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Im Interview mit Weltmeisterin Claudia Lösch: „Die Abfahrt ist mein Non plus Ultra“

Katharina Vogl, 09.03.2017 07:07

NEUPÖLLA/INNSBRUCK. Ende Jänner kehrte Claudia Lösch mit fünf Medaillen im Gepäck heim von der Para Alpine Skiing Weltmeisterschaft in Tarvis (Italien). Das Training in Innsbruck ist derzeit voll im Gange, schließlich nähert sich das Weltcup-Finale mit großen Schritten. Tips plauderte mit der 28-jährigen über Ziele, Visionen und über ihre Heimatgemeinde Neupölla.

Gerade läuft es richtig gut für Claudia Foto: GEPA/Christopher Kelemen
Gerade läuft es richtig gut für Claudia Foto: GEPA/Christopher Kelemen

Tips: Mit fünf Medaillen war die Weltmeisterschaft in Tarvis deine bislang erfolgreichste, oder?

Lösch: Ja genau, davon zwei Goldene und zwei Silberne, das war mit Abstand mein erfolgreichstes Großereignis. Es war auch von der Performance richtig gut, war schon ein ziemlich geiles Gefühl. Gerade im Riesentorlauf waren wirklich absolute Weltstars dabei. Insgesamt war es wirklich eine coole WM, aber auch extrem kräfteraubend. Danach zuhause, in dem Moment wo die Anspannung losgelassen hat, bin ich krank geworden, der Körper erteilte mir einfach einen Stopp.

Tips: Was steht in der nächsten Zeit am Programm?

Lösch: Jetzt im Februar trainieren wir in erster Linie, Anfang März fliegen wir zum Weltcup-Finale nach Japan und dann nach Korea. Und Korea ist auch schon als Vorbereitung für die dort stattfindenden Paralympics 2018 zu sehen. Ich fahre ja auch beim Gesamtweltcup mit, gerade bei den letzten Rennen ist man da schon sehr unter Druck. Es wird schon schwierig, aber es ist nicht so, dass ich komplett chancenlos bin. Vor allem die letzten Rennen sind fast ausschließlich Speed-Rennen und das kommt mir doch sehr entgegen.

Tips: Deine größte Konkurrentin im Gesamtweltcup?

Lösch: Anna Schaffelhuber aus Deutschland – mit der bin ich im stetigen Wettbewerb. Aber das Schöne ist: wir pushen uns halt gegenseitig.

Tips: Dein schönster Sieg in deiner Karriere?

Lösch: Eigentlich der Abfahrtsweltmeistertitel im kanadischen Panorama vor zwei Jahren. Gerade da sind die Trainingsläufe gar nicht optimal gelaufen, somit war es vom Kopf und vom Physischen her eine ziemliche Meisterleistung damals. Der schönste Sieg bei der jetzigen WM in Tarvis war eigentlich der Riesentorlauf. Gerade in dieser Disziplin war ich mit meiner Performance heuer noch nicht zufrieden und hatte ziemliche Probleme, von daher kam der Sieg eigentlich ziemlich überraschend.

Tips: Was ist die größte Herausforderung beim Fahren mit einem Monoski?

Lösch: Ich finde, dass das Monoskifahren gar nicht so viel anders funktioniert als das normale Skifahren. Im Endeffekt erfolgt die Bewegung, die sonst hauptsächlich aus dem Knie kommt, aus der Hüfte heraus. Ich hab ja vor meinem Unfall (Anmerkung Red.: 1994) normal Skifahren gelernt. Und all jene, die das wirklich gut beherrschen, wie unser Trainer oder ein Aksel Lund Svindal, die setzen sich in den Monoskibob und fahren, weil sie eben wissen, wie ein Ski funktioniert. Die große Herausforderung: Man braucht eine unglaublich stabile Rumpfkraft, es passiert sehr viel aus der Bauchmuskulatur heraus, was bei den Skifahrern in der Regel die ausgeprägte Beinmuskulatur übernimmt. Was sicher sehr speziell ist, ist das Springen, aufgrund der geringen Körperkontrolle.

Tips: Wie darf man sich denn ein Jahr vorstellen bei dir, Claudia?

Lösch: Die Skisaison fängt bei uns Mitte August an. Meistens ist es so, dass ich im Oktober versuche, eine Prüfung auf der Uni unterzubringen – ich studiere nebenbei noch Rechtswissenschaften und Politikwissenschaft. Die ersten Rennen starten dann Ende November bis Ende März. Gegen Ende der Rennsaison wird an den Materialien getüftelt, rund um Ostern habe ich zwei, drei Wochen frei. Dann beginnt eigentlich schon wieder das Sommertraining im Olympiazentrum in Innsbruck, mit dem Konditionsaufbau und so weiter. Alles was im Tiroler Sport Rang und Namen hat, trifft man dort in der Kraftkammer in jedem Fall an, wie Gregor Schlierenzauer, Steffi Moser, die Snowboarderin Sabine Schöffmann, die Rodler oder auch Judoka Berni Graf – mit der verstehe ich mich sehr gut. Nach dem Training im Sommer versuche ich mich nebenher noch auf die Uni zu konzentrieren, wobei ich ehrlich zugeben muss, dass ich nicht auf mehr als zwei, drei Prüfungen im Jahr komme. Außerdem moderiere ich das Behindertensportmagazin im ORF Sport plus. Zwischen April und Juni entstehen da die meisten Folgen.

