Denkmalschutz – herausfordernd gewesen, sagt Landerl. Mittlerweile ist kein Echo mehr in dem imposanten Raum zu hören, was an den Textilverkleidungen und schweren Vorhängen liegt. Beheizt wird über den Boden und die Wand, auch für die Belüftung hat man eine kaum sichtbare Lösung gefunden, einzig ein verziertes Gitter an der Decke weist darauf hin.
Personalstand soll auf bis zu 350 Mitarbeiter anwachsen
Der Haupteingang befindet sich aber Richtung Kapuzinerstraße, von dieser Seite aus betreten die Klienten oder Kunden den „ConventGarden“, einen kleinen Innenhof, der in die Büro- und Besprechungsräume führt. 300 Mitarbeiter werden auf den rund 8000 Quadratmetern bald Platz finden, geplant sei, den Personalstand auf 350 Mitarbeiter zu erweitern, sagt Gahleitner. Die Mitarbeiter habe man ermutigt, mit Öffis oder mit dem Rad in die Arbeit zu kommen. Dafür gibt es einen großen Fahrradabstellraum inklusive Duschen und einen Zuschuss zum Klimaticket. Man hoffe auf eine baldige Umsetzung der geplanten Sammelgarage, die vom Projektentwickler angekündigt wurde. Bedenken bezüglich des starken Verkehrs haben die beiden Unternehmen an die Stadt Linz kommuniziert - man befinde sich hier in gutem Austausch.
Zubauten von außen kaum sichtbar
Was wurde nun konkret am und im Gebäude gemacht? Der historische Westflügel des Klosters wurde um zwei zusätzliche Stockwerke erweitert. Die Verbindung erfolgte mit einem neuen, sechs Stockwerke hohen Gebäude an der Westseite. An der Straßenseite wurde die Mauer durchbrochen, um einen Haupteingang zu schaffen. Der ungenutzte Dachraum wurde „aufgeklappt“, um zusätzliche Nutzfläche zu schaffen. Von der Straße aus ist das nicht sichtbar, der First ist gleich hoch geblieben. In der Kirche wurde eine zweite Ebene eingezogen, um aus einem großen Raum mehrere Bereiche zu schaffen und um die Nutzfläche zu vergrößern. Interessant sind vor allem die Details: so sind ein paar Kirchenbänke und Möbel des Klosters in den Gängen bzw. der Kantine verblieben. Dass sich hier früher eine Kirche befand, kann man aber alleine aufgrund der markanten Glasfenster und der Raumhöhe nicht vergessen.
Besonderes Architekturprojekt
Das Projekt ist aus architektonischer Sicht ein Besonderes: Klaus Landerl spricht sogar davon, dass es das beste Projekt sei, dass er bis dato realisiert habe. Warum wollen dann so viele Firmen ihre Zentralen in Form eines Neubaus realisieren, sind es die Kosten für Sanierungen, die abschreckend wirken? Landerl meint, in der Revitalisierung alter Bausubstanz liege die Zukunft. In diesem Falle habe man den Neubau „roher gehalten“ und dadurch Budget gespart, welches man für den denkmalgeschützten Bereich gebraucht habe. Günstig sei auch der Neubau in der grünen Wiese nicht.
Auch Viertel rundum soll entwickelt werden
Mit dem Einzug bekommen der Kulturverein KAPU und die Michael Reitter Landesschule für seh- und hörbeeinträchtigte Kinder einen neuen Nachbarn. Letztere sind zuletzt aus einem kooperativen Verfahren ausgestiegen, das der Projektentwickler und Architekt Andreas Kleboth begleitet hatten. Nach mehreren Vorfällen, etwa der Rodung des Altbaumbestandes im Klostergarten, schien es eine gute Gesprächsbasis zu geben. Mit der Installation der Belüftungsanlage vor der Schule war damit Schluss - die Lehrkräfte befürchten noch immer eine Lärmentwicklung, die Kinder mit Hörgerät vom Unterricht ablenkt. Was noch spannend wird: der Projektentwickler hatte einen barrierefreien Spielplatz im Klostergarten versprochen, ob dieser auch umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Auch wie das Kapuzinerviertel neu entwickelt wird: hier haben zwei Investoren Interesse bekundet, die Stadt Linz hüllt sich über allzu Konkretes noch in Schweigen.
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