Stark, aber nicht satt: Warum das Land OÖ in Brüssel Druck macht
OÖ/BRÜSSEL/ANTWERPEN. Bei einer zweitägigen Reise nach Brüssel und Antwerpen hat Landeshauptmann Thomas Stelzer zentrale Interessen Oberösterreichs auf EU-Ebene eingebracht – und Einblicke in globale Zusammenhänge gewonnen, die für das wirtschaftsstarke Bundesland zunehmend entscheidend sind.
Im Zentrum der Gespräche in Brüssel stand der neue mehrjährige Finanzrahmen der Europäischen Union, der ab Juli verhandelt wird. Stelzer betonte, wie wichtig es sei, dass auch wirtschaftlich starke Regionen wie Oberösterreich weiter Zugang zu EU-Förderprogrammen erhalten. „Für uns als Region, die sehr viel von Europa profitiert, geht es darum, dass die Programme so gestaltet sind, dass wir auch künftig partizipieren können“, so der Landeshauptmann. Gerade in einem föderal organisierten Staat wie Österreich stelle sich zudem die Frage, wie Förderungen innerhalb der Länder fair und effizient verteilt werden können.
Eigene Stärke nicht vergessen
Neben der Budgetdebatte wurde im Gespräch mit EU-Kommissar Magnus Brunner auch die allgemeine Ausrichtung europäischer Politik thematisiert. Stelzer registrierte eine „Rückbesinnung auf eigene Stärken“ innerhalb der EU. Zahlreiche Vorschriften, insbesondere im Umweltbereich, seien in letzter Zeit überarbeitet oder ausgesetzt worden. „Was bringt die Unternehmen voran – und was behindert sie?“ sei inzwischen eine zentrale Frage geworden. Diese neue Selbstvergewisserung Europas brauche es auch, um global bestehen zu können: „Der europäische Markt ist größer als der amerikanische – und muss sich auch entsprechend selbstbewusst positionieren.“
Würdiger Abschied
Ein emotionaler Moment der Reise war der offizielle Abschied von Gerald Lonauer, der über drei Jahrzehnte das Verbindungsbüro des Landes Oberösterreich in Brüssel leitete. Lonauer übergibt an Simon Prammer, bleibt dem Netzwerk aber verbunden. Stelzer würdigte seinen Beitrag als „wirklich out-standing“ – sowohl fachlich als auch menschlich.
Von einem Binnenland mitten hinein in den Weltmarkt
Am zweiten Tag führte die Reise weiter nach Antwerpen. Der dortige Hafen stellt einen Knotenpunkt für internationale Warenströme und in Zukunft möglicherweise auch für den Import von grünem Wasserstoff dar. Stelzer betonte die strategische Bedeutung solcher Häfen für das exportorientierte Oberösterreich: „Einmal dabei sein heißt nicht automatisch dabei bleiben – man muss ständig dranbleiben.“ Unternehmen wie Felbermayr, die VOEST oder Borealis seien in Antwerpen bereits aktiv und würden dort Logistik für die Industrie sichern, etwa per täglichem Zugverkehr für Stahlkomponenten.
Besonders beeindruckt zeigte sich Stelzer vom Besuch beim Mikrochip-Forschungszentrum IMEC. Hier wird an der Zukunft der europäischen Technologie gearbeitet – mit rund 6.000 Mitarbeitenden an hoch spezialisierten Projekten. Auch Unternehmen aus Oberösterreich wie die EWG Group aus St. Florian am Inn sind daran beteiligt. Stelzer wies darauf hin, dass Europas Versäumnisse in der Technologieentwicklung, insbesondere im Bereich militärischer und sicherheitsrelevanter Anwendungen, nun aufgeholt werden müssten. Am Ende der Reise stand für Stelzer fest: Die politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen in Europa lassen sich nur gemeinsam und mit klarem Blick auf regionale Interessen lösen. Dafür will Oberösterreich weiter „am Drücker bleiben“.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden