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"Raumbild Oberösterreich" soll klarstellen: 0,8 statt 4,25 Hektar Bodenverbrauch pro Tag im Bundesland

Tips Logo Marlis Schlatte, 14.11.2023 15:33

OÖ. Die Abteilung Raumordnung des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung wurde beauftragt das „Raumbild OÖ“ zu erstellen, welches einen Überblick über alle Zahlen, Daten und Fakten zur Flächenwidmung im Bundesland gibt. Damit soll unter anderem auf die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe „Flächeninanspruchnahme“ und „Versiegelung“ aufmerksam gemacht werden und eine Berechnung des WWF, welche Oberösterreich einen täglichen Flächenverbrauch von 4,25 Hektar abspricht, widerlegen.

Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner (l.) und Michael Resch (Abteilung Raumordnung) präsentierten heute das "Raumbild Oberösterreich". (Foto: Land OÖ / Daniel Kauder)

Flächen, die durch menschliche Eingriffe für Siedlungs-, Verkehrs-, Freizeit-, Erholungs- sowie Ver- und Entsorgungszwecke verändert oder bebaut sind, gelten als „in Anspruch genommen“ - sie stehen für land- und forstwirtschaftliche Produktion und als natürlicher Lebensraum nicht mehr zur Verfügung.Als „versiegelt“ hingegen gelten Flächen, die durchgehend mit einer wasser- und luftundurchlässigen Schicht, zum Beispiel Beton oder Asphalt, abgedeckt sind.

„In der öffentlichen Diskussion werden die Begriffe ‚Flächeninanspruchnahme‘ und ‚Versiegelung‘ bzw. auch ‚Bodenverbrauch‘ oder ‚Verbauung‘ oftmals synonym verwendet. Dabei sind diese Begriffe jedoch klar zu trennen“, erläutert Michael Resch von der Abteilung Raumordnung.

Klarstellung aufgrund von WWF-Berechnung notwendig

Die Klarstellung dieser Begrifflichkeiten als notwendig sieht Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner (ÖVP) aufgrund der 2022 veröffentlichten Berechnungen des WWF zum Bodenverbrauch der Bundesländer. Darin hieß es, dass in Oberösterreich täglich 4,25 Hektar Boden verbraucht werden. Die Berechnung erfolgte auf Basis der ehemaligen, veralteten Methodik des UmweltbundesamtesDieser Wert ergebe sich aber nicht aufgrund von neuer Flächeninanspruchnahme sondern wegen Änderungen in der Kategorisierung der Nutzungsfläche. Somit wären eine große Anzahl an Flächen als „neu in Anspruch genommen“ gewertet, obwohl sich die Nutzung nicht geändert hat.

In den vergangenen Jahren sei deshalb ein neues, bundesweit einheitliches Monitoringsystem in Zusammenarbeit der Bundesländer und des Bundes mit dem Umweltbundesamt erarbeitet worden. Die Ergebnisse werden zum Weltbodentag, am 5. Dezember, publiziert.

2,6 Prozent versiegelte Landesfläche

Um die Zahlen und Daten zur Flächenwidmung in Oberösterreich darzustellen, wurde nun daher das „Raumbild Oberösterreich“ von der Abteilung Raumordnung erstellt. Als Grundlage dafür dient der digitale Flächenwidmungsplan „Doris“, welcher flächendeckend für ganz Oberösterreich zur Verfügung steht. Unterschieden wird zwischen Grünland, Bauland und Verkehrsflächen.

Demnach besteht in Oberösterreich derzeit folgende Flächenaufteilung: 92,4 Prozent Grünland (landwirtschaftlich genutzte Flächen inklusive Wohn- und Produktionsgebäude, Parks, Spielplätze, etc.), Gewässer und Wald, 5,2 Prozent gewidmetes Bauland und 2,4 Prozent Verkehrsfläche.

Die Hälfte des gewidmeten Baulandes, also 2,6 Prozent der Landesfläche, ist versiegelt. Das Raumbild OÖ wird alle fünf Jahre aktualisiert, um zu sehen, wo man nachschärfen müsse.

