
LINZ. Knapp jeder Zweite Oberösterreicher absolviert eine Lehre, dennoch ist die praktische Ausbildung in Österreich deutlich weniger angesehen als ein höherer Schulabschluss. Ein Imagewandel soll die Lehre als Start in das Berufsleben attraktivieren.
Mit knapp 22.500 Lehrlingen ist Oberösterreich das Bundesland mit der höchsten Lehrlingsdichte. Aktuell absolvieren 39 Prozent der österreichischen Pflichtschulabsolventen eine Lehre, in Oberösterreich ist es knapp jeder Zweite. Ziel der ZLÖ ist es, dass dies im gesamten Österreich der Fall ist. „Die Lehre ist keine Bildungssackgasse. Die Lehre ist eine Pole Position für Berufsbildung. Wenn man sich einmal für die Lehre entscheidet, weiß man, dass das die richtige Entscheidung war“, betont Spitzenberger. Die ZLÖ will unterstreichen, dass auch nach einer Lehre beruflich fast alle Möglichkeiten offenstehen, sich weiterzubilden.
Pro der Lehre: Sicherheit und Unabhängigkeit
Seit über fünf Jahren hat sich die branchen- und parteiübergreifende Initiative Zukunft.Lehre.Österreich (ZLÖ) zum Ziel gemacht, das Ansehen der Lehre in der österreichischen Gesellschaft anzuheben. Das Institut für Markt- und Sozialanalysen (IMAS) befragte im Auftrag des ZLÖ 1000 Österreicher und Österreicherinnen ab 16 Jahren zu ihrem Berufsweg. Von den Befragten Oberösterreichern gaben 87 Prozent an, mit ihrer Berufswahl zufrieden zu sein, 80 Prozent würden ihre Ausbildung wieder genauso abschließen.
„Aus eigener Erfahrung und zahlreichen Gesprächen in meinem Brotberuf zeigt sich, dass ein zentraler Grund für die doch steigende Beliebtheit der Lehrlingsausbildung in der praxisorientierten Ausbildung liegt. Zusätzlich sind Freiheit und finanzielle Unabhängigkeit, wie auch schon österreichweit die Zahlen belegen, auch bei uns in Oberösterreich zentrale Kriterien, um sich für eine Lehrlingsausbildung zu entscheiden“, so Wolfgang Spitzenberger, Vizepräsident der Initiative.
Geringes Ansehen trotz Chancen
Die Studie zeigt eine durchaus positive Rezeption der Lehrausbildung in Oberösterreich auf. Österreichweit gaben 48 Prozent an, sich mit dem Thema Lehrausbildung auseinandergesetzt zu haben, im „Vorreiterbundesland“ Oberösterreich sind es 57 Prozent. „Die Studie zeigt, die Lehrlingsausbildung bietet gute Beschäftigungsaussichten. Viele Unternehmen suchen gezielt nach qualifizierten Fachkräften, die über eine praxisnahe Ausbildung verfügen. Die stellt gerade in der heutigen Zeit einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt in der Berufswahl dar, zusätzlich zu einer damit einhergehenden Jobsicherheit“, analysiert Paul Eiselsberg, Senior Research Director der IMAS, die Ergebnisse.
Die Lehre wird in Oberösterreich nur von 20 Prozent der Befragten sehr hoch angesehen, obwohl mehr als die Hälfte angaben, dass eine Lehre sehr gut auf das Berufsleben vorbereitet.
„Es liegt an uns, daran zu arbeiten, dass sich das Image der Lehre ändert. Wir fischen alle im selben Teich, aber der Teich ist momentan ein bisschen trüb, die Goldfische werden nicht unbedingt mehr.“, beschreibt Thomas Krahofer, Geschäftsführer die Efko Frischfrucht und Delikatessen GmbH die Situation am Arbeitsmarkt. Romana Hackl, Personalleiterin bei der Vivatis-Gruppe, wünscht sich dass bei Lehrkampagnen auch mehr Fokus auf die Lehrberufe außerhalb der beliebtesten Lehren oder auf neue Lehrberufe gelegt wird.
Lehrlingsausbildung erfordert neue Skills
Auf die Frage nach den Aspekten der Lehre, die sich verändern müssen um die Ausbildung zu attraktiveren stehen höhere Bezahlung sowie die Qualifikationen der ausbildenden Kräfte an oberster Stelle. Den Lehrlingsausbildenden von heute bedarf es anderer Qualifikationen, um mit den Jugendlichen umgehen zu können und das Wissen so zu vermitteln, dass es auch ankommt.
Der Schulalltag der Generation Z wurde nicht zuletzt durch die Coronapandemie geprägt, es gilt, Defizite auszugleichen, die bei Lehrlingen aus unterschiedlichen Pflichtschulen bestehen können. Ausbildungskräfte brauchen verstärkt Qualifikationen, um den Auszubildenden soziale Umgangsformen in einem Unternehmen näherbringen zu können. Laut einer Umfrage auf der Videoplattform TikTok wünschen sich Jugendliche bei ihrer Lehre ein sicheres Umfeld, Unterstützung des Arbeitgebers bei Weiterbildungsangeboten und Transparenz in Unternehmen
Jeder Zweite soll eine Lehre machen
„Unser Ziel ist es, den Prozentsatz der Jugendlichen, die eine Lehre beginnen von rund 39 auf 50 Prozent zu erhöhen. Wie uns die IMAS-Studie zeigt, ist das Potential dafür vorhanden. Wir müssen daher weiterhin gemeinsam daran arbeiten das Image der Lehre zu verbessern und noch stärker in die Ausbildung der Ausbildner und Ausbildnerinnen und in die Berufsschulen investieren“ schließt Spitzenberger.
Ehemalige Lehrlinge, die ihre Lehre erfolgreich absolviert haben, sollen als Gesichter der Kampagne ihre Erfahrungen nach außen tragen. Außerdem fordert Spitzenberger mehr Bildungsbudgetmittel von der Politik, um die Berufsschulen zu den „besten Schulen Österreichs“ zu machen. Oberösterreich hat heuer 30 Millionen Euro in die Berufsschulen investiert. Sptzenberger betont auch die Rolle der Eltern als Entscheidungsträger, gezielte Medienkampagnen sollen auch sie erreichen und überzeugen, dass die Lehre als „Pole Position“ gleichwertig wie eine Matura sei.