Für die Karfreitagslösung hagelt es von allen Seiten Kritik
BEZIRK RIED. Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könnten Arbeitgeber verpflichtet werden, allen Beschäftigten unabhängig von ihrer Religion am Karfreitag ein Feiertagsentgelt zu zahlen. ÖVP und FPÖ haben sich geeinigt, der Karfreitag wird ab 14 Uhr ein halber freier Tag für alle. Dies gilt ab heuer. Tips befragte Vertreter aus Wirtschaft, Handel, Gewerkschaft und der Evangelischen Kirche, was sie von dieser Karfreitagslösung halten. Welche Auswirkungen hat dieser halbe freie Tag auf die Wirtschaft, die Arbeitnehmer und Gläubigen mit evangelischer Konfession.
Josef Heissbauer, Obmann der Wirtschaftskammer Ried und Inhaber von Heissbauer Computer & Bürotechnik hält die Karfreitagsregelung in ihrer jetzigen Form für keinen gelungenen Kompromiss: „Zum einen gibt es für mich keine halben Feiertage, sondern entweder Feiertag oder Arbeitstag. Diese Halbierung bringt weder für die Arbeitgeber noch für die Arbeitnehmer etwas.
Für die Wirtschaft bedeutet dieser halbe Feiertag eine zusätzliche Belastung und einen Umsatzentgang an einem umsatzstarken Freitag. Speziell für kleinere Unternehmen entsteht hier ein organisatorischer Mehraufwand und dadurch auch eine finanzielle Belastung, die vom Gesetzgeber entsprechend abgegolten werden muss.“
Belastung für den Handel
Für Doris Dim-Knoglinger, Geschäftsführerin von Papier- und Buchhandlung Dim in Ried sowie Vorstandsvorsitzende-Stellvertreterin von Frau in der Wirtschaft bleiben derzeit noch viele Fragen offen. Muss der Handel seinen Mitarbeitern nun das doppelte Gehalt oder 50 Prozent zahlen? Oder sollen gleich alle zusperren? „Der Karfreitag ist ein verkaufsstarker Tag. Für den Handel ist die Karfreitagsregelung eine Belastung. Ich glaube nicht, dass wir es uns leisten können, dass wir zusperren. Die Umsätze werden sich deshalb nicht auf einen anderen Tag verlagern. Gerade in Zeiten des Onlinehandels müssten wir mit Umsatzeinbußen rechnen. Für uns im Buchhandel bedeutet der angedachte Kompromiss zur neuen Karfreitagsregelung eine weitere Schlechterstellung gegenüber unserem größten Mitbewerber Amazon.“
Halber Kompromiss, ohne Vorteile
Für den evangelischen Pfarrer Tom Stark ist die Karfreitagslösung ein halber Kompromiss. „Die mögliche Karfreitagslösung, so wie sie die Bundesregierung gestern vorgestellt hat, bietet für niemanden Vorteile und beraubt überdies eine religiöse Minderheit der Möglichkeit der traditionellen Glaubenspraxis (Gottesdienste am Karfreitag-Vormittag). Ich kann nicht nachvollziehen, wenn Bundesminister Norbert Hofer (selbst evangelisch) von einem Kompromiss spricht, bei dem naturgemäß alle etwas bekommen aber auch etwas preisgeben müssen, denn diese Lösung ist eben höchstens ein halber Kompromiss, allerdings nur mit der Hälfte, bei der alle etwas preisgeben müssen“, so Tom Stark, evangelischer Pfarrer in Ried.
Respektlos gegenüber den Arbeitnehmern
Für Siegfried Wambacher, Bezirksstellenleiter der Arbeiterkammer Ried ist die Karfreitagsregelung ein grobes Foul der Bundesregierung gegenüber dem EuGH und respektlos gegenüber den Beschäftigten. „Die Regierung zerstückelt den Karfreitag in einen Nichtfeiertag von 0 bis 14 Uhr und in einen „Nachmittagsfeiertag“ von 14 bis 24 Uhr. Das ist nicht einmal die Hälfte eines Feiertages. Trotz des EuGH-Urteils wollen die Unternehmen dem Großteil der Arbeitnehmer weder frei geben, noch deren Beschäftigung zusätzlich bezahlen. Also wählt man mit 14 Uhr einen Zeitpunkt, zu dem die meisten ohnehin bereits arbeitsfrei haben.“
Für Wambacher braucht es dringend Nachverhandlungen unter Einbeziehung der Sozialpartner. Beschäftigte, die am Vormittag des Karfreitags ihren religiösen Verpflichtungen nachkommen, müssen zudem bezahlt frei bekommen.
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26.02.2019 21:30
Frechheit
Es ist eine Frechheit, was die Politik mit den Arbeitnehmern hier veranstaltet. Wie kommt der Handel überhaupt auf die Zahlen, wie hoch der Verlust bei einem Feiertag ist? Hat der Handel schon mal den Verlust des Arbeitnehmers berechnet, wenn ein Feiertag auf einen Sonntag fällt. Bitte in Erinnerung rufen. Wir hier in Österreich haben nur 25 Tage Urlaub im Gegensatz zu unserem Nachbarland Deutschland. Wie hoch ist jetzt hier der Gewinn? Die Politik zieht hier den Schwanz ein aus Furcht vor dem Handel. Und wer badet es aus? Richtig, der einfache Arbeitnehmer. Warum wird nicht Maria Empfängnis gegen den Karfreitag getauscht? Wäre doch die einfachste und sinnvollste Lösung? Warum wird wieder der Arbeitnehmer verarscht?...