
LINZ/OÖ. Die Betriebe sind gefordert: Es fehlen Arbeitskräfte, die Preisspirale dreht sich, Gehälter steigen. Tips spricht mit Wirtschaftskammer-Präsidentin Doris Hummer über mögliche Lösungen.
Tips: Wo benötigen die Betriebe besondere Unterstützung?
Doris Hummer: Die Mischung aus fehlenden Arbeitskräften, den Preissteigerungen und steigenden Gehältern macht es für unsere Betriebe sehr herausfordernd. Wir als Wirtschaftskammer bieten daher noch mehr Unterstützung an, die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, und auf der anderen Seite auch, den richtigen Job zur Verfügung zu stellen. Ob mit Hilfe von Potentialanalysen, Talente Checks, oder durch ein Matching Angebot wie der Job Week: Wir versuchen, den Prozess des gegenseitigen Findens zu unterstützen und zu beschleunigen. Betriebe werden flexibler, aber Flexibilität ist keine Einbahnstraße, sondern muss auf beiden Seiten funktionieren.
Tips: Wie gelingt es, Menschen zu mehr Arbeitsstunden zu bewegen?
Hummer: Es ist wichtig aufzuzeigen, was Teilzeit für ein Lebenseinkommen, für Pensionszahlungen heißt. Wir möchten Menschen belohnen, die Vollzeit arbeiten und darüber hinaus noch bereit sind, Überstunden zu leisten. Sie sollen weniger Steuern zahlen. Und wir möchten die Personen belohnen, die schon in Pension gehen könnten, um sie ein Jahr länger in den Betrieben zu halten. Wenn jede Vollzeitkraft in OÖ nur eine Wochenstunde mehr arbeiten würde, hätten wir um 26.000 Vollzeitäquivalent mehr. Bei den Frauen haben wir eine Teilzeitquote von 50 Prozent. Wir brauchen bei der Kinderbetreuung Verlässlichkeit im System, und die fordern wir von der Öffentlichen Hand. Es muss für die Frauen und Familien attraktiv und machbar sein, mehr Stunden zu arbeiten.
Tips: Das Zuwanderungssystem in Form der Rot-Weiß-Rot – Karte wurde im Oktober reformiert. Sehen Sie schon erste Auswirkungen?
Hummer: Im letzten Jahr haben sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Wir möchten die Möglichkeiten der Rot-Weiß-Rot – Karte auch für Lehrlinge 18+ nutzen. Das wäre ein Erfolgsmodell, das dem Standort helfen könnte.
Tips: Ermöglicht der Arbeitskräftemangel mehr Chancen für Menschen mit Beeinträchtigungen?
Hummer: Die Betriebe sind bereit, sich auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen einzustellen. Das ist für die Betriebe und für die Gesellschaft eine sehr positive Entwicklung, weil auf das Miteinander noch stärker geachtet wird. Wir unterstützen durch unsere Beratungsstellen und sehen, dass die Betriebe, die sich darauf einlassen, sehr davon profitieren. Ich kann das auch für mein eigenes Unternehmen bestätigen.
Tips: Welche Themen beschäftigen Sie aktuell am stärksten?
Hummer: Betreffend Arbeitsmarkt sehen wir im Steuersystem und über die Rot-Weiß-Rot Karte für Lehrlinge noch große Hebel. Ein weiteres Thema ist die Konjunktur im Baubereich, da gibt es eine Bremse, weil Kredite neuen Regelungen unterliegen und auch die Zinsen gestiegen sind. Bei Investitionen und im Privathausbau ist eine Konjunkturabschwächung klar ersichtlich, da müssen wir gegensteuern. Es geht darum, die Preisspirale zu dämpfen. Hier ist der Staat inklusive der EZB intensiv gefordert, andere Länder können es auch. Wenn das so weitergeht, sind unsere Produkte irgendwann nicht mehr wettbewerbsfähig.