Tips: Das hört sich nach einem sehr erfüllten Jahr an?

Lösch: Ja, das sieht mein Freund ähnlich. (schmunzelnd)

Tips: Du hast dich ja stets für die Aufwertung des Behindertensports eingesetzt, was hat sich hier – auch in der öffentlichen Wahrnehmung getan – in den letzten Jahren?

Lösch: Ich bin ja jetzt schon eine halbe Ewigkeit dabei und es hat sich meiner Meinung nach extrem viel getan. Sowohl was die Qualität als auch die Quantität betrifft. Mittlerweile ist es vor allem in Österreich gelungen, den Fokus auf den Sport zu verschieben und die Behinderungen die wir haben, in den Hintergrund zu rücken. Und das Zweite, es ist auch in der Quantität mehr geworden, wenn man sich die Berichterstattung anschaut. Zwar sind uns die Deutschen ein bisschen voraus – die zeigen extrem viel, aber gerade in der Printberichterstattung hat sich extrem viel getan. Sicher gibt es meiner Meinung nach noch Ausbaupotential. In den ORF Sport Nachrichten kommen wir meiner Meinung nach noch ein bisschen zu selten vor. Zumindest wenn wir Heim-Weltcup haben, wäre eine kurze Anmerkung toll. Aber sonst hat sich das in den letzten Jahren sehr gebessert. Zudem haben wir mit der Gabi Jahn im ORF gerade jemanden, die sehr stark für uns kämpft, mit Herz und Seele. Wenn sie einmal wegfällt, verlieren wir auch innerhalb des ORF eine starke Lobby, das würden wir sofort an den Übertragungszeiten und dergleichen merken.

Tips: Was sind deine großen Ziele, die du sportlich noch erreichen möchtest?

Lösch: Etwas das noch in meinem Kopf herumschwebt, ist Abfahrts-Olympiasiegerin zu werden, das ist noch immer noch meine Herzensdisziplin. Ich möchte natürlich in allen Disziplinen konkurrenzfähig sein, aber die Abfahrt ist mein Non plus Ultra. Und der letzte Gesamtweltcup-Sieg ist schon wieder sieben Jahre her. Das nochmal zu schaffen, wäre auch ganz toll.

Tips: Hast du dir, sportlich gesehen, eine Deadline gesetzt?

Lösch: Nein, ich persönlich habe noch keine Deadline. Ich werde auf jeden Fall mal nächstes Jahr zu den Paralympics fahren und mir danach das ganze Umfeld anschauen - wie es im Team weitergeht, mit den Betreuern und Trainern, wie es mit meinem Studium ausschaut. Ich werde heuer im Oktober 29 Jahre alt. Vom Körperlichen her kann ich noch einige Jahre fahren, bis Mitte 30 ist es sicher kein Problem. Aber ich bin halt doch viel unterwegs und schlafe um die 200 bis 230 Tage im Jahr nicht in meinem eigenen Bett. Bin nun dabei, seitdem ich 14 bin, das ist es eine lange Zeit. Aber solange es Spaß macht und solange die Erfolge noch so da sind, wie momentan, werde ich weiterfahren!

Tips: Du bist ja aufgewachsen in Neupölla, was verbindest du nach wie vor mit deiner Heimat?

Lösch: Geboren bin ich zwar in Wien, aber aufgewachsen in Neupölla. Als ich eineinhalb Jahre war, sind wir ins Waldviertel gezogen. Ich verbinde sehr viele Sachen mit Neupölla, dort eine Kindheit zu verbringen, ist ideal. Wir sind nach der Schule nach Hause gekommen und haben Hausübung gemacht und waren dann fünf Stunden im Wald, Autoverkehr oder sonstige potentielle Gefahren, die womöglich auf Kinder warten, waren kein Thema. Es ist es einfach ein extrem freies Aufwachsen. Ich bin auch heute noch vier-, fünfmal im Jahr im Waldviertel, weil meine Mutter noch dort wohnt. Und nahezu ein Pflichttermin sind die Winnetou-Spiele in Gföhl!

Tips: Wie würdest du dich selber beschreiben?

Lösch: Ehrgeizig, intelligent und manchmal ein bisschen launisch.


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