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Wirtschaftskammer OÖ mit fünf Thesen, "die nicht allen gefallen werden"

Tips Logo Karin Seyringer, 15.11.2023 15:27

OÖ/LINZ. „Fünf unbequeme Thesen zum Wert von Leistungswillen und Eigenverantwortung“ stellt die Wirtschaftskammer OÖ mit Präsidentin Doris Hummer und Direktor Gerald Silberhumer auf. Leistung müsse sich wieder lohnen, bekräftigen die beiden schon länger gestellte Forderungen am Mittwoch in Linz, anlässlich des Wirtschaftsparlamentes, das am Mittwoch wieder tagte.

WKOÖ-Direktor Gerald Silberhumer und WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer (Foto: WKOÖ/HERMANN WAKOLBINGER)

Mit den fünf Thesen gehe die WKOÖ ein übergeordnetes strategisches Thema an, das das nächste Jahr intensiv begleiten werde, so Präsidentin Doris Hummer. „Wir haben uns mit dem Zugang der Bevölkerung zum Thema Leistungswille und Eigenverantwortung beschäftigt, daraus fünf zentrale Thesen entwickelt. Was braucht es, damit es - für das Verständnis der WKOÖ - in die richtige Richtung geht?“

Es seien „unbequeme Thesen, die nicht allen gefallen werden“, so Hummer. „Wir erleben durch die Corona-Förderungen und Reparaturförderungen ein Anspruchsdenken und Forderungsgesellschaft, wie wir sie noch nie hatten“, ist sie überzeugt. „Das, was wir ausgeben möchten, müssen wir verdienen, sonst belasten wir die nächsten Generationen damit. Wir sind aber am besten Weg, uns von diesem Grundprinzip zu verabschieden. Daher wollen wir eine Notbremse und uns einsetzen für Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung.“

These 1: „Mehr Leistung muss belohnt werden“

Leistung müsse sich lohnen, das österreichische Steuersystem mache aber genau das Gegenteil, so Hummer. Zwar lobt sie zuletzt gelungene Maßnahmen, aber immer noch gelte: „Wer von Teilzeit auf Vollzeit gehe, werde steuerlich bestraft. Das muss grundlegend geändert werden. In kaum einem anderen Land ist die steuerliche Belastung auf den Faktor Arbeit so hoch wie in Österreich.“

Als Beispiel nennt Hummer eine Malerrechnung in Höhe von 600 Euro. Um sich diese leisten zu können, müsse man von seinem Bruttogehalt 1.170 Euro aufwenden. Dem Maler bleibe knapp die Hälfte übrig. Dazwischen habe der Staat vom Angestellten und vom Maler rund 850 Euro an Steuern und Abgaben kassiert. „Wir müssen die hemmenden Faktoren zumindest auf europäischen Durchschnitt setzen“, fordert die WKOÖ unter anderem eine abgeflachte Steuerkurve, niedrigere Lohnnebenkosten, einen steuerlichen Freibetrag zur Attraktivierung der Vollzeitarbeit und die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters durch Anreize für längeres Arbeiten.

These 2: „Weg mit überzogenen Gesetzen und Verordnungen“

Es gebe keine unabhängige Stelle, die neue Gesetze und Verordnungen auf ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit überprüfe, fordert die WKOÖ eine solche. Die Unternehmen würden sich durch jährlich unzählige neue Vorschriften auf EU-, Bundes- und Landesebene schikaniert fühlen. „Dieses Grundmisstrauen und Grund-Nicht-Zutrauen stellen wir infrage und fordern einen Elchtest und das Durchforsten durch eine unabhängige Stelle. Die Digitalisierung kann hier helfen“, so die WKOÖ-Präsidentin.

These 3: „Wer nur fordert und wenig beiträgt, gefährdet unseren Wohlstand“

„Wir bekennen uns vollinhaltlich zum Sozialstaat, sind aber auf dem Weg zum Versorgungsstaat. Das macht Unternehmen Sorge, damit gefährden wir, was wir jetzt genießen. Dieses Anspruchsdenken wird von staatlicher Seite gefördert“, kritisiert Hummer Gießkanne statt sozialer Treffsicherheit.

In der aktuellen Arbeitszeit-Diskussion zeige der Fakten-Check, dass mit Urlauben und Feiertagen schon jetzt eine 32-Wochen-Stunde Realität sei.

Unter anderem fordert die WKOÖ ein degressiv gestaffeltes Arbeitslosengeld (anfänglich mehr, mit der Dauer sinkend, in Summe aber gleich viel) oder eine Adaptierung von Zumutbarkeitsgrenzen sowie eine Reform von Zuverdienstgrenzen.

These 4: „Lernen, was man wirklich braucht“

Es brauche ein Bildungssystem, das Kompetenzerwerb, Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft gleichermaßen fördere. „Noch immer ist es nicht selbstverständlich, dass es in der siebten Schulstufe ernsthafte Berufsorientierung gibt“, findet Hummer. Die Bildung müsse dabei bei den Jüngsten beginnen, es solle für jedes Kind – auch unter dem 30. Lebensmonat – einen Platz in einer elementaren Bildungseinrichtung geben. Jedes Kind müsse am Ende der Schulpflicht ausreichend lesen und schreiben können. „Schlechte Deutschkenntnisse ziehen sich durch das ganze Leben wie ein Rattenschwanz“.

These 5: „Unternehmen statt unterlassen“

„Wir laden alle ein, beizutragen. Wir wollen mitgeben, dass Wettbewerb nichts Schlechtes ist, Freizeit nicht alles. Wir wollen aufzeigen, dass Selbstverwirklichung, etwas beizutragen, etwas Erstrebenswertes ist“, so Hummer.

Unterstützung für Unternehmen, Aus- und Fortbildung

Auch die Wirtschaftskammer OÖ trage bei, so Direktor Gerald Silberhumer. So werden jährlich rund 25.000 Arbeits- und Sozialrechtsberatungen durchgeführt, „besonderes Anliegen ist uns die Duale Ausbildung, als zuständige Stelle begleiten wir pro Jahr circa 11.000 Lehrabschlussprüfungen. Wir begleiten bei der Aus- und Weiterbildung, das WIFI ist der mit Abstand größte Bildungsanbieter Österreichs.“ In Oberösterreich zählt das WIFI jährlich etwa 100.000 Kurs- und Seminarteilnehmer. Auch rund 10.000 Potenzialanalysen an allen Schulstandorten werden durchgeführt.

Angesichts gesellschaftlicher Veränderungsprozesse wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz oder Bedrohung durch Cyberattacken sowie die herausfordernde Energiewende holen sich 3.100 Betriebe jährlich Unterstützung von der WKOÖ. „Als kleines Land sind wir vom Export abhängig, fast zwei Drittel des Einkommens wird aus Export erwirtschaftet. Jährlich knapp 2.000 Betriebe werden hier begleitet, alleine heuer haben wir fast 300 Unternehmen, die mit Unterstützung der WKOÖ erstmals über die Grenzen hinausgehen“, so Silberhumer.


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