Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

„Kein Tier zu erwerben, ist oft der größere Tierschutz“: Tätigkeitsbericht der Tierschutzombudsstelle OÖ

Tips Logo Karin Seyringer, 16.07.2024 18:37

OÖ/LINZ. 649 Anfragen zu Tierschutzfragen, 276 Hinweise zu möglichen Missständen, 453 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren: Der Tätigkeitsbericht 2023 der Tierschutzombudsstelle OÖ zeigt steigende Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren.

  1 / 2   Symbolfoto: 649 Anfragen beantwortete die Tierschutzombudsstelle OÖ 2023, davon 29 Prozent zu Hunden, 26 Prozent zu Katzen. (Foto: kobkik/stock.adobe.com)

Seit 2018 ist in Oberösterreich die Fachtierärztin und anerkannte Expertin in den Bereichen Tierhaltung und Tierschutz Tierschutzombudsfrau in Oberösterreich. Sie ist nicht nur Anlaufstelle für Tierschutzfragen, sondern hat auch Parteienstellung bei Verwaltungsverfahren, einschließlich Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierschutzgesetz.

„Wir beobachten eine immer stärker werdende Sensibilisierung in der Gesellschaft. Trotz aller Bemühungen und guter Arbeit der Partnerorganisationen muss der Tierschutz weiter vorangetrieben werden“, so der zuständige Tierschutz-Landesrat Michael Lindner (SPÖ).

Mehr Anfragen

Das zeigen auch die Zahlen im vorgelegten Tätigkeitsbericht der Tierschutzombudsstelle OÖ 2023. 649 Anfragen wurden 2023 beantwortet, nach etwa 600 im Jahr 2022. Der Großteil betraf Hunde und Katzen, gefolgt von allgemeinen Tierschutzthemen und Themen rund um Nutztiere.

Inhaltlich komme „alles Mögliche dabei unter“, so Ombudsfrau Cornelia Rouha-Mülleder. Großteils betreffen die Anfragen aber die Themen Zucht bzw. Qualzucht, Hundehaltung oder Streunerkatzen. „Bei Nutztieren betreffen die Fragen oft die Haltung, weil viele nicht mehr wissen, welche Nutztierhaltung bei uns erlaubt ist und welche nicht.“

Ein steigender Trend ist auch bei Hinweisen auf mögliche Übertretungen des Tierschutzgesetzes zu sehen, wobei rund ein Viertel davon nicht gerechtfertigt gewesen seien.

Nach eingehender Prüfung seien 62 Hinweise von der Ombudsstelle an die Behörden weitergegeben worden. Rouha-Mülleder verweist dabei darauf, dass solche Hinweise besser direkt an die zuständigen Bezirkshauptmannschaften gemeldet werden sollten, 2023 war dies 214-mal der Fall, in Summe also 276 Fälle.

Parteienstellung bei Verwaltungsstrafverfahren

2023 wurden der Tierschutzombudsfrau 453 neu eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierschutzgesetz bekannt gegeben bzw. wurde sie eingebunden. Nach einem sprunghaften Anstieg 2022 (421) erneut ein Plus.

„Mag der Anstieg 2022 mit Corona zu tun gehabt haben, ist das nunmehrige Plus auf festgestellte Mängel in der Haltung von Nutztieren zurückzuführen. Oft hat das auch mit sozialen Problemen zu tun“, so die Ombudsfrau.

Fehlende Registrierung, Verschmutzung

Gründe für Verwaltungsstrafverfahren bei Hunden (161 Fälle) waren unter anderem der „Klassiker“ der fehlenden Kennzeichnung und Registrierung, Haltungsmängel oder mangelnder Schutz vor zum Beispiel Hitze.

Bei Rindern (113 Fälle) waren unzureichend eingestreute, trockene Liegeflächen oder hochgradige Verschmutzung sowie mangelnde Versorgung Gründe. „Verschmutzung ist eine massive Einschränkung für Tiere, ist eine Beeinträchtigung ihres Normalverhaltens. Tiere wollen sauber sein“, so Rouha-Mülleder.

Bei Katzen (63 Fälle) zumeist fehlende Kastration, bei Schweinen (47 Fälle) unter anderem mangelhafte Betreuung bzw. tierärztliche Behandlung oder Mängel bei der Versorgung mit Wasser.

Deutlich gestiegen ist dabei die Zahl der Verwaltungsstrafverfahren aufgrund von Verstößen gegen das Verbot der Tierquälerei, des Verbotes der Tötung von Tieren und des Verbotes von Eingriffen an Tieren. Waren es 2021 104 Verfahren und im Jahr 2022 118 Verfahren, wurden 2023 195 solcher Verfahren geführt.

Schärfste Sanktion: Verbot der Tierhaltung

Die schärfste Strafsanktion der Behörde beim Tierschutz ist das Verbot der Tierhaltung. Dieses musste 2023 neunmal ausgesprochen werden, bei elf Verfahren. Zudem wurden fünf Haltungsverbote angedroht, eine davon schon im Vorjahr eingeleitet.

Bewusstsein schaffen: „Kein Tier zu erwerben, ist oft der größere Tierschutz“

Auf eine problematische gesellschaftliche Entwicklung weist Tierschutz-Landesrat Lindner hin: Das Thema Qualzucht, nach dem Tierschutzgesetz verboten. Die bekanntesten Beispiele sind etwa die typischen nach vorne geklappten Ohren der Scottish Fold Katzen, verursacht durch eine Genmutation, die aber mit Knorpel- und Knochenschäden im gesamten Körper einhergehen. Oder die extrem kurze Schnauze bei gewissen Hunderassen wie der Französischen Bulldogge, Mops oder Perserkatzen, die eine massive Verformung des Gesichtsschädels verursachen. „Es ist eine falsche Entwicklung in unserer Gesellschaft, einen Hund so hinzuzimmern, wie wir ihn wollen“, so Rouha-Mülleder.

Aufgabe der Tierschutz-Ombudsfrau ist es auch, Bewusstsein zu schaffen. „Der Käufer muss wissen, ob er die Haltung entsprechend gewährleisten kann.“ Eine Grundregel zum Erkennen von seriösen Züchtern sei auch: „Darf ich mir beim Züchter vor Ort ein Bild machen, darf ich ihn nach der Zucht fragen oder werde ich gefragt, ob ich die richtige Haltung gewährleisten kann?“

„Haustiere sind nicht einfach Gebrauchsgegenstände, sondern soziale Wesen. Ein Erwerb muss also gut überlegt werden“, so Lindner. Rouha-Mülleder: „Kein Tier zu erwerben, ist oft der größere Tierschutz“, appelliert sie, sich etwa einen Hundekauf vorher wirklich gut zu überlegen.

Hundehaltegesetz: Lindner rechnet mit Anstieg in Tierheimen

Durch das neue Oö. Hundehaltegesetz rechnet Landesrat Lindner mit einem Anstieg von in Tierheimen abgegebenen Hunden. Er verweist hier auf den Ausbauplan für mehr Kapazitäten.

Mehr zum Thema: Neues Oö. Hundehaltegesetz im Landtag beschlossen

Mehr zum Thema: Tierschutz in Oberösterreich: Ausbauplan für mehr Kapazitäten

Angesetzt wird auch schon in der Schule, mit Workshops zum richtigen Umgang mit Tieren, diese werden heuer ausgeweitet und das Angebot auch auf Kindergärten erweitert, in Kooperation mit der Initiative „Tierschutz macht Schule“.

Mehr dazu hier: Pilotprojekt: Tierschutzbildung an oberösterreichischen Volksschulen


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden