Heimatforscher: „Haben ein Juwel im Bezirk, das kaum bekannt ist“
LANGENSTEIN. Vor 60 Jahren wurden Archäologen über Gräber auf einem Hügel im Ortsteil Gusen informiert. Was sie in den darauffolgenden zehn Jahren entdeckten, war eine Sensation. Die Fundstücke reichten bis an den Beginn der Steinzeit. Ein Heimatforscher hat nun die Geschichte rund um die Granitinsel Berglitzl in einer fast 60-seitigen Arbeit penibel dokumentiert. Er regt an, die Fundstätte aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken.
Als das Oberösterreichische Landesmuseum am 22. April 1964 telefonisch von der Gemeinde Langenstein über Gräberfunde auf der so genannten Berglitzl informiert wurde, ahnten die Experten nicht, dass sich der unscheinbare Hügel als eine der größten Fundstätten prähistorischer und frühmittelalterlicher Relikte des gesamten Donauraums entpuppen sollte.
Doch der Reihe nach. Bevor sich die Gemeinde an das Land wandte, hatte sich der Grundeigentümer beim Ortschef gemeldet und bekannt gegeben, dass auf besagter Graniterhebung immer wieder Knochen und andere Fundstücke auftauchen. Was die vom Land entsendeten Archäologen schließlich entdeckten, übertraf ihre kühnsten Erwartungen.
120.000 Jahre zurück in die Vergangenheit
Nach anfänglichen Funden aus dem frühen Mittelalter (darunter 90 Gräber samt Grabbeigaben) stieß man schließlich auf Töpferware aus Zeiten der Kelten. Doch die spannende Zeitreise ging noch viel weiter zurück. Zum immer größeren Staunen der Forscher fand man schließlich Material, das bis zum Beginn der Steinzeit reichte – also rund 120.000 Jahre alt war! Zehn Jahre lang knieten sich die Archäologen in die Forschungstätigkeiten auf der Steininsel Berglitzl („litzl“ heißt überliefert klein) hinein. Als sicherer Ort galt sie vermutlich seit jeher, weil sie bei Hochwasser aus den Fluten ragte. Insgesamt wurden 8.000 zweifelsfrei urgeschichtliche Steinobjekte sowie aus prähistorischen Zeiten stammende Überreste von Pflastersteinen, Mauern, Keramik und Tierknochen gefunden.
Alle Fundstücke wurden schließlich im Oberösterreichischen Landesmuseum verwahrt. Die interessantesten Exponate können dort bis heute in einer Dauerausstellung besichtigt werden.
Genaue Aufarbeitung
In penibler Recherchearbeit hat der Mauthausner Heimatforscher Rudolf Zappe (65) das verschriftlichte historische Material rund um das archäologisch enorm bedeutende „Bergerl“ zusammengetragen und einer umfassenden fast 60-seitigen Dokumentation zugeführt (diese kann unter www.zappe-art.at heruntergeladen werden).
Was Rudolf Zappe nicht verstehen kann, ist die Tatsache, dass die öffentliche Hand bisher offenbar nie Möglichkeiten angedacht hat, die Fundstätte der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Der Ausgrabungsort befindet sich in Privatbesitz und kann nur mit Genehmigung des Grundeigentümers besichtigt werden. „Dieser Ort ist einer der bedeutendsten Kulturstätten des Donauraumes. Doch leider befindet er sich im Dornröschenschlaf. Die meisten Menschen wissen gar nicht, welches Juwel sie hier im Bezirk Perg vor der Haustüre haben“, so Zappe an die Adresse von Land und Kommunalpolitik. „Derzeit gibt es auch keine Wegweiser oder vor Ort weiterführende Schautafeln, wie es diese auch überregional bedeutsame Kulturstätte eigentlich verdient hätte“, meint Zappe.
Grundeigentümer Franz Seyer (80) hat damit aber wenig Freude. „Ich finde es schön, wenn sich Menschen für die Geschichte der Fundstätte Berglitzl interessieren. Ich selbst habe ja die Forschungsarbeiten immer sehr befürwortet, unterstützt und viel Wissen über diesen Ort unter die Leute gebracht“, so der pensionierte Langensteiner Landwirt. Nun sei er jedoch in einem Alter, in dem er keinen Wirbel mehr wolle. „Es ist alles gut wissenschaftlich ausgewertet und im Landesmuseum dokumentiert“, sagt er. Wer sich ernsthaft für das Thema interessiere, könne jederzeit kommen und den Hügel besichtigen. Massenhafte Besucherströme oder eine touristische Nutzung seien aber nicht in seinem Interesse, so Franz Seyer. An Heimatforscher Zappe spricht er eine Einladung aus: „Er kann gerne bei mir vorbeikommen und wir können über unsere Sichtweisen zu diesem Thema offen diskutieren.“
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