Landesrechnungshof sieht beim ELGA-Ausbau in OÖ Nachholbedarf
OÖ/LINZ. (Update) Der Landesrechnungshof (LRH) hat den aktuellen Stand der Digitalisierung im oö. Gesundheitswesen geprüft und ortet dabei deutlichen Verbesserungsbedarf. Besonders beim Ausbau der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) sieht LRH-Direktor Rudolf Hoscher Nachholbedarf und empfiehlt dem Land, alle noch nicht eingebundenen Gesundheitsdiensteanbieter rasch anzuschließen.
„In Oberösterreich sind noch nicht alle Gesundheitsdiensteanbieter an ELGA angeschlossen. Die Komplexität des Systems erschwert einen einheitlichen Ausbau der eHealth-Anwendungen“, so Hoscher. Das Gesundheitstelematikgesetz 2012 sieht vor, dass spätestens ab 2030 alle derzeit im Gesetz vorgesehenen Gesundheitsdaten in ELGA gespeichert werden müssen.
Viele Gesetze, Doppelgleisigkeiten
Mehr als 25 Bundesgesetze sowie zahlreiche Landesgesetze und Vereinbarungen regeln die Digitalisierung im Gesundheitsbereich. Das führe laut LRH zu Interpretationsspielräumen und Doppelgleisigkeiten. Das Land OÖ sollte sich daher mit dem Bund und den anderen Ländern abstimmen, um Gesetzesänderungen zu initiieren, empfiehlt Rudolf Hoscher weiter.
Opt-out-Regelungen bremse Vertrauen
Kritisch bewertet der LRH die derzeit geltenden Opt-out-Regelungen. Bürger können einzelne Dokumente inaktiv setzen, ohne dass dies ersichtlich ist. „Dadurch entstehen Unvollständigkeiten im Gesundheitsakt, was das Vertrauen der Ärzte in ELGA negativ beeinflussen kann“, warnt Hoscher. Das Land OÖ sollte daher beim Bund auf eine Gesetzesänderung hinwirken.
Gleichzeitig sieht Hoscher beim Datenaustausch zwischen den Gesundheitsdiensteanbietern in ELGA noch erhebliches Optimierungspotenzial. Als Beispiel nennt er Überweisungen von Pflegeheimen in Krankenhäuser. „Das Pflegebegleitschreiben wird in ELGA abgelegt, das Notfallblatt für den Transport gedruckt; bei der Aufnahme wird das Pflegebegleitschreiben jedoch oftmals noch in Papierform verlangt, während die Organisationen, die die Krankentransporte durchführen, derzeit noch keinen ELGA-Zugang haben – hier muss die Digitalisierung der Prozesse endlich in Fahrt kommen.“
Positive Beispiele
Neben der elektronischen Gesundheitsakte hebt der LRH auch positive Beispiele der Digitalisierung hervor – etwa die telefonische Gesundheitsberatung 1450 oder das Tumorzentrum, das eine flächendeckende onkologische Versorgung sicherstellen soll. Mit dem neu gegründeten „Digiboard OÖ“, einer Kooperation der Fondskrankenanstalten und des Landes, soll dabei Synergien unterstützen. „Aus unserer Sicht wären zusätzliche Austauschboards sinnvoll“, so der LRH-Direktor.
