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Buch: Der Finanzguru und sein Mörder

Leserartikel Christian Hartl, 21.09.2016 15:39

ROHRBACH-BERG. Den Aufstieg und Fall von Bankchef Sigmund Bosel bis hin zu dessen Ermordung im Jahr 1944 durch den Nazi-Granden Alois Brunner dokumentierte Georg Ransmayr in seinem Buch „Der arme Trillionär“. Dabei werden auch Brunners Aktivitäten im Bezirk Rohrbach dokumentiert.

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Es ist Februar 1942: Die Luft ist eisig. Ein Zug mit zum Tode geweihten SS-Gefangenen, die nach Riga gebracht werden, hält an, um eine Pause zu machen. Unter den vielen Insassen befindet sich Sigmund Bosel, Bankchef, Börsenguru und Sohn einer jüdischen Textilhandelsfamilie aus Wien. In der Zeit der Inflation in den 1920er-Jahren hat er es mit gewagten Finanzgeschäften zum reichsten Österreicher geschafft. Er galt als schillernder Millionensassa und verkörperte all das, was in der antisemitischen Stimmung mit Vorurteilen behaftet war. Bosel war ein großer Gönner des heimischen Staates. Seine Verlustgeschäfte wurden aber zu einem riesigen Skandal. „Kurz vor dem Anschluss fuhr Bosel noch einmal von Paris zurück nach Wien“, erzählt Biograf Ransmayr, der aus Rohrbach-Berg stammt und beim ORF arbeitet. „Dort wurde er dann von den Nazis verhaftet.“

Die letzte Reise

Die Zugfahrt Richtung Riga war seine letzte. Beim Aufenthalt wurde Bosel von SS-Hauptsturmführer Alois Brunner erschossen, nachdem er dreimal um Gnade flehte.Ransmayr dokumentiert den Aufstieg und Fall von Bosel, der –wie auch sein Mörder Alois Brunner – den Beruf des Verkäufers gelernt hat. Während Bosel den Aufstieg für sich pachtete, brachte es Brunner nicht weit. Der fanatische Antisemit suchte schon früh sein Heil unterm Hakenkreuz. Diese Parallelen skizzierte Ransmayr bereits in seinem Film „Der Massenmörder und der Trillionär“ (zu finden in der ORF TVthek). In seinem neuen Buch werden sie wieder sichtbar. Für seine Arbeit wurde der Historiker bereits 2013 mit dem „Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis“ ausgezeichnet. Das Buch über Sigmund Bosel ist bereits erhältlich und wird am Donnerstag, 22. September, offiziell in Wien vorgestellt.

Spuren führen in die Region

Bei seiner Flucht vor den Alliierten war Bosels Mörder Alois Brunner Angaben zufolge in der Nähe von Lembach gesichtet worden. Er soll dort seiner schwangeren Frau Unterschlupf verschafft haben. Die Gegend war ihm bekannt: Mit Nazi-Freund Adolf Eichmann war er mehrmals in der Gegend. Nicht nur weil Eichmann dort eine Freundin gehabt haben soll, sondern auch weil sie dem dort angesiedelten NS-Lager Doppl mehrmals einen Besuch abgestattet haben. Noch bevor die US-Panzer nach Linz vorstoßen, war Brunner verschwunden. „Zu diesem Zeitpunkt hat er fast 130.000 Menschen auf dem Gewissen“, schreibt Ransmayr. „Ob er jemals wieder nach Lembach kam und ob er mit seiner Freundin Kontakt aufnahm ist nirgends dokumentiert“, erzählt er im Tips-Gespräch. Bei seinen Recherchen in der Region wurde Ransmayr von regionalen Chronisten unterstützt.


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