Medizin-Ausbildung: Gute Noten für Oberösterreich
OÖ/LINZ. Die Ärztekammer Österreich hat im Frühjahr 2023 erstmals über die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich die Qualität der Medizin-Ausbildung in Österreich unter den Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung abfragen lassen. Das Ergebnis kann sich vor allem aus Oberösterreichischer Sicht sehen lassen – aber es besteht noch Verbesserungsbedarf.
Seit vielen Jahren wird die Medizin-Ausbildung in Österreich evaluiert, nun gab es die bislang größte und professionellste Erhebung, durchgeführt von der ETH Zürich, auch um zu zeigen, dass es keine Befangenheit gebe, so Harald Mayer, Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Ärztekammer für Oberösterreich und Bundeskurienobmann Angestellte Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer.
Durchgeführt wurde die Befragung von März bis Mai 2023, nun liegen die Ergebnisse vor, mit denen Mayer für den ersten Anlauf zufrieden ist.
Rücklaufquote muss gesteigert werden
Von den ausgesendeten Fragebögen kamen 3.976 wieder ausgefüllt retour, was einer Rücklaufquote von 44,3 Prozent entspricht. Oberösterreich liegt über dem Schnitt – 714 von 1.333 Fragebogen wurden beantwortet, eine Quote von 54 Prozent.
„Die Rücklaufquote in Oberösterreich war ganz gut, aber sie müsste deutlich höher ausfallen. In der Schweiz werden bei der gleichen Studie 70 Prozent der Fragebögen retourniert. Je mehr mitmachen, desto valider werden die Daten“, so Mayer.
Jene Abteilungen, die nur sehr spärlich bis gar nicht teilgenommen haben, werde man sich künftig genauer anschauen müssen, „um zu erfahren, was da los ist und wo es hakt.“
Zufrieden mit Ausbildung: Oberösterreich an der Spitze
Bei der Ausbildungsqualität landete Oberösterreich im Bundesländervergleich im Gesamtschnitt an der Spitze, mit einer Note von 4,61. (Zur Erklärung: Benotet wird nach Schweizer System mit Bestnote 6 und schlechtester Note 1; der Bereich zwischen 3,5 und 6 ist positiv, unter 3,5 ein „Nichtgenügend“). Der Österreich-Durchschnitt liegt bei 4,49.
90 Fragen in achte Themenfeldern, darunter die Beurteilung der Ausbildungsstätte, Fachkompetenzen, Führungskultur oder Fehlerkultur warten zu beantworten.
Kleine Abteilungen schneiden besser ab
Ein Kernergebnis der Evaluierung: Kleine Abteilungen scheiden mehrheitlich besser ab als sehr große Abteilungen mit vielen Turnusärztinnen und –ärzten.
Dennoch gibt es Beispiele in OÖ für große Ausbildungseinheiten, die recht gut bewertet wurden:
- Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum, Steyr, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde: Rücklaufquote 10/12, Note 5,6.
- Kepler Universitätsklinikum Linz, Abteilung für Innere Medizin 1: Rücklaufquote 8/8, Note 5,6.
- Barmherzige Schwestern Ried, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin: Rücklaufquote 7/9, Note 5,6.
- Klinikum Wels-Grieskirchen, Standort Wels, Abteilung für Psychiatrie: Rücklaufquote 9/12, Note 5,6.
- Salzkammergut-Klinikum, Standort Vöcklabruck, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin: Rücklaufquote 7/10, Note 5,5.
- Barmherzige Brüder Linz, Abteilung Innere Medizin: Rücklaufquote 14/16, Note 5,4.
- Klinikum Wels-Grieskirchen, Standort Wels, Abteilung für Orthopädie: Rücklaufquote 8/8, Note 4,6.
- Klinikum Wels-Grieskirchen, Standort Wels, Basisausbildung: Rücklaufquote 21/37, Note 4,5.
Vor allem das Lehrpraxis-Modell – ein Lehrpraxisinhaber kümmert sich um einen Lehrpraktikanten, wird gut bewertet. „Es bleibt viel mehr Zeit für persönliche Gespräche, Feedback und Fragen als auf einer Stelle, wo man nur eine oder einer von vielen ist“, weiß Cornelia Sitter, Turnusärztevertreterin und Kurienobmann-Stellvertreterin der angestellten Ärzte in der Ärztekammer für OÖ.
Dass Oberösterreich gut abschneide, und auch die Erhöhung der Aufwandsentschädigung beim Klinisch-Praktischen Jahr (KPJ) in Oberösterreich von 650 auf 900 Euro mache Oberösterreich für Jungärzte attraktiver, freut sie sich.
Mehr zum Thema: Klinisch-praktisches Jahr: Jungmediziner bekommen in Oberösterreich nun auch 900 Euro
Ausbildung für Allgemeinmedizin verbessern
Sie verweist aber auch auf eine weitere Erkenntnis: Die Ausbildung für Allgemeinmedizin in den Spitälern gehöre deutlich verbessert. „Hier besteht der größte Aufholbedarf, ich hoffe sehr, dass die kommende Facharztausbildung für Allgemeinmedizin eine große Aufwertung bringt.“
Jedenfalls sei es notwendig, dass die ausbildungsverantwortlichen Fachärzte ausreichend Zeit für die Ausbildung neuer Kollegen hätten, angesichts der angespannten Personalsituation und einer anstehenden Pensionierungswelle werde diese Herausforderung noch verschärft.
Ein Vorschlag von Mayer dazu: Damit wertvolles Wissen älterer Mediziner nicht verloren gehe, könnten überplanmäßige Posten kreiert werden, damit pensionierte Ärztinnen und Ärzte noch im Ausbildungssystem bleiben.
Spitalsträger unterstützen Evaluierung
„Absolut unterstützt“ werde die Evaluierung von den Spitalsträgern, wie Franz Harnoncourt, Vorsitzender der Geschäftsführung der OÖ Gesundheitsholding, und Peter Ausweger, Geschäftsführer der OÖ Ordensspitäler Koordinations GmbH, unterstreichen.
Die Ausbildung sei eine der Kernaufgaben der Spitäler, so Harnoncourt. „Eine objektive Evaluierung und die konsequente Weiterentwicklung der Ausbildungsqualität ist im gemeinsamen Interesse der Träger, der Klinik-Abteilungen und der Ärztekammer. Letztendlich kommt eine gute Ausbildung auch den Patienten entgegen“, so Harnoncourt.
Ausweger verweist auf laufende Maßnahmen, die zur Attraktivierung des Ausbildungsumfeldes gesetzt würden, etwa spitalsübergreifende Kooperationen. „Jungmediziner lernen am Vorbild, wir müssen sicherstellen, dass es diese Vorbilder in der Ausbildung gibt.“ Wichtig sei es zudem, auch auf die Förderung der beruflichen Weiterentwicklung nach der Ausbildung zu setzen.
Künftig jährliche Evaluierung für Vergleich
Diese Evaluierung soll künftig jährlich stattfinden, die neuen Fragebogen wurden soeben verschickt. Die regelmäßige Evaluierung ermögliche es dann auch, sich die Verläufe anzusehen und an Schrauben zu drehen.
Daten sind transparent und abrufbar
Sämtliche Daten der Ausbildungsevaluierung sind auf der Homepage der Ärztekammer unter www.aerztekammer.at/ausbildungsevaluierung einsehbar.
„Die Ergebnisse dienen nicht dazu, um schlecht bewertete Einrichtungen vorzuführen. Sie sollen dazu dienen, dass Schwächen in der Ausbildung rechtzeitig aufgezeigt und beseitigt werden können“, so Mayer.
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