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Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Die Flucht ist geglückt – aber Angst und Unsicherheit bleiben

Walter Horn, 20.02.2023 15:49

RIED. Am Freitag, 24. Februar, jährt sich Putins brutaler Überfall auf die Ukraine zum ersten Mal. Wenige Tage später trafen die ersten Vertriebenen auch in Österreich ein.

Im Zentrum werden verschiedene Kurse und andere Aktivitäten für Kinder angeboten. (Foto: privat)
Im Zentrum werden verschiedene Kurse und andere Aktivitäten für Kinder angeboten. (Foto: privat)

Die Stadt Ried richtete am 9. März innerhalb weniger Stunden im ehemaligen ISG-Gebäude in der Goethestraße ein Übergangsquartier für etwa 150 Personen ein – vor allem Frauen, Kinder und einige ältere Menschen. Die meisten dieser Vertriebenen sind mittlerweile nicht mehr in Ried, etliche sind im Bezirk untergekommen und haben sogar einen Arbeitsplatz gefunden.

Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung war damals enorm.

Ein Resultat davon ist der Treffpunkt für ukrainische Vertriebene in der ehemaligen Schulmeisterwohnung der Roseggerschule, der für die Flüchtlinge mittlerweile eine große Bedeutung hat.

Hier finden Besprechungen und Kurse statt, Kinder werden betreut und manchmal auch Feste gefeiert. Die Ukrainerinnen, die Zeit und Möglichkeit haben, können seit Ende Mai zweimal pro Woche in das Zentrum kommen und erhalten dort Brot, gespendet von der Bäckerei Enser.

„Beste Freunde“

Im ukrainischen Zentrum entstand unter anderem der Klub „Beste Freunde“ – ein Treffpunkt der kleinen Ukrainer, die wegen des Krieges ihre Häuser, Freunde, Schulen und ihr Land verlassen mussten und ein neues Leben in Österreich begonnen haben. Für viele Kinder waren die ersten Monate sehr schwer und von Depressionen, Verzweiflung, Angst, Tränen und Heimweh geprägt.

Die „Besten Freunde“ treffen sich einmal pro Woche, um Deutsch zu lernen, Kontakte zu knüpfen, sich zu unterhalten. Aber der Name „Beste Freunde“ weist darauf hin, dass die Kinder nicht nur erste Schritte beim Deutschlernen machen und die österreichische Kultur kennenlernen, sondern auch im neuen Leben zu guten Freunden werden.

Ukrainisches Zentrum

Im Zentrum ist neben einigen anderen vor allem Mila Anzenberger engagiert. Der Verein „Ried hilft“ und andere Spendenwilligen unterstützen die Kinderprojekte sei es der Ausflug in den Sommerferien, Schulhefte oder Weinachswunder für jedes Kind.

Mila Anzenberger sagt: „Mich beeindrucken die unglaubliche Stärke der Frauen, die an ein Wunder grenzt, der immense Überlebenswille, mit dem sie die Hürden des Alltags meistern, und gleichzeitig ihre unzerbrechliche Hoffnung an den Frieden und baldige Rückkehr in die befreite Heimat.“

Mutter holt Kind aus der Ukraine

Der Mut der Frauen ist bemerkenswert. Eine dreifache Mutter fuhr mehr als 2.000 Kilometer mit ihren drei minderjährigen Kindern zurück in ihre mittlerweile durch ukrainische Streitkräfte befreite Heimatstadt, um ihren vierten, 17-jährigen Sohn ins sichere Österreich zu holen. Zum Zeitpunkt wurde das ganze Land mit russischen Raketen beschossen.

Aber auch hier müssen die Geflüchteten ums (wirtschaftliche) Überleben kämpfen, schauen, dass sie über die Runden kommen. Nach wie vor sind sie auf sich selbst gestellt, sagt Mila Anzenberger: „Es gibt keinen umfassenden Informationsfluss, keine zuständige Organisation des Vertrauens. Viele wissen nicht, weshalb ihnen auf einmal die Auszahlungen gestrichen werden, ohne welche die Lebensexistenz nicht gewährleistet ist. Es gibt viele offenen Fragen, auf die sie keine Antwort bekommen und bei denen sie in der ,Warteschleife hängen.“

Angst und Unsicherheit sind immer noch die ständigen Begleiter seit dem 24. Februar 2022.

Eine der Frauen, die den Kindern Deutsch beibringen, ist Marina. Sie musste ihr Land im Mai 2022 verlassen. Wegen ihrer in der Heimat erworbenen Deutschkenntnisse sei ihre Integration in Österreich erfolgreich, sagt sie und fügt hinzu, was viele denken: „Selbstverständlich habe ich viele Sorgen und Ängste um meine Verwandten, die in der Ukraine geblieben sind. Es ist sehr schwer, den Tag mit den Nachrichten und Fotos aus der Ukraine zu beginnen und die Situation des letzten Jahres zu begreifen.“


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