„Besser eine sportliche Lösung mit Geisterspielen als ein Saisonabbruch mit Klagen“
RIED. Durch die Fortsetzung der Zweitligasaison mit Geisterspielen (erster Gegner in der leeren Josko Arena ist am Freitag SV Licht-Loidl Lafnitz) hat die SV Guntamatic Ried die Möglichkeit, den ersehnten Aufstieg auf sportlichem Weg zu schaffen. Die Begeisterung über das Konzept hält sich dennoch in Grenzen.
Rein sportlich geht es für den Verein darum, in den kommenden elf Spielen den Acht-Punkte-Vorsprung auf den Tabellenzweiten Austria Klagenfurt ins Ziel zu bringen und im dritten Anlauf endlich den Wiederaufstieg in die Bundesliga zu schaffen. Bei einem Saisonabbruch wäre das, wenn überhaupt, nur über Klagen zu erreichen gewesen.
„Mammutaufgabe“
Daher hat die SV Guntamatic Ried mit großem Einsatz für die Fortführung der Saison gekämpft. SVR-Geschäftsführer und Finanzvorstand Roland Daxl: „Das war eine Mammutaufgabe. Beim Start der wöchentlichen Gespräche waren nur vier Vereine für die Fortführung der Saison und zwölf für den Abbruch. Wir haben dann im Hintergrund intensivst mit allen Vereinen geredet – eigene Konzepte vorgelegt, Lösungsansätze vorgeschlagen, Informationen und Adressen für Tests weitergegeben und vieles mehr. Die 2. Liga differenziert extrem, da hat jeder Verein einen anderen Zugang und andere Entscheidungsgrundlagen.“
Zum Stimmungswandel trugen auch das fertige Konzept der Liga und die positive Entwicklung der Fallzahlen bei. Daxl: „Am Ende war ich mir sehr sicher, dass weitergespielt wird, aber dass die Entscheidung so positiv ausfiel, habe ich nicht erwartet.“
Ungewohnte Situation
Die Situation der Geisterspiele im eigenen Stadion konnte die SVR nicht simulieren, da allen Zweitligisten nur ein Testspiel zugestanden wurde – die SVR gewann ihres gegen Amstetten mit 2:0.
Sportdirektor und Cheftrainer Gerald Baumgartner: „Deswegen haben wir das Testspiel in der Josko Arena gemacht. Wir werden das Spiel genau analysieren. Wir haben einiges gesehen, was gut war, aber auch einiges, das noch nicht so gut war. Das, was nicht so gut war, werden wir uns in der nächsten Woche vornehmen.“
Zu Thema Aufstieg meint er: „Es macht keinen Sinn, jetzt daran zu denken. Wir fokussieren uns auf das jeweilige Spiel und den Gegner. Es gibt zum Anfang gleich eine englische Woche, da ist jeder einzelne Spieler gefragt und muss sich jeder auf seine Aufgaben konzentrieren.“
Hoffnung auf Spiele mit Zuschauern
Die Fans fehlen natürlich, sagt Baumgartner: „Es ist sehr, sehr schade, dass wir ohne unsere tollen Fans spielen müssen. Aber das ist nur ein Notprogramm. Ich bin sehr positiv gestimmt, dass wir im Rahmen des Präventionskonzeptes bald wieder vor Fans spielen dürfen.“
Ähnlich denkt auch Roland Daxl: „Mit den Erkenntnissen über das Virus kann man sagen, dass die Infektionsgefahr in geschlossenen Räumen wesentlich größer ist als draußen. Mit einem entsprechenden Einlass- und Sicherheitskonzept sind auch Spiele mit Zuschauern möglich, um das gesellschaftliche Leben wieder zu erwecken. Wenn das jemand kann, dann die Fußballvereine.“
Auf die SV Ried bezogen, sagt Daxl: „Wir haben in unserem Stadion viele Eingänge, um die Besucherströme zu lenken, und 4.300 Sitzplätze. Wenn man da jeden zweiten besetzt, glaube ich, dass man es im Sommer probieren kann.“
Fans leiden
Brigitte Jansko vom SV-Ried-Fanclub Schwarz-Grün dürfte vielen Rieder Fans aus dem Herzen sprechen: „Ich gehe halb zu Grunde, wenn ich nicht ins Stadion kann. Aber Geisterspiele sind besser, als wenn die Saison abgebrochen wird. So gibt es eine sportliche Lösung und die SVR muss nicht klagen, um aufsteigen zu können.“
Kritik der Fanszenen
Sehr viele organisierte Fans kritisieren das Konzept der Geisterspiele heftig – und das beileibe nicht nur, weil sie ihren Klub nicht mehr im Stadion sehen können.
Für sie ist die Verlagerung des Zusehens ins Fernsehen oder Internet ein Ausdruck der Abhängigkeit des „modernen Fußballs“ von TV-Anstalten und Sponsoren, denen die Fans im Stadion nur als „Klatschkulisse“ wichtig sind, während immer mehr Fans durch steigende Ticketpreise vom Stadionbesuch ausgeschlossen werden – letztlich seien die Geisterspiele ein „hilfloser Versuch, ein bereits zuvor krankes System künstlich am Leben zu halten“.
In einem gemeinsamen Statement vieler österreichischer Fanszenen fordern auch die Rieder Fans einen Ausgleich: „Die Liga, die Vereine und alle Entscheidungsträger haben dafür zu sorgen, dass für die Zeit dieser Ausnahmesituation, jeder Fan ohne zusätzlichen Abo-Vertrag mit einem TV-Sender alle Spiele verfolgen kann. Für aktuelle Saisonkartenbesitzer muss dieses Service auf jeden Fall kostenlos sein!“
Künstliche „Stimmung“ im Stadion lehnen sie ab: „Was Ideen von Pappfiguren, Fan-Apps oder andere Rohrkrepierer bei Geisterspielen angeht, haben wir nur eine Antwort: Wer Geisterspiele will, soll diese auch als nackte Wahrheit präsentiert bekommen. Alles andere wäre nicht authentisch und ist daher strikt abzulehnen!“
Wo kann man die SVR sehen?
Der ORF wird 22 Spiele der 2. Liga auf ORF Sport+ übertragen – die Freitagsspiele um 20.25 Uhr und die Spiele am neuen Samstagstermin ebenfalls um 20.25 Uhr.
Die Sonntagvormittagsspiele werden auf Laola1.tv zu sehen sein, alle weiteren Spiele auf Laola1.tv beziehungsweise auf Laola1.at im Livestream.
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