
OÖ/LINZ. Im Rahmen des „OÖ. Pakt für Arbeit & Qualifizierung“ investieren das Land OÖ, AMS OÖ und Sozialministeriumsservice (SMS) OÖ im Jahr 2023 wieder 326 Millionen Euro in Beschäftigungsinitiativen. Neue Schwerpunkte werden auf Digitalisierung, Energie und auf Arbeitskräfte aus dem Ausland gesetzt. Die Industrieellenvereinigung OÖ zeigt sich nicht zufrieden und lehnt den Pakt ab.
Die Situation am oö. Arbeitsmarkt ist aus Arbeitnehmersicht eine gute, für Unternehmen aber schwierig, angesichts des andauernden Arbeitskräftemangels. „Oberösterreich ist auf dem Weg zum Land der Vollbeschäftigung“, so Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner (ÖVP) am Freitag in Linz. Auch jetzt im Winter und mit Saisoneffekt seien 691.000 Personen in OÖ (Zahlen Februar) in Beschäftigung, „auf Rekordkurs“, so Achleitner. Bei 4,7 Prozent liegt die Arbeitslosenrate in OÖ im Februar 2023, um 0,1 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahresmonat.
Große Erfolge habe auch das Job-Restart-Programm erzielt, zeige der Rückgang bei den Langzeitarbeitslosen (aktuell 6.414, nach 13.287 im Februar 202). Mit Februar 2023 gibt es knapp 31.000 offene Stellen, die beim AMS OÖ gemeldet sind – „in der Praxis kann man das mal zwei rechnen, weil viele Unternehmen offene Stellen nicht melden.“ Oberösterreich sei zudem gerade ein „Lehrstellenparadies“, so Achleitner. Vier offene Lehrstellen fallen auf jeden Lehrstellensuchenden.
Arbeitskräfte aus dem Ausland
Angesichts solcher Zahlen möchte man meinen, dass Investition öffentlicher Gelder in den Arbeitsmarkt nicht nötig seien, so Achleitner, aber: „Der Bedarf an Arbeitskräften ist stark, wir müssen Leute in die Betriebe bringen.“
So werde ein Fokus auf den ersten Arbeitsmarkt gelegt, alle Angebote zielen darauf ab, Menschen für einen Arbeitsmarkt in einem oö. Betrieb fit zu machen.
Aufgrund der demografischen Entwicklung brauche man qualifizierte Zuwanderung – neue und erweiterte Initiativen zur Fachkräfte-Gewinnung aus Drittländern in Kooperation mit oö. Industriebetrieben sind geplant. Unterstützt wird von der Business Upper Austria. Ebenso werden die „Talent Attraction Programme“ für die Zuwanderung Hochqualifizierter aufgestockt. Ein „Versuchsballon“ sei ein Projekt des Landes, bei dem potenzielle Arbeitskräfte aus Drittsaaten, wie etwas Brasilien, nach OÖ geholt werden, mit dem Aufenthaltstitel Schülervisum. Gemeinsam mit Unternehmen will man diese zum Lehrabschluss zu bringen, mit verkürzter Lehrzeit. Auch starte die Business Upper Austria ein Kompetenzzentrum für qualifizierten Zuzug. „Wir befinden uns im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern, andern Ländern“, so AMS OÖ-Landesgeschäftsfürer Gerhard Straßer. „Wir müssen hier Tempo machen“.
Stärkeren Fokus auf MINT-Bereich, Energie und Klima
Programmieren, Digital Pioneers, digitale Kompetenz oder IT Security: Gerade Frauen will man vermehrt für die digitale Transformation stärken. Zudem wird ein Schwerpunkt auf Energie und Klima gelegt. So startet im Herbst in Vöcklabruck die ÖkoTech-Akademie mit Ausbildungsangeboten in der Automatisierungs- und Klimatechnologie, in Wels startet eine Ausbildungsoffensive für Elektropraktiker.
Strasser: „Schnell qualifizieren“
Wichtig sei es, rasch zu qualifizieren, so Gerhard Straßer. „Das AMS OÖ beschleunigt den Vermittlungsprozess. Arbeitssuchende erhalten bereits am ersten Tag Jobangebote. Zum anderen forcieren wir kürzere, unternehmensnahe Qualifizierungen.“ Betriebe würden schon zu Beginn ins Boot geholt.
Vom aktuellen Arbeitskräftemangel würden ältere Personen bzw. Menschen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen profitieren. Dabei bewähre sich neben Eingliederungsbeihilfen auch die Arbeitserprobung.
Chance für Jugendliche
Bei Jugendlichen sei es die Devise, diese von alternativen Projekten in reguläre Lehrverhältnisse zu bringen. Hier setzt auch die Arbeit des Sozialministeriumsservice OÖ an. Diese rückt die Unterstützung ausgrenzungsgefährdeter Jugendlicher und Menschen mit Beeinträchtigung in den Mittelpunkt. Zur fachlichen Qualifizierungen von Jugendlichen mit Behinderung werden 500 Plätze finanziert, Jugendcoaching, Berufsausbildungsassistenz, Produktionsschulen und das NEBA Betriebsservice sind weitere Projekte. „NEBA ist eine Hauptanlaufstelle für Unternehmen, die Fragen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung haben oder einen Arbeitsplatz so besetzen wollen. Ich lege das sehr ans Herz“, so Brigitte Deu von der Landesstellenleiterin des Sozialministeriumsservice OÖ.
Bei Roadshow aufmerksam machen
Um Unternehmen auf die neuen Schwerpunkte und Pakt-Förderprogramme aufmerksam zu machen, wird in Zusammenarbeit mit den regionalen Wirtschaftskammer-Stellen eine Roadshow gestartet.
Die 326 Millionen Euro, die für Arbeitsmarkt-Maßnahmen vorgesehen sind, teilen sich auf folgend auf: 167 Millionen Euro AMS OÖ, 110 Millionen Euro Land OÖ und 49 Millionen Euro SMS OÖ
Industriellenvereinigung trägt Pakt nicht mit
Die Industriellenvereinigung (IV) OÖ stimmte dem Pakt für Arbeit und Qualifizierung nur unter der Prämisse von notwendigen Anpassungen und Innovationen zu. „Nach intensiven Beratungen im Zuge der letzten zwölf Monate hat sich die IV OÖ entschieden, den Pakt 2023 nicht mitzutragen – Struktur und Inhalt stammen aus der Zeit steigender Arbeitslosigkeit und müssen in das neue Zeitalter des Arbeitskräftemangels übergeführt werden“, teilt der Interessensverband in einer Aussendung mit.
Der Pakt für Arbeit und Qualifizierung müsse als zentrales Instrument der oberösterreichischen Arbeitsmarktpolitik der Entwicklung Rechnung tragen und einerseits jährlich flexibel an die jeweilige wirtschaftliche Situation am Arbeitsmarkt sowie andererseits an die längerfristigen Entwicklungen und Trends angepasst werden. Keinesfalls darf es ein ständiges Fortschreiben des bestehenden Systems geben, welches – egal ob Rezession oder Hochkonjunktur – immer ähnlich hohe Summen für unveränderte Maßnahmen fördert. „Betriebe suchen händeringend nach Personal. Sie brauchen heute und in Zukunft zur Unterstützung ein innovatives, flexibles und passgenaues Paket an Fördermaßnahmen bei der Suche und Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, betont Präsident Stefan Pierer.