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Bei Landwirtinnen sind die Zeitressourcen oft knapp

Rosina Pixner, 06.03.2023 13:36

BEZIRK RIED/PROBENZING. Am 8. März ist Weltfrauentag. Er entstand in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen. Tips sprach anlässlich des Weltfrauentages mit Bezirksbäuerin Monika Rendl aus Probenzing über die Situation der Frauen in der Landwirtschaft.¶

Monika Rendl liebt ihren Beruf. (Foto: Tips/Pixner)
Monika Rendl liebt ihren Beruf. (Foto: Tips/Pixner)

In den Köpfen vieler Menschen sind männliche Bauern das vorherrschende Stereotyp. Dies entspricht jedoch nicht der Realität: Mehr als jeder dritte Bauernhof in Österreich wird von einer Landwirtin geleitet.

Tips: Am 8. März ist internationaler Frauentag. Damals ging es um die Gleichstellung von Frauen. Mehrheitlich ist das Bild noch geprägt, dass Männer die Betriebsleiter sind. Dabei wird jeder dritte Hof von Frauen geführt. Wie erlebst du das als Bezirksbäuerin?

Monika Rendl: Wenn man in der Gegend unterwegs ist, sieht man die Männer bei den Erntearbeiten. Alles was man nicht sieht, assoziiert man nicht mit der Landwirtschaft, weil man es nicht visualisiert. Ich kenne einige Betriebe, wo sich die Frauen einen eigenen Zweig aufgebaut haben. Die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten der Frauen sind sehr gut. In der Nachkriegszeit war es nicht möglich, dass Frauen einen Betrieb führen. Hier hat die Bäuerinnenorganisation viel umgesetzt, beispielsweise das Karenzgeld oder die Pensionsversicherung für Bäuerinnen.

Tips:In welchen Bereichen/Sparten werden Höfe von Frauen geführt?

Monika Rendl: Das kann man nicht verallgemeinern. Aber eher klein strukturierte Betriebe werden von Frauen geführt, das liegt aber auch an der Zeitkapazität. Männer sind eher gern mit den Maschinen draußen – Mann am Traktor, Frau am Hof, diese Rollenbilder sind schon auch noch verankert. Dank modernster Geräte und Maschinen ist es aber mittlerweile auch für Frauen körperlich zu schaffen, einen herkömmlichen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen.

Tips:Wie steht es um die Mehrfachbelastung der Frauen betreffend Betriebsleiterin, Mutter, Pflegekraft?

Monika Rendl: Die Mehrfachbelastung ist gegeben, dies wurde auch erkannt. Es gibt von der Landwirtschaftskammer ein neues Projekt „Lebensqualität am Bauernhof“. Das ist ein Beratungsangebot zu sämtlichen Herausforderungen rund um das Leben und Arbeiten auf dem Hof, ob Nachbarschaftsstreitigkeiten, Partnerkonflikte, Arbeitsüberlastung, Sorgearbeit etc. Die Erstbesprechung übernimmt die Landwirtschaftskammer, dann wird geschaut, an welche Beratungsorganisation jemand weitervermittelt wird. Die Vernetzung zu pro mente oder Caritas ist sehr gut. Das Gespräch ist kostenlos, vertraulich und anonym, Anrufen kann man unter 050 6902 1800 von Montag bis Freitag von 8.30 bis 12 Uhr. Das Angebot gibt es seit zirka einem Jahr. Die psychische Gesundheit ist genau so wichtig wie die körperliche.

Tips: Brauchen Frauen mehr Unterstützung in der Landwirtschaft, wenn ja welche?

Monika Rendl: Die Zeitressourcen sind oft knapp. Wenn ich in den Stall gehe und nach meinen Tieren schaue, ist das dann betrieblich, privat oder ein Hobby? Oft verschmilzt dies. Mütter dürfen sich jedenfalls nicht scheuen, die Kinder in den Kindergarten zu geben oder in die Nachmittagsbetreuung zu schicken. Meines Wissens ist es auch schon vorgekommen, dass Mütter mit einer Landwirtschaft keine Nachmittagsbetreuung bekommen haben, weil sie eh daheim sind. Ich würde mir wünschen, dass die Sorgearbeit und/oder die Pflege, die Frauen leisten, mehr beziehungsweise entsprechend honoriert wird.

Tips:Um Landwirtin zu sein, muss man eine große Portion Leidenschaft für den Beruf mitbringen. Was würdest du einer angehenden Bäuerin empfehlen, worauf sie achten sollte?

Monika Rendl: Was ich ganz wichtig finde: Es gibt einen Ratgeber, der die finanzielle Geschichte abdeckt, dass man versichert ist und Karenzgeld bekommt. Vorrangig ist zudem ein Betriebskonzept, damit man sich nicht verkalkuliert. Alles muss gut durchgerechnet werden. Mehrere Standbeine in der Landwirtschaft sind nie verkehrt. Für die Idee braucht es anfangs viel Zeit. Ich kenne viele Frauen, die extrem kreativ sind, beispielsweise eine Frau, die sich in die floristische Richtung entwickelt hat. Auch die Seminarbäuerinnen im Bezirk leisten hervorragende Arbeit.

Tips:Stichwort „Direktvermarktung“ – setzt sich der Trend weiter fort?

Monika Rendl: Das wäre ein Blick in die Glaskugel. Der Trend zur Nachhaltigkeit ist zwar da, aber die Menschen schauen seit der Teuerung mehr auf das Geldbörserl und nachhaltige Produkte sind oft teurer. Da muss sich jeder selbst überlegen, ob er billiges Fleisch aus Brasilien kauft, wo die Tierschutzverordnung bei Weitem nicht so streng ist wie bei uns. Setze ich auf das Tierwohl, schaffe ich eine Wertigkeit und investiere in die Zukunft. Produkte mit AMA-Gütesiegel unterliegen einem strengen Kontrollsystem. Das ist ein Wert, in den es sich zu investieren lohnt. Früher wurden rund 40 Prozent des Einkommens in den Einkauf von Lebensmitteln gesteckt, mittlerweile sind es nur mehr zehn Prozent. Ich bin dafür, dass Lebensmittel und die Ernährung uns etwas wert sein sollten.

Tips:Ist es aktuell noch attraktiv, Bäuerin zu werden? Die Landwirtschaft steht ja doch vor vielen Herausforderungen.

Monika Rendl: Ich mag meinen Beruf. Es gibt in jeder Berufssparte Herausforderungen. Mit Liebelei kann man keinen Betrieb führen. Ob Teuerung, Corona – man muss seine Zahlen im Blick haben. Es ist meine Arbeitskraft, ich muss mich bewegen. Auch in der Landwirtschaft kann etwas schiefgehen. Ja, es gibt auch Landwirte, die zusperren müssen. Speziell wenn aufgrund gesetzlicher Verordnungen große Investitionen oder Umbauarbeiten anstehen, muss man sich durchrechnen, ob sich das ausgeht. Ich möchte auch keinen Pessimismus verbreiten. Letztlich ist es die Entscheidung eines jeden Betriebsführers. Für mich ist es der schönste Beruf.


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