Insolvenzen sind stark angestiegen, Vorkrisenniveau wird erreicht
OÖ/NÖ. Fast 2.500 Unternehmen sind in Österreich im ersten Halbjahr 2022 in die Insolvenz geschlittert, zeigen Zahlen des Gläubigerschutzverbandes Creditreform. Ein Plus von 121 Prozent zum letzten Jahr. In Oberösterreich und Niederösterreich ist der Anstieg noch größer. Mit der Steigerung wird annähernd Vorkrisen-Niveau erreicht.
Die Gründe für den Anstieg liegen auf der Hand: „Einerseits sind die staatlichen Hilfen ausgelaufen und öffentliche Gläubiger (Finanz, GKK) stellen vermehrt Insolvenzanträge, andererseits sind die heimischen Unternehmen nach den Lockdowns von diversen Krisen gleichzeitig betroffen, die auf die Konjunktur drücken“, erläutert Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform.
Zudem würden steigende Preise bei Materialien und Vorproduktion zu schaffen machen, diese können nicht 1:1 an die Kunden weitergegeben werden. Der Fachkräftemangel führe zu steigenden Löhnen.
Vorkrisen-Niveau fast erreicht
Mit 2.429 Verfahren in Österreich ist annähernd Vorkrisen-Niveau des Jahres 2019 erreicht. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist dabei um fast 100 Prozent auf 1.428 gestiegen. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen haben sich gar um 164 Prozent auf 1.001 erhöht.
Die große Mehrheit der Insolvenzen hat Klein- und Kleinstunternehmen betroffen. Die Insolvenzpassiva belaufen sich auf rund 600 Millionen Euro. 7.000 Arbeitsplätze und über 17.300 Gläubiger waren betroffen.
Bundesländervergleich
In Oberösterreich haben 262 Unternehmen im ersten Halbjahr 2022 Insolvenz angemeldet, ein Plus von knapp 160 Prozent. Noch stärker war der Zuwachs nur in Niederösterreich (plus 189 Prozent) und Vorarlberg (plus 168 Prozent). Der Branchenvergleich zeigt starke Zuwächse in allen Branchen.
Das Ende der Fahnenstange glaubt Weinhofer noch nicht erreicht, da sich „die Corona-Blase nur langsam auflöst“. Zumindest 5.700 Unternehmen seien laut Studie (TU Wien) in Österreich ausfallgefährdet. Dazu könnten die noch nicht vorhersehbaren Auswirkungen eines Gaslieferstopps und anderer Folgen des Ukraine-Kriegs kommen. „Die im Juli von der EZB eingeleitete Zinswende wird zudem zu vermehrten Problemen bei der Kreditaufnahme und Refinanzierung führen.“
Auch mehr Privatinsolvenzen
Auch die Zahl der Privatinsolvenzen ist gestiegen, österreichweit um rund 36 Prozent auf über 4.700 Verfahren. Das Vor-Pandemie-Niveau werde gegen Ende des Jahres erreicht, glaubt der Gläubigerschutzverband. In Oberösterreich beträgt der Anstieg 56,4 Prozent, nach Tirol mit 65,3 Prozent. Niederösterreich liegt bei Plus 54,4 Prozent. Österreichweit waren etwas mehr als 7 von 10.000 Erwachsene zahlungsunfähig.
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