Ö/OÖ. Nach langem Hin und her gibt es eine Einigung beim Vollspaltenboden-Verbot in der Schweinezucht: Ab Mitte 2034 soll das Verbot greifen. „Endlich Klarheit für die Betriebe“, reagiert Oberösterreichs Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP).

Der neue Kompromiss sieht vor, dass die Haltung auf Vollspaltenböden mit 1. Juni 2034 ausläuft – sechs Jahre früher als vorgesehen. „Oberösterreich ist mit rund 5.000 Schweinehaltungsbetrieben und einem Beitrag zum Selbstversorgungsgrad von 40 Prozent das Schweinehaltungsbundesland Nummer 1. Jetzt gibt es endlich Klarheit und Planungssicherheit“, begrüßt Langer-Weninger die neue Vollspaltenlösung.
„Die Schweinebauern in Oberösterreich haben in den letzten Monaten auf große Investitionen verzichtet. Das habe ich nicht nur von den Bauern selbst gehört, sondern sehe es auch in den Daten der Investitionsförderung. Vielfach wurden sogar Bauansuchen und Stallneubauten infolge des VfGH-Urteils storniert.“
Ursprünglicher Plan gekippt
Der Verfassungsgerichtshof hatte den ursprünglichen Plan, das Jahr 2040, gekippt. Wäre bis 1. Juni 2025 keine neue Übergangslösung gekommen, hätte das das sofortige Ende der Vollspaltenhaltung bedeutet.
„Für viele unserer Schweinehalter wäre das eine Katastrophe gewesen. Stallinvestitionen, die heute noch nicht annähernd abgeschrieben sind, wären damit verloren. Auch Konsumenten hätten die Konsequenzen zu spüren bekommen. Bricht die Produktion weg, ist das auch das Ende der Selbstversorgung und des heimischen Qualitätsschnitzels zum vernünftigen Preis“, ist Langer-Weninger überzeugt.
Landwirtschaftskammer OÖ: Konsens im Detail zu bewerten
„Die Landwirtschaftskammer bekennt sich zum Tierschutz und zur Weiterentwicklung der Tierhaltung. Dies muss allerdings unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Machbarkeit und unter Beachtung der Entwicklungen der Märkte erfolgen“, so Landwirtschaftskammer OÖ-Präsident Franz Waldenberger. Der vorliegende Konsens sei nach der endgültigen Beschlussfassung im Detail zu bewerten und wirde entsprechend einzelbetrieblich zu prüfen sein.
„Mit dem erzielten Kompromiss bei der Änderung des Tierschutzgesetzes ist die Grundlage dafür gelegt, dass es wieder zu Investitionen in der Schweinehaltung kommen kann, die in den letzten Jahren äußerst niedrig waren. Leider konnte ein festgelegter Investitionsschutz nicht generell festgelegt werden, aber zumindest für Betriebe, die zwischen Juni 2018 und Ende 2022 investiert haben. Für diese Betriebe gilt eine individuelle Übergangsregelung von 16 Jahren, die unserer Ansicht nach in Bezug auf die Abschreibungsdauer aber sehr kurz bemessen ist“, so Waldenberger.
Die Regelungen im Detail
„Ab 2027 wird auf wissenschaftlicher Grundlage an einem neuen Mindeststandard gearbeitet, ab 2029 gibt es erste Verbesserungen in bestehenden Ställen, und ab 2034 endet die Haltung auf Vollspaltenböden – mit einer sachlich begründeten Ausnahme für rund 170 Härtefälle. Wir reparieren das Gesetz, sorgen für Verfassungsfestigkeit und schaffen damit eine tragfähige Grundlage für den Tierschutz in Österreich – wissenschaftlich fundiert, gesellschaftlich verantwortbar und politisch zukunftsweisend. Ich bin sehr froh, dass uns das ohne große Aufregung und im konstruktiven Miteinander gelungen ist. Mein Dank gilt allen, die an diesem Ergebnis mitgewirkt haben,“ erläutert Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig.
Die Regelungen im Detail:
- Verbot für Neubauten: Seit 1. Jänner 2023 sind Neu- und Umbauten mit unstrukturierten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereiche verboten. Vorgeschrieben sind mehr Platz, strukturierte Buchten, eine Klimatisierung und mehr Beschäftigungsmaterial.
- Mit 1. Juni 2034 endet die Haltung auf Vollspaltenböden. Die Betriebe haben damit neun Jahre, um ihre Ställe umzustellen.
- Für Betriebe, die zwischen Juni 2018 und Dezember 2022 in neue Ställe investiert haben, gilt eine individuelle Übergangsfrist von 16 Jahren, je nach Zeitpunkt der Fertigstellung der baulichen Maßnahmen. Für rund 170 Betriebe wurde somit eine sachlich begründete Härtefallregelung geschaffen. Um diese in Anspruch zu nehmen, ist eine Meldung bis zum Ende 2027 notwendig.
- Ab 1. Juni 2029 gelten bessere Standards und damit neue Anforderungen hinsichtlich der Besatzdichte und zusätzlichem organischen Beschäftigungsmaterial, wie Strohraufen oder Hanfseile.
- Bis Ende 2026 wird das Forschungsprojekt IBeST+ abgeschlossen, um Tierwohlstandards auf wissenschaftlicher Basis langfristig weiterzuentwickeln, Bauern bei notwendigen Umbaumaßnahmen zu unterstützen und Fördermaßnahmen weiterzuentwickeln. 2027 folgt dann eine fachliche Begutachtung, ehe die Vorarbeiten für neue Mindeststandards beginnen – samt Übergangsregelungen.
- Förderung: mit gezielten Förderungen wird unterstützt, um den Wandel zu stemmen.
Der neue Plan soll nächste Woche im Parlament beschlossen werden und mit 1. Juni 2025 in Kraft treten.
Verein gegen Tierfabriken „fassungslos“
Für den Verein gegen Tierfabriken (VGT) ist der Entwurf „unfassbar“. “Die Schweineindustrie jubelt, der Tierschutz verzweifelt, Leidtragende sind die Schweine. Dass wir nach sechs Jahren Diskussion über den Vollspaltenboden zum Schluss kommen, dass das Verbot des Vollspaltenbodens wieder aufgehoben und der Vollspaltenboden für immer festgeschrieben wird, ist eine Bankrotterklärung für Anstand und Mitgefühl“, so VGT-Obperson Martin Balluch.
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