Diskussion um längere Öffnungszeiten im Handel
OÖ/WIEN. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer forderte im Ö3-Frühjournal längere Öffnungszeiten für den Handel nach dem Lockdown. Auch am Sonntag soll aufgesperrt werden dürfen. Kritik äußern nun Kirchen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen und die Arbeiterkammer Oberösterreich.
Laut Medienberichten argumentiert Mahrer damit, dass der Umsatz in der Vorweihnachtszeit auf diese Weise noch angekurbelt werden könne. „Die haben sich alle eingedeckt mit Ware für das Weihnachtsgeschäft, das ist für den Handel die stärkste Zeit im Jahr“, sagt der Wirtschaftskammer-Präsident. Seiner Meinung nach könne damit auch der österreichische Handel im Vergleich zum internationalen Onlinehandel gestärkt werden. Darüber hinaus würden sich die Kunden besser verteilen, wenn die Geschäfte längere Öffnungszeiten haben.
Gegen eine Sonntagsöffnung in der Vorweihnachtszeit spricht sich hingegen die „Allianz für den freien Sonntag“ aus, zu der Kirchen, Gewerkschaften und andere zahlreiche Organisationen zählen. Die Handelsangestellten hätten in den vergangenen Monaten viel Stress gehabt und sich einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt. Ob längere Öffnungszeiten tatsächlich mehr Einnahmen bringen, sei zudem fragwürdig. Viele Österreicher sind in Kurzarbeit oder arbeitslos und hätten daher nicht mehr Geld zum Ausgeben.
„Regierung hat rechtzeitige Eindämmung der Pandemie verschlafen“
Ähnlich sieht das auch die Arbeiterkammer Oberösterreich. „Angesichts der ohnehin schon extremen Belastung der Handelsangestellten durch die Kombination von Ansteckungsrisiko und Kundenandrang in der Vorweihnachtszeit ist dieser Vorschlag absolut unverantwortlich. Er würde auch weder einen höheren Gesamtumsatz noch eine Entflechtung der Kundenströme bringen, sondern diese nur von kleinen Geschäften zu großen Handelsketten verlagern“, kritisiert AK OÖ Präsident Johann Kalliauer. Es sei erbärmlich, die Corona-Pandemie für den Versuch einer Verlängerung von Öffnungszeiten und einer Sonntagsöffnung durch die Hintertür auszunutzen. „Die Regierung hat die rechtzeitige Eindämmung der Pandemie leider verschlafen. Dieses Versäumnis darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden“, fordert Kalliauer.
Arbeiten, wenn andere Freizeit haben, ist für viele Arbeitnehmer bereits Realität. 2019 musste etwa ein Fünftel der Oberösterreich regelmäßig am Samstag arbeiten, jeder Zehnte arbeitet an einem Sonntag. Unter den Branchen sind die Gastronomie, der Verkehr, die Unterhaltungsindustrie und der Gesundheitsbereich.
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