Fax-Ablöse „völlig misslungen“
„Völlig misslungen“ sieht der LRH die Digitalisierung der Kommunikation im Rahmen der Ablöse des Faxversandes von Gesundheitsdaten. Seit 2012 sei bekannt, dass dieser ab 1. Jänner 2025 unzulässig ist. Da keine einheitliche datenschutzkonforme Ersatzlösung etabliert wurde, seien viele Organisationen auf unterschiedliche Kommunikationswege ausgewichen. „Das Problem muss rasch bereinigt werden.“
Stellungnahmen - MFG: „Braucht Klarheit statt Bürokratie“
Die Parteien reagieren in Aussendungen auf den Bericht, nachfolgend in zeitlicher Reihenfolge:
Aus Sicht der MFG sei die Entscheidungsfreiheit für die Bürger (Opt-out-Regelung) ein „unverzichtbares Element von Selbstbestimmung und Datenschutz. Niemand darf verpflichtet werden, sensible Gesundheitsdaten zentral zu speichern. Gleichzeitig ist nachvollziehbar, dass Ärzte wissen müssen, wenn Daten bewusst ausgeblendet wurden – schon aus Gründen der Patientensicherheit.“ Die MFG bekenne sich grundsätzlich zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, fordert aber „Klarheit statt Bürokratie, klare Strukturen und eine datenschutzkonforme Lösung.“
Grüne: „Gesamtstrategie fehlt“
„Die elektronische Gesundheitsversorgung in OÖ ist maximal eine Skizze aber sicher kein fertiges Bild. Das zeigt dieser Bericht ganz eindeutig. Es gibt keine Gesamtstrategie, keine zentrale Steuerung und keine klaren Zuständigkeiten“, kritisieren die oö. Grünen. Gesundheitssprecherin Ulrike Schwarz fordert eine klare eHealth-Strategie „mit eindeutigen Verantwortlichkeiten, eine bessere Abstimmung zwischen Land, Spitälern, Ärzten und Sozialversicherung sowie eine enge Zusammenarbeit mit dem Bund.“
SPÖ: „Flickwerk mit zusätzlicher Bürokratie“
„Was ein großer Fortschritt werden und Abläufe in der Gesundheitsversorgung effizienter gestalten sollte, entpuppt sich in der Praxis als Flickwerk mit zusätzlicher Bürokratie“, so SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder. Besonders problematisch für ihn ist, dass die Geschäftsprozesse nicht angepasst wurden: „Pflegebegleitschreiben werden digital gespeichert, aber Krankenhäuser verlangen trotzdem Papierausdrucke. Rettungsdienste haben keinen ELGA-Zugang. In Pflegeheimen müssen alle 90 Tage e-Cards eingesammelt werden, um Medikamente zu verordnen. Das ist eine Zumutung für Personal und Patienten!“ Wie der Landesrechnungshof sieht auch Binder die Opt-out-Möglichkeit kritisch.
FPÖ: „Ziel ist ein modernes, sicheres und faires Gesundheitssystem“
„Der Bericht zeigt, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen zwar voranschreitet, jedoch mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert ist. Ziel muss sein, die vorhandenen Potentiale mit Augenmaß weiterzuentwickeln und dabei alle Bevölkerungsgruppen – unabhängig von Alter und technischer Erfahrung – zu berücksichtigen. Der Schutz höchstpersönlicher Daten muss dabei stets oberste Priorität haben“, kommentiert FPÖ-Klubobmann Thomas den LRH-Bericht. Und weiter: „Betroffene sollen selbst entscheiden können, ob und in welchem Umfang sie digitale Gesundheitsdienste nutzen möchten.“
NEOS: „Ausbau dauert zu lange“
Der ELGA-Ausbau dauere zu lange und sei voller Doppelgleisigkeiten, kritisieren NEOS. „Die ersten Grundlagen für ELGA stammen aus dem Jahr 2012 – und wir diskutieren noch immer über Grundlagen wie die Faxablöse“, so Landessprecher Felix Eypeltauer. „Umstellungen kosten Geld, aber je länger sie dauern, desto teurer werden sie. Und das hilft niemandem – weder den Patienten noch dem System.“
Update: ÖVP: „Entwicklung auf Bundesebene hinkt hinterher“
„Oberösterreich ist mit Projekten wie dem Gesundheitsportal und 1450-Check-in bundesweiter Vorreiter in der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Leider hinkt die Entwicklung auf Bundesebene dem oft hinterher. eHealth-Systeme und die elektronische Gesundheitsakte ELGA leisten durch den raschen Datenaustausch einen wertvollen Beitrag zum Behandlungserfolg. Wir sind dem Landesrechnungshof für seine wertvollen Anregungen sehr dankbar und werden diese auch konsequent umsetzen. Gerade in Zeiten von angespannten Budgets sind alle Player im Gesundheitssystem aufgerufen, weitere Effizienzsteigerungen voranzubringen und Doppelgleisigkeiten abzubauen“, kommentiert für die ÖVP Klubobfrau Margit Angerlehner den LRH-Bericht.
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