Österreichweite Hektar-Grenze für Gemeinden „nicht vertretbar“

Zusätzlich ergeben die Zahlen einen Zuwachs des gewidmeten Baulandes in Oberösterreich von 0,8 Hektar pro Tag bzw. 284 Hektar pro Jahr (exklusive Verkehrsflächen). „Das ‚Raumbild OÖ‘ zeigt damit ganz klar auf, dass die Zahlen aus dem WWF-Bodenreport hinsichtlich Bodenverbrauch völlig aus der Luft gegriffen sind: Statt 4,25 ha Bodenverbrauch pro Tag in Oberösterreich, wie es vom WWF behauptet worden ist, beträgt der Baulandzuwachs in unserem Bundesland nur 0,8 ha pro Tag“, so Achleitner

Der tägliche Zuwachs der Flächeninanspruchnahme von 2,5 Hektar für ganz Österreich, was unter anderem auch vom WWF gefordert wird, hält der oberösterreichische Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner für nicht umsetzbar: „Diese eine Zahl gibt es nicht. Dann müssten sich Gemeinden entscheiden, ob sie zum Beispiel Wohnungen oder eine Krabbelstube bauen wollen. Das ist nicht vertretbar. Unser Ziel ist daher: Schützen, aber auch Ermöglichen.“ Und dabei fahre man mit dem täglichen Zuwachs von 0,8 Hektar sehr gut.

Dafür sollen andere Maßnahmen gesetzt werden, etwa Bauland-Neuwidmungen durch Baulandsicherungsverträge oder die Versiegelung durch Parkplätze in Geschäftsgebieten begrenzt werden.

WKO stimmt zu, Grüne OÖ sehen 2,5-Hektar-Grenze für Bodenschutz unbedingt notwendig

Die WKO Oberösterreich stimmt der Forderung der Versachlichung dieses Themas von Landesrat Achleitner zu. „Wir bekennen uns zum sorgsamen Umgang mit Grund und Boden. Unrealistische und ideologiegetriebene Ziele lehnen wir mit Nachdruck ab!“, so WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer. Es müsse auch in Zukunft möglich sein, Standorte zu erweitern und Neuansiedelungen vorzunehmen.

Die Grünen Oberösterreich hingegen halten am Ziel der österreichweiten 2,5-Hektar-Grenze fest. „Alle heute präsentierten Zahlen und Prognosen in Ehren – aber Oberösterreich braucht verbindliche Bodenschutzziele. Ohne eine klare Obergrenze werden wir es nicht schaffen, den Bodenverbrauch deutlich zu reduzieren. Daran wird auch die x-te Relativierung nichts ändern, sondern nur ein verbindliches 2,5 Hektar Ziel und die von LR Achleitner blockierte nationale Bodenstrategie. Sonst werden unsere fruchtbaren Äcker weiter zubetoniert“, so der Grüne Landessprecher Landesrat Stefan Kaineder. Er fordert ein Handeln von Landeshauptmann Thomas Stelzer, welcher „den Bodenschutz zur Chefsache“ müsse.

Auch Neos OÖ sprechen sich für Bundesrahmengesetz aus

Stellvertretende Landessprecherin der Neos OÖ, Nationalratsabgeordnete Karin Doppelbauer, spricht von einer Nebelgranate, die Landesrat Achleitner versuche in die Debatte einzubringen: „Tatsache ist, dass Oberösterreich seit Jahren bei der Raumordnung im hintersten Feld liegt und das unabhängig von dem was LR Achleitner heute vorgetragen hat. Wir schauen uns die Zahlen genau an, vertrauen aber grundsätzlich dem Umweltbundesamt, das seit Jahren die Zahlen erhebt. Widmungen wie sie im Fall von Ohlsdorf passiert sind, erwecken grundsätzlich nicht den Eindruck, dass die Raumordnung in Oberösterreich gut funktioniert. Wir Neos wollen daher eine Bundesrahmengesetz bei der Raumordnung und setzen außerdem eine wichtige Initiative im kommenden Landtag.“

SPÖ übt Kritik an Berechnung des Landesrats

Auch SPÖ-Raumordnungssprecherin Heidi Strauss kritisiert die heute präsentierten Zahlen. Landesrat Achleitner würde sich die 0,8 Hektar „Flächenfraß“ zurechtrechnen. Das Umweltbundesamt definiere Bodenverbrauch als den Verlust biologisch produktiver Böden durch Verbauung für Siedlungs- und Verkehrszwecke, aber auch für intensive Erholungsnutzungen, Deponien, Abbauflächen, Kraftwerksanlagen und ähnliche Intensivnutzungen. Im Jahr 2022 wäre bundesweit deutlich mehr als die Hälfte davon (55 Prozent) versiegelt worden. „Mit seinen Rechenbeispielen verspielt Landesrat Achleitner die Glaubwürdigkeit von Oberösterreich, denn Tatsache ist, dass wir mehr Boden verbrauchen, als wir sollten. Landesrat Achleitner muss endlich ins Tun kommen und den Flächenverbrauch in Oberösterreich reduzieren, anstatt mit Zahlen zu jonglieren. Projekte wie Ohlsdorf mahnen!“, so Strauss.


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