
RIED /MAUTHAUSEN. Menschen mit Down-Syndrom stehen mitten im Leben und sind Botschafter der Vielfalt – darauf wurde heuer bereits zum zehnten Mal am 21. März mit dem Welt-Down-Syndrom-Tag hingewiesen.
„Ein Monat vor dem Geburtstermin wurde festgestellt, dass unser Baby einen Darmverschluss hat. Bei den darauffolgenden Untersuchungen wurde das Down-Syndrom diagnostiziert,“ erzählen Verena und Matthias Hunger aus Zirking. Viele Fragen stürzten auf die Eltern ein. Was kommt auf uns zu? Wen können wir fragen? Nach der Diagnose wurden sie von Psychologen betreut. „Das Wichtigste für uns war jedoch die Unterstützung in der Familie und von Freunden.“ Unsicherheit bestimmt oft die ersten Tage nach der Diagnose. In über 90 Prozent wird das Angebot eines legalen Schwangerschaftsabbruchs angenommen. „Bis zur Geburt ist mit der Begründung, dass es sich um nicht lebenswertes Leben handelt, eine Abtreibung möglich,“ sagt Verena Hunger erschüttert. Sie kann nicht fassen, wie Recht auf Leben bereits vorgeburtlich in Frage gestellt wird. „Wie will das jemand beurteilen? Viele Eltern sind verwirrt und sagen sich, das tue ich mir nicht an. Aber eigentlich ist die Beeinträchtigung relativ harmlos im Vergleich, was es sonst noch für Defizite gibt, die pränatal nicht zu diagnostizieren sind. Im Prinzip ist ein gutes, selbstbestimmtes Leben mit Trisomie 21 möglich.“Frühförderung und liebevolle ZuwendungDie Entwicklung eines Kindes mit Down-Syndrom unterscheidet sich nicht dramatisch von der eines im landläufigen Sinn gesunden Kindes. Die Kinder durchschreiten die gleichen Entwicklungsstadien, lernen allerdings verzögert. Verena und Mathias Hunger wollen werdenden Eltern, die mit der Diagnose Down-Syndrom konfrontiert sind, Mut machen: „Auf die Frage - wie können sie verantworten, ein Kind mit Handicap zur Welt zu bringen könnte man getrost die Gegenfrage stellen: wie kann man entscheiden, welches Leben lebenswert ist. Es ist keine Erbkrankheit, sondern eine zufällige genetische Mutation. Das Risiko steigt mit dem Alter und daher kommen hauptsächlich Kinder von jungen Eltern zur Welt. Da wird noch nicht so häufig untersucht. Das Potenzial der geistigen Anlagen bei Menschen mit Down-Syndrom weist eine Bandbreite auf und diese lässt sich nicht vorhersagen. Mit gezielter Frühförderung und liebevolle Zuwendung wird es viele Ziele erreichen. Bei einen normalen Kind weißt du auch nicht, wie kooperativ oder wie auffällig es sich entwickeln wird.“ Der Bedarf an Angeboten zur Frühförderung im Bezirk ist nach Meinung von Familie Hunger leider noch zuwenig abgedeckt. Sie selbst warteten fast ein Jahr auf einen Termin für Kommunikationsförderung. Eine große Herausforderung sehen die Eltern von Jakob (13), Lukas (9), Jonas (6) und Miriam (3) mit dem Schuleintritt ihrer Tochter. Integration muss im Ort stattfinden„Eine Integrationsklasse kommt nur zustande, wenn mindestens drei Kinder Förderbedarf haben. Integration muss aber dort stattfinden, wo die Kinder daheim sind. Es macht keinen Sinn, sie in irgendeinen Ort im Bezirk zu karren. Sie sollen mit den Menschen aufwachsen, mit denen sie später auch beieinander sein werden. Wir kennen in Ried eine Familie, bei der wir sehen können, was umfassende Förderung möglich macht. Eine junge Frau mit Down- Syndrom hat mittlerweile den Führerschein gemacht und geht einer geregelten Arbeit nach.“ Miriam ist beeinträchtigt, aber sie wird ein relativ selbständiges Leben haben können. Es geht ihr gut. Sie wird von ihren Eltern und drei Brüdern umsorgt. “Wie bei anderen Kindern, so ist es bei ihr auch. Niemand ist perfekt“ sagt Matthias Hunger mit einem liebevollen Blick auf seine Familie. DOWN SYNDROMBeim Down-Syndrom handelt es sich um eine genetische Besonderheit, die zufällig auftritt. Menschen mit diesem Syndrom tragen in ihren Körperzellen 47 statt der üblichen 46 Chromosomen. Dabei ist das Chromosom 21 aufgrund einer unüblichen Verteilung des Erbguts dreifach vorhanden. Deshalb wird das Syndrom auch als Trisomie 21 bezeichnet. Angeborene Herzfehler oder Veränderungen im Magen-Darmbereich kommen bei Menschen mit Down-Syndrom vermehrt vor. Durch geeignete Maßnahmen sind die meisten Probleme weitestgehend therapierbar.