50 Jahre Hohenzeller Fasching: „Wir können sehr gut aus einer Mücke einen Elefanten machen“

Walter Horn Tips Redaktion Walter Horn, 28.01.2023 14:02 Uhr

HOHENZELL. Seit 1973 sorgen die Mitglieder der Sportunion Hohenzell mit ihren Faschingsaufführungen jedes Jahr für viel Spaß und eine mehrfach randvoll gefüllte Halle. Tips sprach mit Union-Obmann Karl Wöllinger und Martin Huber.

Entstanden ist der Hohenzeller Fasching 1973, als die Union-Turner ein Gschnas planten. Vier von ihnen – Franz und Josef Wöllinger, Josef Kettl und Max Brandl – boten sich an, die Organisation und das Programm zu übernehmen.

Schon bei der Premiere im Kellerwirt machten Bühnendarbietungen mit gereimten Schilderungen von Missgeschicken der Hohenzeller Mitbürger einen wesentlichen Teil des Programmes aus. Dazu kamen noch einige Spiele mit den Zuschauern. Material dürfte es genug gegeben haben, denn die Premiere dauerte von 20:15 bis 1 Uhr.

Nach einer Aufführung beim Spitzer-Wirt im Jahr darauf und einer zweiten im Kellerwirt wechselte die Union wegen der großen Kartennachfrage 1976 ins damalige Pfarrheim, aus dem nach einem Umbau die Mehrzweckhalle wurde.

Vier Aufführungen

Anfangs gab es eine Aufführung, was sich aber bald änderte. 2018 und 2019 waren es sogar fünf, von Donnerstag bis Sonntag. Das wurde aber den Akteuren zu viel, und man ging wieder auf vier Aufführungen an einem Wochenende zurück.

Die sind praktisch immer ausverkauft. Bei einer Hallenkapazität von knapp 300 Plätzen und etwa 2.300 Einwohnern in Hohenzell kann man sich (auch bei einem „Auswärtigen-Anteil“ von mindestens einem Drittel) ausmalen, welche Bedeutung der Hohenzeller Fasching für den Ort hat.

Seit 1973 ist der Hohenzeller Fasching nur 2021 wegen Corona ausgefallen; 2022 fanden die Aufführungen im April statt. „Das war gut für uns, dadurch sind wir im Flow geblieben“, sagt Karl Wöllinger. Der derzeitige Union-Obmann war schon 1973 als 16-Jähriger Helfer dabei.

„Wer drankommt, ist wer in Hohenzell“

Unverzichtbar für die Aufführungen ist die mehr oder weniger freiwillige Mithilfe der Hohenzeller Mitbürger.

Um an die Geschichten zu kommen, halten die etwa 30 Aktiven das ganze Jahr über die Ohren offen. Wöllinger: „Oft kommen auch Leute auf uns zu. Manche erzählen eigene Missgeschicke, meistens geht es aber um ein Malheur, das einem Bekannten oder Nachbarn passiert ist.“

Seit kurzem können Malheure oder Ideen für Lieder auch auf der Website gemeldet werden. Martin Huber: „Wir werden sehen, wie gut das ankommt.“

Die Autoren sind sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst. Ihr Erfolgsgeheimnis: Die Geschichten werden stark überzeichnet geschildert, sind aber nie beleidigend. Daher halten sich auch die negativen Reaktionen in sehr engen Grenzen. Martin Huber fallen nach einigem Überlegen zwei Fälle aus 35 Jahren ein, „die es persönlich genommen haben“. Ansonsten gilt: „Wer drankommt, ist wer in Hohenzell“.

„Aus einer Mücke einen Elefanten machen“

Martin Huber: „Wir sind sehr gut darin, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.“ Wenn ein Sturm einem Hohenzeller ein paar Schindeln vom Dach weht und bei der Reparatur die Leiter umkippt, kann auf der Bühne schon mal ein ausgewachsenes Ritterstück daraus werden.

Eine lange Tradition in Hohenzell haben Bearbeitungen verschiedener TV-Sendungen, von „Was bin ich?“ über „Wetten, dass... ?“ bis „Wir sind Kaiser“. Bei den Aufführungen am kommenden Wochenende können sich die Besucher unter anderem auf eine auf Hohenzell umgemünzte Bearbeitung des legendären „Dinner for One“ freuen.

Sehr wichtig sind die Lieder, für die gerne bekannte Hits umgetextet werden. Etliche Geschichten, die es nicht auf die Bühne schaffen, werden in Gstanzln oder in den Moderationstexten verwendet.

Requisiten

Die Bühnenrequisiten werden selbst gemacht. „Wir haben da ein paar Spezialisten“, sagt Wöllinger. Seit drei Jahren verfügt die Union über einen schönen Kostümfundus – als der Kostümverleih Ridia zusperrte, durften sie sich noch einmal bedienen.

Ein echtes Nachwuchsproblem gab es bis jetzt nicht. Auch als „unersetzlich“ geltende Schreiber konnten ersetzt werden. „Wenn wir glauben, dass jemand geeignet ist, gehen wir auf die Leute zu“, sagt Wöginger und fügt schmunzelnd hinzu: „Aber man muss sich schon hochdienen.“

Harte Arbeit

Die Proben arten übrigens in echte Arbeit aus: Ab Anfang November treffen sich die Macher sieben Mal, um Ideen für Stücke und Lieder zu sammeln. Zu Jahresbeginn (je nach Faschingstermin) wird die Bühne aufgestellt. Vor den Aufführungen gibt es zwölf Proben in der Halle – im Endspurt jeden zweiten Tag. Wöllinger: „Das ist aber ganz gut, denn dadurch merken wir, dass es ernst wird.“

Disziplin

Die Arbeiten an Details oder dem Timing sind dabei durchaus professionell. Disziplin ist auch gefragt: Wenn während der Probe ein Handy klingelt, kostet das einen Liter.

Außerdem werden die Akteure dadurch textlich so fit, dass alles auswendig gespielt werden kann – was doppelt gut ist, denn erstens gibt es keinen Souffleur und zweitens gibt es keine echte „B-Besetzung“. Sollte ein Akteur ausfallen – was bisher aber nur einmal passiert ist – muss improvisiert werden. Durch die vielen Proben sind aber auch die Ersatzleute halbwegs textsicher.

Um die Ausfallsgefahr gering zu halten, achten die Schauspieler und Sänger in den Wochen vor dem Fasching auf ihren Lebenswandel.

Auf der Bühne agieren übrigens keine Frauen. Wie Jahrhunderte lang im Theater oder (etwas aktueller) bei Monty Python werden die Frauenrollen von Männern gespielt.

 

 

 

 

 

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