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Erich Fenninger: „Kinderarmut ist oft versteckt“

Michaela Primessnig, 12.04.2023 09:13

MAUTHAUSEN. Die Volkshilfe Perg lädt am Freitag, 14. April, um 18 Uhr zum Frühjahrsempfang mit Podiumsdiskussion zum Thema „Kinderarmut abschaffen“. Mit dabei im Donausaal ist auch Erich Fenninger. Tips hat den Direktor der Volkshilfe Österreich schon vorab zum Interview gebeten.

Erich Fenninger (Foto: Christopher Glanzl)
Erich Fenninger (Foto: Christopher Glanzl)

Tips:In Österreich ist jedes fünfte Kind arm. Das klingt erschreckend für ein Land wie Österreich. An welchen Zahlen machen Sie das fest und wie macht sich das bei Kindern bemerkbar?

Erich Fenninger: Die Statistik Austria erhebt jedes Jahr Daten zu Armut, Einkommen und sozialen Lebensbedingungen, wie Gesundheit und Wohnen. Aus diesen Daten wissen wir, dass 368.000 Kinder und Jugendliche von Armut und Ausgrenzung bedroht sind. Armut kann für Kinder vieles bedeuten: in einer kalten oder schimmligen Wohnung leben zu müssen, nicht ausreichend zu essen zu haben am Ende des Monats, oder medizinische Therapien nicht in Anspruch nehmen zu können.

Tips:Ist Kinderarmut ein eher urbanes Problem oder auch am Land ein großes Thema?

Fenninger: In absoluten Zahlen haben wir natürlich mehr Kinder in den großen Städten und damit automatisch auch mehr armutsbetroffene Kinder. Das Problem gibt es am Land aber genauso. Ein Beispiel: Alleinerzieherinnen sind besonders oft von Armut betroffen. Am Land sind gratis Betreuungsplätze Mangelware, Alleinerzieher, meist sind es Frauen, sind damit oft gezwungen, in schlechtbezahlten Teilzeitjobs zu arbeiten. Das ist dann ein erster Schritt in „Working Poor“, also Menschen, die trotz Arbeit mit ihrem Einkommen nicht auskommen können.

Tips:Macht sich Kinderarmut im ländlichen Raum vielleicht anders bemerkbar?

Fenninger: Kinderarmut ist oft versteckt. Die Kinder sind in ihrer sozialen Teilhabe eingeschränkt. Kein Kino, kein Schwimmbad, kein Fußballverein, kein Kindergeburtstag. Das heißt sie tauchen im sozialen Gefüge weniger auf, sind nicht sichtbar. Die Kinder entwickeln zudem auch Strategien, um ihre Armut zu verbergen. Wenn ein Kind etwa sagt, es will das Latella in der Schule nicht mehr, fällt womöglich gar nicht auf, dass es keine Frage des Wollens, sonders des Könnens ist.  

Tips:Die Volkshilfe Österreich hat eine Lösung parat, wie man Kinderarmut abschaffen kann. Wie schaut die genau aus?

Fenninger: Wir fordern eine Kindergrundsicherung, vereinfacht gesagt eine nach Einkommen gestaffelte Familienbeihilfe. Alle Kinder bekommen diese Unterstützung, armutsbetroffene Kinder bekommen entsprechend mehr. Nur so können wir die Weitergabe von Armut an die nächste Generation verhindern.

Beim Frühjahrsempfang der Volkshilfe Perg diskutieren Erich Fenninger (Direktor Volkshilfe Österreich), Michael Schodermayr (Vorsitzender Volkshilfe OÖ), Armutsaktivistin Daniela Brodesser, Judith Valtl (Direktorin MS Perg-Stadtzentrum) und Sabine Schatz (Vorsitzende Volkshilfe Perg). Moderiert wird die Diskussion von Tips-Redakteurin Michaela Primeßnig.
Weitere Infos: perg@volkshilfe-ooe.at

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