Wirtschaftskammer warnt vor Kostenexplosion für heimische Betriebe
OÖ/LINZ. Die enorm gestiegenen Energiepreise sind für die heimischen Betriebe eine finanzielle Belastung. Die Präsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich (WKOÖ), Doris Hummer fordert rasche Maßnahmen zur Entlastung.
„Wir befinden uns in einer noch nie dagewesenen Energiekrise. Täglich erreichen uns dutzende Anrufe von Mitgliedsbetrieben, insbesondere aus dem mittelständischen Produktions- und Dienstleistungsbereich, dass diese Situation mittlerweile existenzbedrohend ist“, so die WKOÖ-Präsidentin Hummer. Auf Maßnahmen und Lösungsvorschläge seitens der EU könne nicht länger gewartet werden. „Es braucht eine rasche und wirksame Entlastung“, so Hummer.
Unternehmen in Sorge um die Finanzierung
Am Beispiel eines Fleischermeisterbetriebs veranschaulicht Hummer die Dramatik der Lage: Der Stromliefervertrag wurde dem Betrieb durch den Lieferanten gekündigt. Daher beläuft sich der neue Strompreis auf etwa 90 Cent, zuvor waren es 6,2 Cent. Bei einem jährlichen Verbrauch von 100.000 Kilowatt würde dieser Preis für das Unternehmen die Schließung bedeuten.
OÖ hat eine energieintensive Industrie
Die massiv gestiegenen Storm- und Gaspreise befeuern die Produktionskosten. Oberösterreich habe als Wirtschaftsstandort zudem viele energieintensive Betriebe. Eine Weitergabe der Kosten an den Endverbraucher oder Konsumenten würde laut WKOÖ die Inflation beschleunigen und damit eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Eine Einstellung der Produktion würde zu Lieferverzug, Schadensersatzzahlungen, Versorgungslücken und letztlich zum Verlust von Arbeitsplätzen führen. Bei größeren Betrieben wird im schlimmsten Fall eine Abwanderung an einen günstigeren Standort befürchtet.
Die WKOÖ fordert umgehend nationale Maßnahmen, wie etwa eine Senkung der Energiesteuern, eine weitere Aussetzung der CO2-Abgabe und schlägt ein sogenanntes „Cost-Plus-Modell“ vor.
So funktioniert das Cost-Plus-Modell
„Die Strompreise bilden die tatsächlichen Kosten der Produktion des jeweiligen Energieversorgungsunternehmens ab und enthalten einen Gewinnaufschlag. Sie gelten für Unternehmen und für Haushalte. An die volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preise sind in der Krisenphase alle Stromlieferungen an österreichische Kunden gebunden. Erklärtes Ziel muss sein, dass billig erzeugter Strom nicht teuer verkauft werden darf. Einer Preisregulierung darf auch nicht mit Exporten ausgewichen werden. Besteht ein Importbedarf, ist die Lücke zu schließen und die Kosten gehen in die Preiskalkulation ein. Die Preise gelten befristet; hat sich die Situation auf den Energiemärkten wieder beruhigt, kann zur alten Rechtslage zurückgekehrt werden, es sind keine weiteren Preisfestsetzungsverfahren notwendig. Das ist sowohl vom österreichischen als auch vom EU-Recht gedeckt“, erklärt Hummer.
Weitere Maßnahmen gefordert
Des weiteren fordert die WKOÖ weitere Sofortmaßnahmen, wie eine Senkung der Mineralölsteuer, eine Abgabensenkung bei Strom und Gas, eine „Investitionsprämie Neu“ und eine nachhaltige Entlastung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Erhaltung der Wirtschaft. Die Forderung nach einer Steuerentlastung wird unter anderem damit begründet, dass laut der OECD-Studie „Taxing Wages“ nur Belgier und Deutsche eine noch höhere Abgabenbelastung haben. Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Finanzhilfen in Höhe von 200 Millionen Euro bei der Strompreiskompensation und von 450 Millionen Euro beim Energiekostenzuschuss seien bei weitem nicht ausreichend.
Transportbranche leidet unter Treibstoffkosten und Personalmangel
Günther Norbert Reder, Obmann der Transporteure in der WKOÖ, weist auf die Belastungen in der Branche hin: Innerhalb eines Jahres seien die Treibstoffkosten um 80 Prozent gestiegen. „Eine CO2-Bepreisung, die ab 1.Oktober 2022 vorgesehen ist, würde diesen Preisauftrieb noch zusätzlich befeuern“, so Reder.
Am Beispiel eines oberösterreichischen Transport-Unternehmens mit 250 LKW wirke sich der Preisanstieg des Treibstoffs mit Mehrkosten von 400.000 Euro im Monat oder 4,8 Millionen Euro pro Jahr aus. Werde die CO2-Bepreisung mit berechnet, lägen die Mehrkosten für ein Jahr bei 5,5 Millionen Euro.
Zudem leidet die Branche - wie viele andere - an Personalmangel. Österreichweit fehlen rund 8.000 LKW-Fahrer, davon etwa 2.000 in Oberösterreich. Die Transporteure fordern daher unter anderem eine Öffnung des Arbeitsmarktes und die Option, Lenker aus Drittstaaten im Rahmen der Rot-Weiß-Rot Card einsetzen zu können sowie eine Absenkung der Lohnnebenkosten.
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