
RIED. Jeremie Dikebo (18) war im Schuljahr 2020/21 Landesschulsprecher der Berufsschulen und erlernt jetzt im dritten Jahr seinen Beruf als Telekommunikationskaufmann. Und er ist für die SPÖ im Rieder Gemeinderat.
Er fordert, dass in der öffentlichen Diskussion um die Matura die Lehrlinge in den Berufsschulen nicht vergessen werden. Diese litten nämlich ebenfalls unter den Auswirkungen der Pandemie, würden aber in den zahlreichen Pressekonferenzen zur Corona-Situation in den Schulen nicht erwähnt. Dikebo: „Die Berufsschule ist eigentlich eine Vorbereitung für die Lehrabschlussprüfung, die ebenso wichtig ist wie die Matura. Geredet wird aber nur über die Matura. Wir Lehrlinge haben es satt, im Stich gelassen zu werden.“
Die Situation in den Berufsschulen sei noch schlechter als in den allgemeinbildenden Schulen: „AHS und BHS wurden in der Pandemie zuerst ausgestattet, dann erst die Berufsschulen. Das haben wir als respektlos empfunden.“
Zu dem „normalen“ Risiko in den Schulen und an ihren Arbeitsplätzen komme für Lehrlinge noch, dass sie je nach Lehrberuf in teilweise weit entfernte Berufsschulen reisen müssen. Dazu hätten viele Lehrlinge immer noch das Gefühl, als Schüler zweiter Klasse angesehen zu werden.
Hohe psychische Belastung
„Mir ist die psychische Gesundheit der Lehrlinge wichtig, denn die psychische Belastung ist hoch“, sagt Jeremie Dikebo und erwähnt eine im Herbst veröffentlichte Studie der Donau-Universität Krems, nach der 38 Prozent der männlichen und 62 Prozent der weiblichen Lehrlinge (48 Prozent insgesamt) während der Pandemie depressive Symptome aufwiesen.
Die Pandemie wirke sich auch bei der Berufssuche sehr stark aus: „Die wichtigen Schnuppertage gibt es kaum noch.“
Kein Ansprechpartner
Von der Politik sei keine Hilfe gekommen, berichtet Dikebo: „Einige Lehrlinge, die sich ans Bildungsministerium gewandt haben, erzählten mir, dass sie vom Ministerium an die Wirtschaftskammer verwiesen wurden. Von der Wirtschaftskammer wurden sie dann wieder zum Ministerium geschickt.“ Dikebo: „Wir brauchen einen Ansprechpartner! Wenn es einen gibt, warum kennen wir ihn nicht? Wenn es Förderungen gibt, warum kennen wir sie nicht?“