77.000 Unterschriften für Bedingungsloses Grundeinkommen
LINZ/OÖ. In Österreich werden derzeit Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt, das ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) fordert. Ungefähr 77.000 Menschen haben bisher unterschrieben, berichten die Initiatoren am Donnerstag, 16. September in Linz. Inhalte der Konferenz waren unter anderem der Hintergrund der Initiative sowie das weitere Vorgehen.
Ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ist ein Geldbetrag, der regelmäßig und bedingungslos jedem Menschen bezahlt wird und hoch genug ist, um die materiellen Grundbedürfnisse abzudecken sowie Teilhabe an der Gesellschaft zu gewährleisten. Zur genauen Ausführung gibt es unterschiedliche Ansätze, etwa ob es zusätzlich Sozialleistungen geben soll oder nicht. Das Volksbegehren, das im Frühjahr 2022 kommen soll, sieht vor, dass das BGE allen Personen, die dauerhaft im Land wohnen, zur Verfügung steht. Es soll individuell, sprich unabhängig von der Einkommens-, oder Vermögenssituation eines Haushalts, bedingungslos, ohne z.B. an eine Arbeitspflicht gebunden zu sein, und existenz- und teilhabesichernd sein. Die konkrete Höhe, Finanzierung und Umsetzung sollen nach einem Prozess, an dem die Zivilgesellschaft beteiligt wird, gesetzlich verankert werden, sagen die Initiatoren Ingrid Farag und Klaus Sambor. Denkbar sei etwa eine Summe von ungefähr 1.200 Euro, die sich an der Armutsschwelle orientiert (Die Armutsschwelle liegt derzeit bei 1.328 Euro/Monat, wenn von zwölf Gehältern ausgegangen wird, Anm.), Kinder könnten weniger erhalten.
Zuverdienst möglich
Bereits jetzt würden in Österreich mehr Stunden unbezahlt als bezahlt geleistet werden, hält Hadwig Soyoye-Rothschädl vom Runden Tisch Grundeinkommen Salzburg fest. Der aktuelle Sozialstaat beuge aber weder vor Armut vor noch sichere er Existenzen. Für sie und andere Befürworter wie Paul Ettl von der Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung sei das BGE eine Weiterentwicklung des derzeitigen Sozialstaats, der noch Erwerbsarbeit für Transferleistungen voraussetze. „Das Bedingungslose Grundeinkommen soll die Härten des Kapitalismus abfangen. Wer mehr Geld als diese Summe haben möchte, kann sich darüber hinaus etwas dazuverdienen“, führen Soyoye-Rothschädl und Georg Sorst, ebenfalls vom Runden Tisch Grundeinkommen Salzburg, aus. Mit einem BGE einhergehen müssten aber auch eine Umverteilung und Reduktion der Arbeitszeit, da es andernfalls weiterhin große Einkommensunterschiede geben würde.
Beitrag zu sozialem Frieden, Gesundheit und Nachhaltigkeit
Vorteile eines BGE seien laut dem Linzer Verein unter anderem, dass es einen Beitrag zu Gesundheit, Motivation, aber auch zu sozialem Frieden und Nachhaltigkeit leisten könne. „Menschen wollen von Natur aus aktiv sein, an der Gesellschaft teilnehmen und sich konstruktiv einbringen. Aktuell werden Menschen aber dazu gezwungen, Arbeiten anzunehmen, die nicht ihren Fähigkeiten entsprechen oder die sie nicht gerne ausüben. Ein emanzipatorisches BGE gibt den Menschen den nötigen Vertrauensvorschuss, um ihren Platz zu finden und eine Möglichkeit, ihr Leben freier zu gestalten“, ist Sorst überzeugt. Er verweist auf ein Experiment unter etwa 1.000 Arbeitslosen in Finnland. Diese hätten bedingungslos 560 Euro im Monat erhalten. Das habe zu mehr Vertrauen in ihre Mitmenschen und in die Politik sowie zu weniger psychischem Stress und mehr Gesundheit geführt. Auf die Arbeitsbereitschaft habe das Geld hingegen weder in die eine noch in die andere Richtung Auswirkungen gehabt.
Finanzierung
Wie die Einführung eines BGE in Österreich finanziert werden soll? Die Annahme mancher, dass jeder Mensch 1.000 Euro mehr erhalte als derzeit, sei falsch, sagt Mathematiker Ettl: „Etwa 80 Prozent der Menschen werden mehr haben, der Rest muss etwas dazu zahlen. Ist das Einkommen höher, steigt damit auch die Steuer, die wieder an den Staat zurückfließt. Es geht sich aus und ist eine Sache der Umverteilung“.
Um für das BGE zu werben, werden derzeit Veranstaltungen und Gewinnspiele durchgeführt. So ist ein Grundeinkommen für ein Jahr zu gewinnen. Am Freitag, 24. September, ab 16 Uhr geben der Jazzposaunist Paul Zauner, sein Kollege Jan Korinek und die Ska-Band Skiplt ein Benefizkonzert im Musikpavillon bei der Linzer Donaulände.
Ausblick
Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren zum BGE können noch bis Ende des Jahres auf allen Gemeindeämtern, Magistraten beziehungsweise Bürgerservicestellen, aber auch online mit einer Bürgerkarte oder Handysignatur abgegeben werden. Die offizielle Eintragungswoche ist für Frühjahr 2022 geplant. Derzeit (Stand 16.9.) unterstützen ungefähr 77.000 Menschen das Volksbegehren. Damit es im Parlament behandelt wird, sind 100.000 Unterschriften nötig. Zudem kann aktuell auch eine europäische Bürgerinitiative zum BGE unterschrieben werden. Hierfür sind eine Million Unterschriften aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nötig.
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