„Es geht darum, ein Stück des Weges gemeinsam zu gehen“
PERG. Seit 15 Jahren setzt sich die Beratungsstelle beziehungleben.at in der Bezirkshauptstadt für gelingende Beziehungen ein. Aus diesem Anlass hat sich Tips mit den beiden Perger Beratern Josef Lugmayr und Ursula Jahn-Howorka unterhalten.
Tips: Welche Erfahrungen haben Sie bei den Beratungen bisher gemacht?
Lugmayr: Oft fangen Beratungen zurückhaltend an, da sich Klienten zu Beginn nicht sicher sind, was sie uns tatsächlich anvertrauen können. Aber natürlich begleiten wir sie durch alle Probleme und alles wird vertraulich behandelt.
Jahn-Howorka: Grundsätzlich sind Beziehungsprobleme an sich ein wichtiges Thema. Oft hört man den Satz „Wir wollen wieder normal miteinander reden können“. Beratungen werden auch häufig von Frauen initiiert, da sie leichter über Gefühle reden können.
Lugmayr: Genau, Männern liegt es oft fern, intensiv über Gefühle zu reden. Und auch das Paar selbst hat oft nicht gelernt, intensive Gespräche zu führen. Zuerst war man verliebt, dann kam der Hausbau und dann Kinder. Irgendwann ist man plötzlich auf zwei Schienen unterwegs und entfernt sich voneinander. Und dann sucht man Hilfe.
Tips: Wer nimmt Beratungen in Anspruch?
Jahn-Howorka: Es gibt natürlich viele Beziehungsthemen und somit viele Probleme in der Beziehung. Das Miteinander ist oft entscheidend. In unsere Beratungen kommen aber quasi alle. Meine jüngste Klientin war 17 Jahre und meine Älteste 84 Jahre. Oft geht es auch um Probleme, wo jüngere und ältere Generationen unter einem Dach wohnen, wie bei einem landwirtschaftlichen Anwesen. So eine Situation kann mitunter schon sehr herausfordernd sein.
Lugmayr: Es geht schlussendlich darum, dass man die Paare durch jegliche Krisen begleitet.
Tips: Wie haben sich die Beratungen in den letzten 15 Jahren verändert?
Jahn-Howorka: Da ich erst seit drei Jahren als Beraterin arbeite, kann ich das nicht so beurteilen, aber grundsätzlich ist die Hemmschwelle gefallen. Es gibt immer mehr Beratungen zu allen möglichen Themen und dadurch nehmen die Menschen auch leichter Hilfe in Anspruch.
Tips: Wer hatte die Idee, eine Beratungsstelle in der Bezirkshauptstadt zu eröffnen?
Lugmayr: Gegründet wurde die Beratungsstelle 2004 auf Initiative vom Pfarrer Konrad Hörmannseder, des Pfarrgemeinderats sowie der aus Perg stammenden Familienberaterin Eva Kuri. Da es in St. Georgen an der Gusen und in Grein schon Beratungsstellen gab, wollte man auch eine in der Bezirksstadt eröffnen. Die Organisation der Beratungen läuft aber über Linz.
Tips: Können Sie uns auch ein paar Zahlen zu den Beratungen allgemein liefern?
Lugmayr: In den letzten 15 Jahren betreuten wir knapp 1.000 Klienten in 3.688 Beratungsstunden. 87 Prozent der Klienten kommen aus dem Bezirk. 59 Prozent davon sind Frauen.
Tips: Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Jahn-Howorka: Ich war vor meiner dreijährigen berufsbegleitenden Ausbildung Pastoralassistentin. Mir haben dabei aber immer die Gespräche mit den Menschen gefehlt. Und so entdeckte ich durch Zufall die Beraterausbildung. Nun bin ich in der Stadtpfarre Urfahr Pfarrassistentin und die Tätigkeit als Beraterin ist dabei eine tolle Ergänzung, um seelsorglich tätig sein zu können.
Lugmayr: Bei mir war das ziemlich ähnlich. Ich war auch Pastoralassistent in St. Georgen und in der Zentrale in Linz tätig. Und so war auch ich auf der Suche nach dem direkten Kontakt mit Menschen. Ich wollte Menschen in Nöten helfen, sie begleiten und sehen, wie sie sich dabei entwickeln. Es ist eine herausfordernde aber auch eine unglaublich schöne Tätigkeit.
Tips: Sie sprechen von herausfordernd: Kommt es auch vor, dass Sie den Arbeitstag mit nach Hause nehmen?
Lugmayr: Es gibt immer Schattenseiten im Leben – ob in der Arbeit, Familie oder in der Sexualität – sie gehören zum Leben und dafür sind Beratungen da. Die Frage ist dabei nur, wie gehen wir mit solchen Schattenseiten um? Aber natürlich ist es als Berater wichtig, dass einem Probleme von anderen nicht runterziehen und das muss man trennen können.
Jahn-Howorka: Leid gibt dem Leben Tiefe. Eigene Probleme werden durch Geschichten von anderen oft relativiert und man sieht Dinge lockerer. Aber mit vielen Tatsachen muss man einfach umgehen lernen. Für mich ist die halbstündige Autofahrt nach Hause zu meinen Liebsten, wo ich mir extra schöne Musik aufdrehe, wieder ein Übertritt in die eigene Welt.
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