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Agrarausblick 2023: Versorgungssicherheit bei politischen Entscheidungen berücksichtigen

Tips Logo Karin Seyringer, 10.01.2023 15:53

OÖ. „Realitätsfremde Vorschläge der EU, die eine dramatische Einschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion bedeuten würden“, sieht die Landwirtschaftskammer OÖ beim Blick auf das Agrarjahr 2023. Gefordert wird, die Versorgungssicherheit bei politischen Entscheidungen zu berücksichtigen und die Green Deal-Vorgaben machbar umzusetzen. Aber auch auf nationaler Ebene stehen dringend notwendige Forderungen von Seiten der OÖ Landwirtschaft im Raum.

 (Foto: LK OÖ)
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„Die Landwirtschaftskammer bekennt sich zu einer umwelt- und klimaschonenden sowie biodiversitätsfördernden Land- und Forstwirtschaft. Diese muss aber wirtschaftlich machbar sowie wettbewerbsfähig bleiben und darf die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln mittel- und längerfristig nicht gefährden“, betonen LK-Präsident Franz Waldenberger und Kammerdirektor Karl Dietachmair.

Green Deal-Ziele: Im Grundsatz positiv, im Detail problematisch

Die Landwirtschaftskammer bekennt sich zur Erreichung der Kernziele des Green-Deal. Diese sehen eine EU-weite Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 und als Zwischenziel bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 vor. Mehrere darüber hinausgehende Detailziele wie die vorgeschlagene massive und undifferenzierte Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes sowie die Vorgaben zur Wiederherstellung der Natur seien in der wirtschaftlichen Praxis jedoch kaum machbar und bedürfen daher angesichts der aktuell angespannten Versorgungssituation dringend einer Überarbeitung.

50-prozentige Pflanzenschutzmittelreduktion gefährdet Versorgungssicherheit

Österreich hat in den letzten Jahren den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel bereits deutlich reduziert (um gut 18 Prozent seit dem Jahr 2011) und unternehme hohe Anstrengungen, diesen eingeschlagenen Weg auch weiter zu verfolgen. Die vorgestellten Änderungen und Zielwerte in der EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln würden sich aber als völlig überzogen erweisen.

Dabei ist bis zum Jahr 2030 etwa eine Reduktion der eingesetzten Wirkstoffmengen um 50 Prozent vorgesehen, ebenso eine Reduktion um 50 Prozent beim Einsatz gefährlicher Wirkstoffe (sogenannte Substitutionskandidaten). Ein absolutes Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in sensiblen Gebieten (z.B. Natura 2000 Gebiete) würde außerdem dazu führen, dass dort selbst die biologische Landwirtschaft nicht mehr möglich ist.

EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur in Praxis kaum machbar

Die im EU-Verordnungsentwurf zur Wiederherstellung der Natur vorgesehenen Ziele würden sich ebenfalls als in der Praxis kaum machbar erweisen. Konkret ist vorgesehen bis 2030 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche unter Schutz zu stellen und 10 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen gänzlich aus der Produktion zu nehmen.

Mit den verbindlichen Vorgaben zur Außernutzungstellung von Flächen werde man den weltweit wachsenden Herausforderungen der Ernährungssicherung keinesfalls gerecht.

Wirtschaftsfolgenabschätzung zu Green Deal unabdingbar

In mehreren wissenschaftlichen Studien werde bereits aufgezeigt, dass die Umsetzung der Green Deal-Zielvorgaben zu dramatischen Einbrüchen der landwirtschaftlichen Produktion in der EU führen würden, zwischen 7 bis 20 Prozent weniger Lebensmittel je nach Sparte. Diese führe zu einer massiven Importabhängigkeit bei Lebensmitteln und zu einer starken Verlagerung von CO2 Emissionen in Drittstaaten.

Vor diesem Hintergrund haben zuletzt sowohl die Landwirtschaftskammer als auch 18 der insgesamt 27 EU-Agrarminister von der EU-Kommission eine umfassende Wirtschaftsfolgenabschätzung zu den verschiedenen Green-Deal Zielen im Bereich der Landwirtschaft eingefordert. „Angesichts der weltweit äußert engen Versorgungslage mit Lebensmitteln wäre es völlig unverantwortlich, derart weitreichende EU-Entscheidungen ohne eine tatsächlich fundierte wissenschaftliche Wirtschaftsfolgenabschätzung und ohne Prüfung auf die Auswirkungen hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit zu tätigen“, warnt Waldenberger.

Verpflichtende Güllegrubenabdeckung wirtschaftlich nicht tragbar

Auf nationaler Ebene wurde zuletzt mit der verpflichtenden nachträglichen Güllegrubenabdeckung bis 2028 in der Ammoniakreduktions-Verordnung eine Auflage verankert, die für die OÖ Landwirtschaft in keinem wirtschaftlich tragbaren Verhältnis zum tatsächlichen Ammoniak-Reduktionspotenzial steht. Denn einem notwendigen Investitionsbedarf von mindestens 500 Millionen bis über eine Milliarde Euro innerhalb eines äußerst kurzen Zeitraums (bis Ende 2027) sowie einem für die betroffenen bäuerlichen Betriebe unzumutbaren bürokratischen und organisatorischen Aufwand (Ziviltechnikergutachten, Bauabwicklung, …) würden lediglich 0,6 Kilotonnen Ammoniak-Reduktionspotenzial gegenüber.

„Die Landwirtschaftskammer OÖ fordert vom Bundesministerium für Klimaschutz eine umgehende Korrektur der Ammoniak-Reduktions-Verordnung, insbesondere eine Streichung der verpflichtenden Gülleraumabdeckung als wirtschaftlich und ökologisch völlig unverhältnismäßige Maßnahme sowie eine adäquate Berücksichtigung von Alternativmaßnahmen zur Ammoniak-Reduktion“, betont Waldenberger.

Private Strompreisbremse auch für Bauernfamilien unverzichtbar

Eine rasche gesetzliche Klarstellung fordert die Landwirtschaftskammer dahingehend, dass auch die privaten Haushalte von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mit hinterlegtem L-Lastprofil in die Regelung der Stromkostenentlastung aufgenommen werden. Aufgrund eines Fristsetzungsantrages im Nationalrat wird davon ausgegangen, dass dazu in den nächsten Wochen eine entsprechende politische Entscheidung fällt. 

Die aktuell geltende Strompreisbremse für Privathaushalte sieht bis zu einem jährlichen Stromverbrauch von 2.900 Kilowattstunden eine entsprechende Reduktion der stark gestiegenen Stromkosten vor. Nach dem derzeit geltenden Stromkostenzuschussgesetz können jedoch nur Anlagen berücksichtigt werden, deren Zählpunkte dem HaushaltsLastprofil zugeordnet sind. Dem Großteil der bäuerlichen Betriebe ist aber auch für den privaten Stromverbrauch ein Landwirtschafts-Lastprofil unterlegt, sodass die Bauernfamilien aktuell von der Entlastung durch die private Strompreisbremse ausgeschlossen sind.

„Energieautarker Bauernhof“ bedarf praxistauglicher Umsetzungs- und Förderkriterien

Einer raschen Umsetzung bedarf laut Landwirtschaftskammer das angekündigte Förderpaket „Energieautarker Bauernhof“ des Klimaschutzministeriums, jedoch ohne die geforderte Erstellung eines eines gesamtbetrieblichen Energiekonzeptes. Damit sollen die bereitstehenden Fördermittel möglichst zeitnah für dringend notwendige Investitionen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe verfügbar gemacht werden. „Weniger Administration, dafür mehr Umsetzung“, fasst Waldenberger zusammen.


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