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„Nur wenn ein auffälliger Wolf auch gemeldet wird, kann man etwas tun“

Michaela Primessnig, 21.10.2022 11:11

ST. GEORGEN/WALDE. Weil erst vor kurzem gleich zweimal an einem Wochenende Jungwölfe in eine Falle gelaufen sind und sich die Sichtungen in der umliegenden Region häufen, wurden Experten nach St. Georgen geladen. Das Fazit der Veranstaltung: Tun kann man nicht sehr viel, wichtig sei es aber, auffällige Tiere sofort zu melden.

Erst vor wenigen Wochen ging in St. Georgen am Walde zweimal ein Jungwolf in eine Wildschweinfalle. (Foto: AdobeStock/JimCumming)

Rund 40 Personen waren zur Infoveranstaltung der Gemeinde gekommen, um mehr über Erkenntnisse über den Wolf zu erfahren und wie man sich bei einer Begegnung zu verhalten hat.

„Es ist seit Wochen schon das Thema Nummer 1 in den Gasthäusern, deshalb haben wir uns entschieden, diese Veranstaltung anzubieten“, so Bürgermeister Heinrich Haider. „Was mich aber schon wundert. Es wird so viel davon geredet, dass sich Eltern um ihre Kinder sorgen. Viele sind davon aber nicht hier.“

Population nimmt seit Jahren wieder zu

Wolfsbeauftragter Gottfried Diwold gab zuerst einen Einblick, wie sich die Population des Wolfes in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Das erste Rudel sei 2016 in Allentsteig gesichtet worden, seither haben sich schon mehrere Rudel etabliert. 2017 kam es zu einem Hendlriss in Bad Kreuzen, im Mühlviertel und Waldviertel gab es seither immer wieder Sichtungen. Zugenommen habe die Population inzwischen auch in den Almgebieten. „Soweit wir aufgrund von DNA-Analysen wissen, geht der Wolf auch von dort aus weite Wege und kommt über die Donau zu uns.“ Risse von Nutztieren gab es im Mühlviertel aber sehr wenige. Es gibt inzwischen auch einen Wolfsmanagementplan. Eingreifen könne man aber nur in ganz heiklen Fällen. „Es wurde in Österreich noch nie ein Wolf entnommen“, erklärt Diwold. „Man darf eingreifen, aber nur, wenn es keine andere Lösung gibt, also eine Gefahr für Tier und Mensch befürchtet werden muss.“ Das Problem sei, dass oft von Sichtungen erzählt wird, die den Beauftragten aber gar nicht gemeldet werden.

Wenn ein Wolf nur einmal bei Siedlungsgebieten vorbeiläuft, werde das auch nicht als bedenklich eingestuft. Wenn es der Fall wäre, dass er sich mehrmals in der Nähe des Menschen aufhält und keine Scheu zeigt, könne man aktiv werden, aber nur sehr eingeschränkt. „Das wird auf EU-Ebene entschieden, wir können hier in St. Georgen oder auch in Oberösterreich keine Lösung herbeiführen“, betont Diwold. Im Ernstfall sei es aber möglich, das Tier zu vergrämen. Bei einer Begegnung würde der Experte auch das empfehlen: laut sprechen, in die Hände klatschen, aber auf keinen Fall weglaufen. „Mir ist bewusst, dass sich da Kinder, aber auch Erwachsene wohl nicht richtig verhalten werden im Ernstfall“, so Diwold.

Der Wolf sei sicher nicht erst seit einigen Wochen, sondern schon länger in der Region unterwegs. „Wenn er nicht ständig am Tag sichtbar ist, würde ich nicht davon ausgehen, dass er aggressiv ist“, versucht der Experte zu beschwichtigen.

„Wollen nicht, dass zuerst was passieren muss“

Bei der anschließenden Diskussion meldete sich zuerst Wolfgang Schachenhofer zu Wort, der sich auch aus historischer Sicht schon länger mit dem Wolf beschäftigt. Er gab durch zahlreiche Auszüge aus Dokumenten einen Überblick, wie stark das Wildtier früher vertreten war und dass zahlreiche Wolfstote zu beklagen waren. „Ein Wolf hat einen Nahrungsbedarf von rund drei Kilogramm Fleisch am Tag. Wenn wir da 40 in der Region haben, was anzunehmen ist, dann sind das 120 Kilogramm. Die Rudel werden neue Rudel bilden. Sollte es zu einem tödlichen Übergriff kommen, wer wird dann die Verantwortung übernehmen?“, so Schachenhofer.

Richtungswechsel in der EU ist möglich

Weitere Besucher der Infoveranstaltung zeigten schon auch auf, dass eine große Sorge im Ort bestehe. „Meine Buben sind sechs und neun Jahre alt. Sie wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen“, so ein anwesender Vater.

Der Wolfsbeauftragte Gottfried Diwold gibt zu: „Wir werden Grenzen brauchen. Es ist da jetzt aber schon einiges im Fluss, auch weil das Thema in Deutschland viel präsenter ist, vielleicht kommt ein Richtungswechsel.“

Diwold kann außerdem nur bestätigen, dass in betroffenen Gebieten die „Ohnmacht“ in der Bevölkerung spürbar ist. „Auch wenn 74 Prozent der Befragten einer Studie dem Wolf positiv gegenüber stehen, wenn die Entfernung zum Wolf abnimmt, verändert sich auch schnell die Perspektive der Menschen.“


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