
BEZIRK ROHRBACH. Wie ein gebürtiger Böhmerwäldler aus dem Kreis Rohrbach 1995 den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton traf, davon berichtet der bekannte Heimatforscher Fritz Bertlwieser im aktuellen Heft des Heimatvereins des Bezirkes Rohrbach.
Am 3. April 2020 verstarb in Heidelberg Rudolf Dolzer kurz nach seinem 76. Geburtstag an einer Krebserkrankung. Er war ein renommierter Wirtschafts- und Umweltrechtler, Europa- und Völkerrechtler sowie ehemaliger Ministerialdirektor im Kanzleramt unter Helmut Kohl. Dolzer wurde am 20. März 1944 in Asang, Pfarre Deutsch Reichenau, Gemeinde Reiterschlag, als jüngster von vier Söhnen einer einfachen Böhmerwäldler Bauernfamilie geboren. Sein Elternhaus befand sich nur 400 Meter jenseits der Steilstufe des Schwarzenberg‘schen Schwemmkanals bei Morau/St. Oswald, der dort den Grenzbach bildet. Rudolfs Heimatgemeinde Reiterschlag gehörte früher zum Kreis Kaplitz, 1939 bis 1945 aber zum weit näher gelegenen Kreis Rohrbach in Oberdonau. Diese Eingliederung erfolgte wegen der kürzeren Entfernung zum Kreishauptort Rohrbach als auch aufgrund der geografischen Situation, da alle 16 Dörfer der Pfarre Deutsch Reichenau/Gemeinde Reiterschlag noch diesseits des Böhmerwaldkammes und der Wasserscheide lagen und zur Großen Mühl hin entwässerten.
Große Karriere
Durch die Vertreibung im Viehwaggon 1946 kam Familie Dolzer nach Korb bei Waiblingen nahe Stuttgart. Nach dem Abitur 1963 studierte Rudolf Dolzer Jura, Politikwissenschaften und Soziologie in Tübingen, Spokane/USA sowie Heidelberg, wo er 1971 promovierte. Seine zweite Promotion über internationales Wirtschaftsrecht erfolgte 1977 an der Harvard-Universität/USA. Es folgten wissenschaftliche Tätigkeiten am Max-Planck Institut Heidelberg, wo Dolzer bezüglich Wirtschafts- und Umweltrecht forschte. Nach der Habilitation 1984 hatte er Gast-Professuren an den Universitäten Michigan und Ithaka/New York, bevor er 1989 Professor und Vizerektor der Uni Mannheim wurde. Ab 1990 war Rudolf Dolzer als Mitglied des deutschen Parlaments in der Umweltschutz-Kommission tätig, 1992 bis 1996 nahm er als Ministerialdirektor im Kanzleramt unter Helmut Kohl an jeder Kabinettsitzung teil. 1995 stellte ihn Kanzler Kohl dem amerikanischen Präsidenten Bill Clinton vor. 1996 wurde Dolzer auf einen Lehrstuhl an der Uni Bonn berufen, wo er vor allem auf dem Gebiet des Europa- und Völkerrechtes forschte und lehrte. In Würdigung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit und der vielen Verdienste in Gremien wurde Dolzer 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.
Einfache Wurzeln
Die Gemeinschaft der Deutsch Reichenauer verlor 2020 mit dem plötzlichen Tod von Rudolf Dolzer den wohl prominentesten Landsmann, der in aller Welt von seinen einfachen Wurzeln im Böhmerwald erzählte und der noch viele wissenschaftliche Pläne und Aufgaben verwirklichen wollte.
Dieser und viele weitere historische Berichte sind nachzulesen im aktuellen Heft Nr. 29 des Heimatvereins Rohrbach, erhältlich bei vielen Gemeindeämtern, in der Buchhandlung Frick in Rohrbach und im Kaufhaus Wöss in Kollerschlag.